Es ist kein neuer Waldzustandsbericht, den das Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) am Dienstag, 8. Oktober, veröffentlicht hat. Den gibt es in der Regel erst zum Jahresbeginn, wenn die Waldschäden des vergangenen Jahres alle erhoben sind. Aber aller zehn Jahre gibt es auch eine große Bundeswaldinventur, in der es um Dinge wie Baumzusammensetzung, Holzvorräte und Totholzvorräte geht. Ökonomie trifft auf Klimaschutz, könnte man sagen.

„Sachsens Wälder sind auf einem guten Weg. Beim Waldumbau kommen wir gut voran; unsere Wälder werden immer vielfältiger und ökologisch wertvoller. Dabei haben wir in den letzten Jahren nochmal eine Schippe draufgelegt“, kommentiert der noch amtierende Forstminister Wolfram Günther (Bündnis 90 / Die Grünen) die Ergebnisse.

„Wir fördern den Waldumbau noch umfassender und bewirtschaften den Landeswald naturgemäß. Nun zeigt sich: Die Arbeit der letzten Jahre und Jahrzehnte trägt Früchte – trotz der Klimakrise mit Dürren, Stürmen und Käferbefall. Diese positiven Entwicklungen bedeuten gleichzeitig, dranzubleiben an einer stärker nachhaltig ausgerichteten Waldbewirtschaftung. Das ist sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch vernünftig und geboten.“

Die Inventur

Was bei so einer Waldinventur passiert, schildert das Ministerium so: Die Bundeswaldinventur „ist ein terrestrisches Stichprobenverfahren mit permanenten Inventurpunkten. Dabei werden alle 10 Jahre dieselben Inventurpunkte wieder aufgesucht. (…) In Sachsen wurden von 7 Inventurtrupps Walddaten an 5.322 Traktecken erhoben. (Bundesweit waren 100 Inventurtrupps unterwegs. Dabei wurden Daten an rund 78.000 Traktecken erfasst.) In Sachsen wurde das Stichprobennetz für die BWI 4 verdichtet. Durch eine Verdopplung der Inventurpunkte im Vergleich zur BWI 3 (2012) wurde die Datengenauigkeit und Informationstiefe der Ergebnisse verbessert.“

Das heißt: Die Inventur zeigt nur bedingt die aktuellen Entwicklungen der letzten Dürrejahre, sondern die längerfristige Entwicklung über zehn Jahre. Und sie macht so auch sichtbar, wie der sächsische Wald nach und nach umgebaut wird – Fichten- und Kiefernbestände schrumpfen nach und nach und werden vor allem durch Laubbäume ersetzt, die den sächsischen Standorten wesentlich besser angepasst sind und mit der Klimaerwärmung besser zurechtkommen.

Der Wald wurd umgebaut

„Der bereits Anfang der 90er Jahre begonnene Waldumbau in klimastabile, arten- und strukturreiche sowie leistungsfähige Mischwälder hat in Sachsen in den letzten Jahren erkennbar zugenommen“, so das sächsische Umweltministerium. „Die Mischung der Waldbestände erhöhte sich sowohl in älteren als auch besonders in jüngeren Wäldern.“

Veränderung der Baumzusammensetzung in Sachsens Wäldern von 2012 bis 2022. Grafik: Freistaat Sachsen, SMEKUL
Veränderung der Baumzusammensetzung in Sachsens Wäldern von 2012 bis 2022. Grafik: Freistaat Sachsen, SMEKUL

Die oberste Kronenschicht („Oberstand“) besteht im sächsischen Wald inzwischen zu über 36 Prozent aus Laubbäumen. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als noch 2012. Insbesondere Eichen und Buchen gewannen Flächenanteile. Der Rückgang der Nadelbaumarten auf einen Anteil von 61,6 Prozent ist dabei auch den enormen Waldschäden seit 2018 geschuldet. Nicht standortgerechte Fichtenbestände sind seit 2012 in Sachsen in einem Umfang von rund 17.000 Hektar verloren gegangen. Aber Angesichts der zunehmenden Klimaerwärmung sind die Nadelholzrestände nach wie vor zu groß.

Die Strukturvielfalt und die Naturnähe der Wälder haben leicht zugenommen. Große Teile des sächsischen Waldes weisen mittlerweile eine zweite Baumschicht auf. Diese ist neben den positiven ökologischen Effekten auch eine wichtige Risikovorsorge im Fall großflächiger Waldschäden, da sie bei einem Verlust der obersten Kronenschicht unmittelbar die neue Waldgeneration bilden kann. Womit die Wälder eben ein wenig mehr ursprünglichen Wäldern in der Region ähneln.

Ein weiteres Inventurergebnis ist die anteilige Zunahme alter Waldbestände. Mehr als ein Drittel der sächsischen Wälder ist älter als 80 Jahre. Die sehr alten Waldbestände ab einem Alter von über 140 Jahren bestehen dabei größtenteils aus langlebigen Eichen und Buchen.

Mehr Holz in den Wäldern

Und sogar die Menge des im Wald stehenden Holzes hat sich leicht erhöht: „Die Holzvorräte in Sachsens Wäldern sind mit insgesamt rund 162 Millionen Kubikmetern gegenüber 2012 nochmals leicht angestiegen und haben einen neuen Höchstwert erreicht. Hohe Vorräte bedeuten ein gutes Nutzungspotenzial des nachhaltigen Rohstoffs. Gleichzeitig nimmt aber das Risiko hoher wirtschaftlicher Schäden zu, wenn es sich um wenig standortgerechte und wenig an die Klimakrise angepasste Waldbestände handelt.“

Der jährliche Holzzuwachs, der für eine nachhaltige Nutzung und die CO2-Speicherung aus der Atmosphäre bedeutend ist, hat vor allem aufgrund der Waldschäden durch Sturm, Dürre und Insekten gegenüber 2012 leicht auf 9,8 Kubikmeter pro Hektar und Jahr abgenommen. Dennoch liegt er immer noch etwas höher, als der gesamtdeutsche Durchschnitt.

Die Holznutzung ist zwischen 2012 und 2022 in Sachsen auf 44 Millionen Kubikmeter gestiegen. Davon entfielen aber knapp 24 Millionen Kubikmeter auf sogenannte Zwangsnutzungen aufgrund der Waldschäden, betont das Umweltministerium. Neben der Holznutzung verblieben 8 Millionen Kubikmeter Schadholz als Totholz im Wald. Trotz der Waldschäden ist im sächsischen Wald zwischen 2012 und 2022 mehr Holz zugewachsen als genutzt wurde oder als Totholz im Wald verblieben ist.

Die Menge des ökologisch und für die Artenvielfalt bedeutsamen Totholzes hat sich seit 2012 mehr als verdoppelt. Sie liegt nun bei 26,7 Kubikmetern je Hektar. Dies sind wesentliche Ergebnisse für den Freistaat der alle zehn Jahre stattfindenden Bundeswaldinventur (BWI).

Die Ergebnisse der Waldinventur findet man hier.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar