Der sächsische Landtag hat Michael Kretschmer erneut zum Ministerpräsidenten gewählt. Im zweiten Wahlgang erhielt der CDU-Politiker die nötige Mehrheit. Die AfD hatte mit einem Trick versucht, den parteilosen Matthias Berger zum Ministerpräsidenten zu machen.

Drei Kandidaten waren zur Wahl des Ministerpräsidenten angetreten: Michael Kretschmer als gemeinsamer Vorschlag von CDU und SPD sowie Jörg Urban (AfD) und Matthias Berger (parteilos).

Wer im ersten Wahlgang erfolgreich sein wollte, benötigte die absolute Mehrheit von 61 Stimmen. CDU und SPD verfügen zusammen über 51 Stimmen. Die Linksfraktion (sechs Abgeordnete) hatte mit Beginn der Sitzung erklärt, Kretschmer unterstützen zu wollen. Die Grünen lehnten alle Kandidaten ab; das BSW schwankte zwischen Berger und Kretschmer.

Mehrheit im ersten Wahlgang verfehlt

Kretschmer verfehlte im ersten Wahlgang die nötige Mehrheit. Er bekam 55 Stimmen, gefolgt von Urban mit 40 Stimmen und Berger mit sechs Stimmen. Zwölf Abgeordnete enthielten sich und sieben Abgeordnete machten ihre Stimme ungültig.

Die Wahl war zwar geheim, aber angesichts verschiedener Äußerungen vor und nach den Abstimmungen ist es wahrscheinlich, dass die ungültigen Stimmen von den Grünen kamen und die Enthaltungen mehrheitlich vom BSW. Die sechs Stimmen für Berger könnten von einzelnen Abgeordneten von CDU, AfD und BSW stammen.

Im zweiten Wahlgang reichte bereits die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Das heißt: Wer zum Ministerpräsidenten gewählt werden wollte, benötigte mehr Stimmen als die beiden anderen Kandidaten zusammen. Enthaltungen und ungültige Stimmen waren nicht relevant.

Die AfD versuchte es wieder mit einem Trick

Kretschmer erhielt 69 Stimmen und somit eine klare Mehrheit. Ein Abgeordneter stimmte für Urban und 39 Abgeordnete stimmten für Berger. Hinzu kamen elf Enthaltungen.

Im Anschluss an den zweiten Wahlgang machten die Parteien kein großes Geheimnis um ihr Wahlverhalten. Während Grünen-Fraktionschefin Franziska Schubert erklärte, dass sich die sieben Abgeordneten ihrer Partei enthalten hätten, sagte die BSW-Fraktionsvorsitzende Sabine Zimmermann, dass ihre Partei für Kretschmer gestimmt habe. Das BSW verfügt im Landtag über 15 Abgeordnete.

Urban wiederum gab zu, dass die AfD versucht habe, Matthias Berger zum Ministerpräsidenten zu machen. Fast alle AfD-Abgeordneten stimmten deshalb für den parteilosen Ex-Oberbürgermeister von Grimma, obwohl ein Kandidat der eigenen Partei zur Wahl stand.

Die AfD versuchte damit, das sogenannte Kemmerich-Szenario zu wiederholen. Im Februar 2020 war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich in Thüringen mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden, obwohl die AfD mit Björn Höcke einen eigenen Kandidaten zur Wahl stellte.

In Sachsen hatte die AfD darauf gehofft, dass auch das BSW für Berger stimmt. Das war aber nicht der Fall.

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