Mit der AfD sitzt eine Partei in den Parlamenten, die sich nicht an die gültigen Regeln hält, aber jede auch nur so fadenscheinige Möglichkeit nutzt, um Lamento zu schreien und aus möglichen Schlampereien gleich mal Korruption im sächsischen Sozialministerium zu konstruieren und damit einen Untersuchungsausschuss zu beschäftigen. Ein ganzes Jahr lang. Das Ergebnis: Nichts als heiße Luft.

Am Donnerstag, dem 26. September, debattierte der Sächsische Landtag den Abschlussbericht zum 2. Untersuchungsausschuss „Mutmaßlich rechtswidrige Förderpraxis bei Asyl- und Integrationsmaßnahmen im Verantwortungsbereich des SMS“ in der ablaufenden 7. Legislaturperiode. Von den Mutmaßungen blieb am Ende aber nicht viel übrig.

„Die Ergebnisse der Ausschussarbeit lassen sich aus Sicht der CDU-Fraktion und auch der Ausschussmehrheit in einer Überschrift zusammenfassen: Viel Lärm um so gut wie gar nichts!“, kommentierte der CDU-Obmann für diesen Untersuchungsausschuss, Geert W. Mackenroth, die Resultate dieses Untersuchungsausschusses am Donnerstag.

„Ja, es ist richtig: Die Förderrichtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt hatte Defizite. Der Verwaltungsvollzug war fehlerbehaftet. Zuwendungen mussten zurückgefordert und diverse organisatorische, inhaltliche und personelle Maßnahmen ergriffen werden, um die Mängel zu beseitigen.

All dies wussten wir aber bereits lange vor diesem Untersuchungsausschuss – durch die wichtigen Hinweise und dank der verdienstvollen Aufklärung durch den Sächsischen Rechnungshof. Darüber hinaus gehende Erkenntnisse im Sinne von schuldhaftem Verhalten einzelner Amtsträger oder struktureller Unzulänglichkeiten hat unsere Arbeit – und das war absehbar – nicht zu Tage gefördert.“

Das Förderrecht muss auf den Prüfstand

Dennoch wäre die Arbeit des Untersuchungsausschusses nicht völlig wertlos, so Mackenroth. „Die Ausschussmehrheit empfiehlt der Staatsregierung u.a., das sächsische Förderrecht insgesamt auf den Prüfstand zu stellen. Die Berichte der Förderkommissionen I und II sollten dafür wieder aus der Schublade geholt werden.

Die im Ergebnis schon dort angeregte Entwicklung einer Gesamtförderstrategie für den Freistaat Sachsen mit daraus abgeleiteten ressortbezogenen, dezentralen Fachförderstrategien, mit klarer Konzeptionierung und einer effektiven Erfolgskontrolle wäre idealerweise zeitnah zu realisieren.

Und schließlich empfehlen wir zu prüfen, ob Compliance-Regelungen sowie Weiterbildungskonzepte und Ausbildungsordnungen über die bundes- und landesgesetzlichen Regelungen hinaus an die sich verändernden gesellschaftlichen Sensibilitäten mit all ihren medialen Reflektionen anzupassen sind.“

Doch die AfD nutzte den Untersuchungsausschuss, um die anderen Teilnehmer mit immer neuen Beweisanträgen und Zeugenvernehmungen zu brüskieren, obwohl sie nichts Stichhaltiges vorzubringen hatte. Von einer strukturierten Arbeit keine Spur, so Mackenroth, konnte keine Rede sein.

Er betonte: „Mit Blick auf das zur Verfügung stehende enge Zeitfenster hätte man von der einsetzenden Minderheitsfraktion eine strukturierte und zielgerichtete Arbeit in einem zeit- und kostspieligen Untersuchungsausschuss erwarten können, ja sogar müssen. Aber Fehlanzeige! Stattdessen zog die AfD tausende Dokumente bei, stellte zahlreiche Beweisanträge für Zeugenvernehmungen und wollte unendlich viele Sitzungstermine und Sondersitzungen.

Dafür lieferte sie allerdings keinerlei Inhalte. Selbst in ihrem eigenen Minderheitenbericht hat sie sich nicht einmal die Mühe gemacht, auf alle Punkte ihres Einsetzungsbeschlusses einzugehen. Das alles spricht für sich“, so das Fazit des CDU-Obmanns zur tatsächlichen Ausschussarbeit der einsetzenden Minderheitsfraktion.

Der Rechnungshof ist nicht ganz unschuldig

Ein umfangreiches Sondervotum legte nach Abschluss des Untersuchungsausschusses die Linksfraktion vor.

„Im Ergebnis können wir sagen: Ja, es gab erhebliche Defizite in den Grundlagen und bei der Anwendung der Richtlinie ,Integrative Maßnahmen‘. Das hatte bereits der Rechnungshof festgestellt, das Sozialministerium hat seine Fehler frühzeitig eingeräumt“, resümiert Kerstin Köditz, Sprecherin für Antifaschistische Politik der Linksfraktion im Landtag.

„Wir fanden aber keine Hinweise für eine persönliche Involvierung der Staatsministerin in Förderentscheidungen, für eine Verletzung der Neutralitätspflicht, für eine Beeinflussung der politischen Willensbildung und dergleichen. In diesen Punkten können wir die ,Interpretationen‘ des Rechnungshofs nicht nachvollziehen.“

Das darf man durchaus als Kritik am Rechnungshof bezeichnen, der mit dieser Mutmaßung erst die Tür aufgestoßen hatte für den AfD-Antrag zu einem Untersuchungsausschuss. Oder noch deutlicher formuliert: Er hat die Position der Unparteilichkeit verlassen.

„Dennoch ist der demokratischen Zivilgesellschaft ein enormer Schaden entstanden“, findet zumindest Kerstin Köditz. „Sie steht wegen der Fehler des Sozialministeriums im Visier der extremen Rechten, die engagierte Ehrenamtliche nun noch energischer ausforscht, verleumdet und bekämpft. Wir stehen hinter der Zivilgesellschaft und den vielen engagierten Menschen. Ohne sie fände praktisch überhaupt keine Integrationsarbeit statt.“

Von Korruption keine Spur

Aber sie betont auch: „Trotz all den massiven Problemen hat die Richtlinie ,Integrative Maßnahmen‘ ein sinnvolles Ziel verfolgt, das nicht aufgegeben werden darf. Daher muss das inzwischen grundlegend überarbeitete Förderprogramm gemeinsam mit der Zivilgesellschaft fortgeführt werden. Die Zivilgesellschaft kann nicht für Fehler verantwortlich gemacht werden, die im Sozialministerium gemacht wurden.“

Aber auch aus Sicht von Kerstin Köditz ist die von der AfD verbreitete Ansicht widerlegt, dass es sich um eine „Korruptions-Affäre“ handle.

„Die Korruptions-Tatbestände sind nicht erfüllt“, stellt Köditz fest. „Interessanterweise steht davon im sogenannten Sondervotum der AfD nichts mehr.“

Aber genutzt hat der Untersuchungsausschuss der AFD eben doch, so Köditz: „Der Ausschuss hat ihr die benötigte Munition für den Landtagswahlkampf geliefert. Noch nie war ein Untersuchungsausschuss im Sächsischen Landtag so eindeutig eine politische Kampagne. Es ist unnötig, ihn fortzusetzen.

Trotz begrenzter Zeit ist der Untersuchungsauftrag erfüllt, alle wesentlichen Fragen sind beantwortet. Ein demokratisches Parlament sollte sich ohnehin nicht durch eine gesichert rechtsextremistische Bestrebung instrumentalisieren lassen.“

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