Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Deutschland erneut wegen unzureichendem Naturschutzes verurteilt. Das Urteil besagt, dass der Verlust von 18.000 Hektar artenreicher Mähwiesen in deutschen Schutzgebieten gegen EU-Recht verstößt. Besonders brisant für Sachsen: Das Urteil kommt genau zu der Zeit, in der der NABU Sachsen gegen das Landratsamt Erzgebirgskreis klagt, das eine biotopschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für die Bebauung einer geschützten Bergwiese in Oberwiesenthal erteilt hatte.

Das EuGH-Urteil vom 14. November 2024 stellt klar, dass Deutschland gegen seine Verpflichtungen aus der FFH-Richtlinie verstoßen hat. Das Verfahren geht auf eine NABU-Beschwerde bei der EU-Kommission aus dem Jahr 2014 zurück. Zehn Jahre später bestätigt der EuGH nun die Position des Naturschutzes. Das Gericht kritisiert dabei nicht nur fehlende Schutzmaßnahmen, sondern auch die mangelhafte Kontrolle bestehender Vorschriften.

NABU Sachsen spricht von immenser Tragweite

„Die Tragweite dieses Urteils ist immens“, erklärt Maria Vlaic, Vorsitzende des NABU Sachsen. „Es verpflichtet Bund, Länder und Kommunen zum Handeln.“

Das Urteil benennt auch die Hauptursachen für den Verlust der Lebensräume: Die Umwandlung von Grünland in Bauland oder Ackerflächen zerstört unwiederbringlich die Lebensräume bedrohter Arten. Zu häufiges Mähen verhindert, dass Pflanzen blühen und sich vermehren. Und übermäßige Düngung und Pestizideinsatz schädigen die Artenvielfalt nachhaltig. Deutschland drohen jetzt empfindliche Strafzahlungen, wenn keine wirksamen Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Der NABU Sachsen fordert daher umfassende Maßnahmen und die Umsetzung geltenden Rechts. Bauvorhaben auf geschützten Biotopen, wie Bergmähwiesen, dürfen keine Genehmigung zur Bebauung erhalten. Eine ausreichende finanzielle Unterstützung für die naturschutzgerechte Bewirtschaftung hilft zudem beim Schutz dieser und anderer Biotope.

Naturschutz als geltendes Recht

Die konsequente Umsetzung der FFH-Richtlinie ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bewirtschaftern, Kommunen und Ministerien. Nur so sind weitere Verluste zu verhindern. Das EuGH-Urteil macht klar: Naturschutzrecht ist geltendes Recht, das alle Behörden beachten müssen. Diese Botschaft müsse auch in sächsischen Amtsstuben ankommen, so der NABU Sachsen.

Im aktuellen Fall betrifft es den Landrat im Erzgebirgskreis.

Im Streit um eine Bergwiese in Oberwiesenthal, einem geschützten Biotop und Lebensraum für Wiesenbrüter, hat das CDU-geführte Landratsamt Erzgebirgskreis den Widerspruch des NABU Sachsen gegen die Ausnahmegenehmigung für den Bau mehrerer Ferienhäuser abgelehnt. Dagegen hat der NABU Sachsen beim Verwaltungsgericht Chemnitz Klage eingereicht. Doch das Landratsamt stellt sich stur und lehnt den Widerspruch weiterhin ab.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar