Am Montag nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen legt sich die erste Aufregung. Und nun stellt sich heraus: Möglicherweise kam bei der Berechnung der zustehenden Landtagssitze für die gewählten Parteien ein veraltetes Verfahren zur Anwendung. Das könnte deutliche Auswirkungen auf die Machtposition der rechtsextremen AfD im künftigen Sächsischen Landtag mit sich bringen.

Einen Tag nach der Landtagswahl in Sachsen soll das Ergebnis nochmals hinsichtlich der Sitzverteilung geprüft werden. Darüber berichtete am Montagmorgen zunächst die LVZ. Demnach ist nicht ausgeschlossen, dass sich der Landeswahlleiter bei der Ausrechnung der neuen Sitzverteilung im Landtag vertan haben könnte. Der Sachverhalt sei demnach bekannt und werde aktuell geprüft. Auf der Website Sachsen.de hieß es Montagvormittag beim vorläufigen Wahlergebnis zur Sitzverteilung bezeichnenderweise: „Diese Datei wird derzeit korrigiert.“

Ein AfD-Sitz weniger würde Verlust der Sperrminorität bedeuten

Im vergangenen Jahr hatte Sachsen sein Wahlrecht geändert und in diesem Zuge auch vom d’Hondtschen Höchstzahlverfahren zum Höchstzahlverfahren nach Sainte-Laguë gewechselt, um die Anzahl der Zweitstimmen bei der Landtagswahl auf Sitze im Landesparlament umzurechnen.

Sollte diese Änderung unberücksichtigt geblieben sein, hätte die vom Landesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD Sachsen nur noch 40 statt 41 Sitze. Brisant wäre dieser kleine Unterschied deswegen, weil die Partei ab 41 Sitzen über eine sogenannte Sperrminorität verfügen würde. Mit dieser könnte sie zentrale Entscheidungen des Landtags blockieren, wenn es beispielsweise um die Besetzung von Richterposten am Verfassungsgerichtshof oder um Stellen beim Landesrechnungshof geht.

Auch die Selbstauflösung des Landtags zur Ausrufung von Neuwahlen ist laut Gesetz nur mit Zweidrittelmehrheit zulässig und könnte durch die AfD ab 41 Sitzen verhindert werden. Bei nur 40 Sitzen dagegen könnten die anderen Parteien ihre Vorhaben dort, wo eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, auch ohne AfD-Zustimmung durchbringen.

Neue Regierungen: Es wird schwierig

Sachsen und Thüringen hatten gestern neue Landtage gewählt. In Sachsen landete die CDU bei den Zweitstimmen mit 31,9 Prozent knapp vor der zweitplatzierten AfD (30,6 Prozent), das populistische „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) folgte mit Abstand auf Platz drei (11,8 Prozent).

Die SPD erhielt 7,3 Prozent, die Grünen schafften den Sprung in den neuen Landtag mit 5,1 Prozent denkbar knapp. Die Linke scheiterte an der Fünfprozenthürde (4,5 Prozent), wurde aber aufgrund zweier Direktmandate in Leipzig gerettet, sodass sie auch im neuen Landesparlament vertreten sein wird. Anders die FDP, die gerade einmal 0,9 Prozent der Listenstimmen auf sich vereinte.

Allgemein wird erwartet, dass Sachsens alter und womöglich auch nächster Ministerpräsident Michael Kretschmer (49, CDU) bei den Koalitionsgesprächen nicht am BSW vorbeikommt, da er eine AfD-Kooperation ausschließt und es für eine Fortsetzung des bisherigen Gespanns mit SPD und Grünen nicht reichen wird.

Die Wahl in Thüringen ergab eine noch kompliziertere Konstellation, da die AfD deutlich vor der CDU auf Platz eins landete, aber sich bisher kein Koalitionspartner für eine Regierung findet. Insofern wird die Mehrheitsbeschaffung abseits der Rechtsextremen hier wohl noch schwieriger. Zuvor hatte Bodo Ramelow (68, Die Linke) als Ministerpräsident Thüringens seit über vier Jahren eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung angeführt.

Softwarefehler: Landeswahlleiter meldet Korrektur

Update: Wie um etwa 11:00 Uhr gemeldet wird, hat Landeswahlleiter Martin Richter das Ergebnis für Sachsen unter Verweis auf einen Softwarefehler korrigiert. Demnach verliert die AfD einen Sitz und damit auch die Sperrminorität. Damit wird sie voraussichtlich doch nicht in der Lage sein, Vorhaben abzublocken, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern.

Wegen des Fehlers steht SPD und Grünen nach der Korrektur nun jeweils ein Platz mehr im neuen Landtag zu, während neben der AfD auch die CDU einen Sitz verliert.

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