Der 6. November brachte das Aus für die Sondierungsgespräche für eine „Brombeer-Koalition“ in Sachsen. Es gibt verschiedene Versionen darüber, was genau das BSW ablehnt. Sicher ist, dass der Passus über „Friedenspolitik“, Westbindung, Raketenstationierung und Ukrainehilfe im Sondierungspapier der Parteichefin nicht passte. Andere Stimmen äußern, dass auch der Schutz Israels, als Deutsche Staatsräson, strittig war.

Jedenfalls ging es nicht um Landesthemen, selbst die US-Raketen sollen ja nicht in Sachsen stationiert werden.

Wir haben vor etwa zwei Wochen die Frage gestellt „Will das BSW (mit)regieren?“, gestern stellte sich heraus: Sie wollen nicht.

An den Verhandlungen in Thüringen war eindeutig zu sehen, dass es nicht die Landespolitiker sind, die das Scheitern der Sondierungen forcieren, sondern die Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht in Person. Warum sie das macht, kann man nur vermuten. Die schlüssigste Begründung ist, dass es immer nur um die anstehenden Bundestagswahlen im nächsten Jahr geht.

Noch am Mittwochmittag, als die Sondierungsgespräche in Sachsen beendet wurden, sah es ja so aus, als ob im nächsten Herbst der neue Bundestag gewählt würde. Es wäre also für das BSW Zeit genug gewesen, sich in drei Landesregierungen einzubringen und Akzente für eigene politische Ziele zu setzen.

Das Risiko dabei ist, dass die enthusiastischen Wählerinnen und Wähler des BSW sehen würden: „Das BSW ist eine Partei, wie alle anderen Parteien“. Der Mythos Sahra Wagenknecht würde bröckeln, was sich auf das Ergebnis bei der Bundestagswahl auswirken würde. Ein halbes Jahr und mehr in Regierungsverantwortung für drei Bundesländer, zumal im Osten, birgt Gefahren für das Image der Vorsitzenden in sich.

Die Konsequenz war also der Entschluss: „Wir stellen unerfüllbare Forderungen an die potentiellen Koalitionspartner und sagen dann, dass wir wollten, die anderen aber nicht.“ In drei Bundesländern, wenn man von den eventuell erfolgreichen Sondierungen mit der SPD in Brandenburg absieht, eventuell auch nur in zwei im Osten Deutschlands die Regierungsunfähigkeit zu riskieren, scheint das geringere Problem für Sahra Wagenknecht zu sein.

Die Lage änderte sich am Abend des selben Tages.

Mit der Entlassung des Finanzministers und der Ankündigung von Neuwahlen für den Bund im Januar hat sich alles geändert, nur nicht für Sachsen.

Eine Regierungsbeteiligung des BSW in den drei Bundesländern, auch ohne die faktisch substanzlosen bundespolitischen Forderungen, hätte dem BSW wohl weniger geschadet. Die Landesregierungen wären ja erst kurz vor, eventuell sogar erst nach der Bundestagswahl in die Regierungsverantwortung gekommen.
Rhetorisch gewandt wie sie ist, hätte Wagenknecht den Verzicht auf die strittigen Forderungen mit der Verantwortung gegenüber den Wählerinnen und Wählern begründen können. Der „Mythos Wagenknecht“ wäre wahrscheinlich nicht beschädigt worden.

Das BSW steht jetzt vor einem Dilemma: Verzichten sie auf die Forderungen, die gestern noch so wichtig waren, in Thüringen und gehen in die Regierung, dann machen sie sich unglaubwürdig.

Bleiben sie bei den Forderungen und verschärfen diese vielleicht in Brandenburg noch, dann haben sie, egal wie die Bundestagswahl im Januar für sie ausgeht, diese Bundesländer hängen lassen und auf politischen Einfluss verzichtet.

Kurz gesagt: Sahra Wagenknecht könnte sich verzockt haben.

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