Während die Landesregierungen in Potsdam und Dresden noch immer verbissen am im Kohlekompromiss ausgehandelten Ausstiegsdatum für die Braunkohle festhalten, ist der Kohlekonzern LEAG längst dabei, Kapazitäten für erneuerbare Energie aufzubauen und alte Kohleanlagen zu sprengen. So wie am 6. Dezember die Kühltürme des ehemaligen Werks 2 am Kraftwerkstandort Boxberg. Der Kohleausstieg aber bedeutet auch dramatische Veränderungen im Wasserhaushalt.
Der Kohleausstieg im Lausitzer Revier stellt nicht nur Politik und Gesellschaft vor Ort vor große Herausforderungen, sondern bringt auch den Naturhaushalt in Bedrängnis. Die bislang für den Kohleabbau notwendige Grundwasserabsenkung, die unter anderem zu erheblichen Wassereinleitungen in die Spree führt, wird zurückgefahren.
Dies hat im ersten Schritt zur Folge, dass die Spree weniger Wasser führen wird und der Spreewald möglicherweise unter Wasserknappheit leidet. Zum Teil wird sogar befürchtet, dass Berlin Probleme bei der Trinkwassergewinnung bekommen könnte.
Schon wieder technische Lösungen?
Und statt schon frühzeitig an ein naturnahes System des Wasserrückhalts im Bereich der Tagebaue und eine Wiederherstellung naturnaher Flusssysteme zu gehen, spekulieren einige Technikverliebte damit, eine Wasserüberleitung von der Elbe in die Spree zu bauen, den alten technische Eingriff in den Wasserhaushalt also durch einen neuen zu ersetzen.
Die NABU-Landesverbände Berlin, Brandenburg und Sachsen warnen jedoch vor den erheblichen Risiken dieser Maßnahme. Sie stellt einen massiven Eingriff in die Natur dar, erfordert zusätzliche Speicherkapazitäten für Trockenzeiten und gefährdet die ökologische Balance der Flussökosysteme.
Alternative Lösungen, insbesondere solche, die auf der Wiederherstellung von Ökosystemleistungen und natürlichen Regulationsmechanismen basieren, wurden bislang nicht ausreichend geprüft, kritisieren die NABU-Verbände. Stattdessen fordern die NABU-Verbände entlang der Spree einen umfassenden Ansatz zur Wiederherstellung des Landschaftswasserhaushalts.
Was teilweise auch schon unter Regie der LEAG passiert, worüber die LEAG in diesem Film selbst berichtet.
„Mit dem Ausstieg aus der Braunkohle haben wir die einmalige Chance, den stark veränderten Wasserhaushalt der Lausitz weitgehend zu regenerieren“, erklärt Maria Vlaic, Landesvorsitzende des NABU Sachsen. „Wir müssen die natürlichen Wasserkreisläufe wieder in den Mittelpunkt stellen.“
Renaturierungsprojekte für die Spree
Hierzu seien praktische Maßnahmen erforderlich, wie die Rückanpassung der Spree und ihrer Seitenarme an naturnahe, reduzierte Abflüsse sowie die Förderung einer natürlichen Gewässerdynamik. Renaturierungsprojekte an Gewässern und Auen sollten vorangetrieben werden. Zudem sei es wichtig, den Wasserrückhalt in der Fläche zu erhöhen, wozu auch landwirtschaftliche Maßnahmen gehören.
Ein verantwortungsvoller Umgang mit Wasser sei unerlässlich: Wasserintensive Industrien und der sorglose Einsatz von Trinkwasser müssten sorgfältiger geplant und gegebenenfalls reguliert werden.
Darüber hinaus fordert der NABU die konsequente Umsetzung des Verursacherprinzips. Eine Überleitung aus der Elbe würde den Bergbautreibenden die Möglichkeit geben, sich ihrer Verantwortung zu entziehen. In diesem Zusammenhang sollte die Gründung einer Stiftung diskutiert werden, die die Kosten für Renaturierungs- und Anpassungsmaßnahmen in der Bergbaufolgelandschaft übernimmt.
