Zuerst eine wichtige Anmerkung: Es ist nicht ungewรถhnlich, dass sich Bundesvorsitzende einer Partei in Angelegenheiten eines Landtages einmischen. Das bekannteste Beispiel ist wahrscheinlich die Intervention Angela Merkels gegen die Wahl Kemmerichs zum Ministerprรคsident von Thรผringen, sie intervenierte aber als Bundeskanzlerin. Vergessen dabei wird oft, dass Annegret Kramp-Karrenbauer, damals die Bundesvorsitzende der CDU, ebenfalls die Landes-CDU zu Neuwahlen drรคngte.

Also ist es nichts Neues, wenn Sahra Wagenknecht jetzt die Landesverbรคnde ihrer Partei zu einer Verschรคrfung der Gangart gegenรผber der CDU drรคngt? In den Medien ist zu lesen, dass sie indirekt eine Distanzierung der Landes-CDU von ihrem Bundesvorsitzenden Friedrich Merz fordert.

Was will Merz, was will Wagenknecht?

Merz fordert die Lieferung von โ€žTaurusโ€œ-Marschflugkรถrpern an die Ukraine und die Aufhebung der Einsatzbeschrรคnkungen fรผr weitreichende Waffensysteme. Das bedeutet, dass diese Systeme, auch auf russischem Territorium, gegen militรคrische Ziele eingesetzt werden kรถnnen.

Wagenknecht behauptet, dass Deutschland damit zur Kriegspartei wรผrde, wie รผbrigens jetzt schon beispielsweise Iran, China und Nordkorea, und fordert eine โ€žFriedensprรคambelโ€œ als Grundlage fรผr weitere Gesprรคche. In diese Prรคambel soll ein Bekenntnis zu Frieden, diplomatischen Bemรผhungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine sowie ein Nein zur Stationierung von US-Raketen in Deutschland aufgenommen werden.

Was ist die Haltung der CDU?

โ€žLassen Sie mich zu Beginn meiner Rede gleich unmissverstรคndlich festhalten: Die Unionsfraktion steht ausdrรผcklich hinter dieser Stationierungsentscheidungโ€œ, so Florian Hahn (CSU), ordentliches Mitglied im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages, in seiner Rede wรคhrend der 191. Sitzung des Deutschen Bundestages am 10. Oktober 2024.

Die Haltung der Bundes-CDU zu den Taurus-Lieferungen an die Ukraine ist ebenfalls deutlich sichtbar. Auch wenn der Antrag โ€žLieferung des Marschflugkรถrpers Taurus an die Ukraineโ€œ am 14. Mรคrz 2024 vom Deutschen Bundestag abgelehnt wurde, zeigt sich doch deutlich, dass Friedrich Merz mit seiner Forderung nicht alleine steht.

Wovon sollen sich die CDU-Landesverbรคnde distanzieren?

Wenn oben geschrieben steht, dass Sahra Wagenknecht โ€žindirektโ€œ eine Distanzierung der Landes-CDU von ihrem Bundesvorsitzenden Friedrich Merz fordert, dann ist das schlicht und ergreifend nicht zutreffend.
Sie fordert direkt eine Distanzierung der drei ostdeutschen CDU-Landesverbรคnde von der Bundes-CDU. Das muss man einfach feststellen.

Wenn Wagenknecht sagt: โ€žAber die Frage nach Krieg und Frieden war in unseren Wahlkรคmpfen eine sehr wichtige Frage und sie bewegt viele Menschenโ€œ, muss sie auch wissen, dass CDU-Wรคhlerinnen und Wรคhler diese Partei auch wegen deren Haltung gewรคhlt haben. Dann ist eine Koalition von CDU und BSW ein Ding der Unmรถglichkeit.

Wie wird das in der Kommunalpolitik?

Wir haben nach der Stadtratswahl den Fraktionsvorsitzenden des BSW, Eric Recke, gefragt:
โ€žSitzen im Leipziger Stadtrat sieben Stadtrรคte, oder sitzt Sahra Wagenknecht immer mit am Tisch?โ€œ
Seine Antwort im von uns gefรผhrten Interview war: โ€žSahra Wagenknecht ist durch die immer noch extrem starke Prรคsenz in der Partei politisch, inhaltlich wie auch in der ร–ffentlichkeit durchaus Gegenstand aller unserer รœberlegungen.โ€œ

Das kann man durchaus so interpretieren, dass es zumindest einen โ€žvorauseilenden Gehorsamโ€œ gegenรผber der Parteivorsitzenden geben wird. Ob sich das positiv auf die stรคdtischen Belange und die Bedรผrfnisse der Bรผrgerinnen und Bรผrger auswirkt, bleibt abzuwarten.

Fazit: Es ist anzunehmen, dass das BSW nicht wirklich mitregieren will. Sahra Wagenknecht will die anderen Parteien vor sich her treiben, mit immer hรคrteren Forderungen sich in ihre Richtung zu bewegen. Das ist die harte Tour, gemรครŸ dem Lindnerschen โ€žLieber nicht regieren, als falsch regierenโ€œ.

Die Regierungsbildung in den drei Landtagen bleibt, positiv formuliert, spannend.

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So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:

Es gibt 3 Kommentare

@Sebastian
Neuwahlen wรคren fรผr alle keine gute Lรถsung. Das Ergebnis wรคre vermutlich nicht wesentlich anders als bei der letzten Wahl. Der Aufwand gewaltig und die Kosten fรผr die Parteien immens.
Wenn CDU und SPD sich als โ€œParteien der Mitteโ€ sehen, dann sollte es kein Problem fรผr beide sein, wenn sie eine Minderheitsregierung vereinbaren. Je nach Antrag findet sich dann auch die notwendige Mehrheit fรผr das Anliegen. Der Vorteil hierbei ist, dass der Landtag hierdurch deutlich demokratischer wird. Auch senkt man hierdurch den Druck auf die Koalitionspartner, die in der Regel nicht mit allem โ€œglรผcklichโ€ sind, was man in den Vertrag gegossen hat.

Was wรคre Ihnen denn eigentlich lieber in Sachsen: Eine Neuwahl, die die Karten vielleicht neu mischt, oder eine Koalition? Zwischen wem?

Bei Thรผringen ist es auch relativ egal, weils da keine Fristen gibt und die alte Regierung so lange im Amt bleibt, bis es eine neue Regierung gibt. In Sachsen sieht das anders aus. Entweder man hat 100 Tage nach der Wahl einen TOP โ€œWahl MPโ€ auf der Tagesordnung und wรคhlt auch eine Person ins Amt oder es gibt Neuwahlen. In Brandenburg hat man auch nur 90 Tage Zeit fรผr die Wahl des/der MP, sonst gibts auch dort Neuwahlen. Allerdings kann man die Wahl auch durchfรผhren ohne bereits einen Koalitionsvertrag zu haben. Die SPD und CDU werden schon fรผr Woidke stimmen und spรคtestens im 3. Wahlgang reicht die einfache Mehrheit. Irgendwer in der Wagenknechtsekte wird sich schon enthalten.

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