Björn Ellner, Landesvorsitzender des NABU Brandenburg, ergänzt: „Wir als Gesellschaft werden akzeptieren müssen, dass sich die Spree in ihrer Gestalt verändern wird. Anstatt das durch den Bergbau künstliche angepasste System Spree mit immensem Aufwand in Form einer Überleitung von Elbewasser künstlich aufrechtzuerhalten, müssen wir naturnähere Verhältnisse zulassen und die Transformation aktiv gestalten. Mit dem länderübergreifenden Positionspapier hat der NABU konstruktive Vorschläge unterbreitet, wie das gelingen kann.“
Rainer Altenkamp, Landesvorsitzender des NABU Berlin, beschreibt das Problem aus Berliner Sicht: „Das gerade hier in Berlin verabschiedete ‚Schneller-Bauen-Gesetz‘ wird absehbar zum Verlust der wenigen naturbelassenen Grünflächen und damit zu weniger Versickerungsflächen führen. Berlin lebt wassertechnisch über seine Verhältnisse – jetzt anderen Flussgebieten wie Elbe oder Neiße das Wasser streitig zu machen, kann keine zeitgemäße Lösung sein.“
Die NABU-Landesverbände wollen ihre Vorschläge, wie es anders und umweltfreundlicher gegen kann, aktiv in politische Diskussionen einbringen und die Transformation hin zu einem naturnahen Wasserhaushalt konstruktiv unterstützen.
Das gemeinsame Positionspapier der NABU-Landesverbände Sachsen, Brandenburg und Berlin
Alle drei zeigen sich überzeugt, dass durch eine Kombination aus naturbasierten Lösungen, ressourcenschonendem Umgang mit Wasser und einer sorgfältigen Anpassung an die neuen Rahmenbedingungen ein stabiler Landschaftswasserhaushalt in der Lausitz erreicht werden kann. So könne nicht nur die Lebensqualität der Menschen, sondern auch die Biodiversität der Region langfristig gesichert werden.
Es gibt 3 Kommentare
Die Renaturierung der Spree ist auf jeden Fall sinnvoll. Hierfür benötigt man aber zukünftig mehr Wasser als heute. Auch die Verdunstung wird durch mehr Wasseroberfläche zunehmen. In der Konsequenz heißt das, dass an einer technischen Lösung kein Weg vorbei geht. Denn selbst wenn die Spree renaturiert ist, fehlt für Berlin das Trinkwasser. Auch wenn der Wasserbedarf pro Kopf sinkt, würde der Zustrom in die Müggelspree weiterhin unter dem täglichen Bedarf liegen. Die Müggelspree trocknet daher – wie alle Seen im Berliner Umland nach und nach aus. Und das schon heute. Am Seddiner See fehlen mittlerweile fast 3m gegenüber 1990.
Insbesondere wenn die Elbe viel Wasser führt (wie aktuell mit gut 2,50m in Dresden) kann man relativ unproblematisch ein paar Kubikmeter Wasser in Richtung der ehemaligen Tagebaue in der Lausitz leiten und dort speichern.
In dem Beitrag wird das ganz gut erklärt https://www.youtube.com/watch?v=Htp2aZu62Fc
Das Kapital dafür hat die LEAG aus der Kohleausbeutung, den Zugriff auf die Tagebaurestflächen über das Bergrecht. Eigentlich sollte die LEAG Rücklagen für die Renaturierung bilden, aber die LEAG versucht über Ausgliederung von unlukrativen Firmenteilen in eine “Schlechte Anteile-Firma” aus der Verantwortung zu kommen und diese Kosten der Allgemeinheit aufzudrücken, also dem Steuerzahler. Nun ist die Frage, in wie weit die neuen Landesregierungen in Brandenburg und Sachsen diesem Prozedere vorbaut?
Woher hat die LEAG das Monopol Kapazitäten für erneuerbare Energie im Revier aufzubauen? Bergrecht?