Der Themenkomplex „Kultur und kulturelle Bildung“ wird von den sächsischen Parteiverbänden recht unterschiedlich bewertet. Während Linke, Grüne, SPD und CDU mit einer Vielzahl von Ideen und Forderungen für die Förderung der hiesigen Kulturszene um die Ecke kommen, findet Kultur in den Wahlprogrammen der AfD und des BSW nur sehr begrenzt statt.
Natürlich erfinden aber auch die alteingesessenen Parteien die Kultur nicht neu, weshalb sich die geplanten Maßnahmen für die kommenden fünf Jahre in etlichen Fällen überschneiden. So spielt die Heraushebung von Chemnitz als Kulturhauptstadt in Europa 2025 sowie die 5. Sächsische Landesausstellung im Jahr 2029 zum Thema „Meißen 929 – 1100 Jahre Sachsen“ für Rot, Rot, Grün und Schwarz gleichermaßen eine Rolle. Ebenso wie die sorbische Kultur, welche gefördert und erhalten werden soll und eine lebendige Erinnerungskultur, die Qualifizierung historisch-politischer Bildung und die Unterstützung ehrenamtlicher Akteur*innen der Erinnerungs- und Gedenklandschaft.
Auch der Erhalt und Ausbau der Musikschulen sowie die tragende Rolle frühkindlicher kultureller Bildung finden in allen Programmen – sogar in dem Papier der AfD – Gewichtung, genau wie die Bedeutung von Bibliotheken und Museen.
Bündnis90/Die Grünen
„Wir setzen uns leidenschaftlich für die Förderung von Kultur und kultureller Vielfalt im Freistaat ein. Kultur ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesellschaft. Unsere Vision ist eine starke, lebendige und entwicklungsfähige Kultur in allen Regionen Sachsens“ – mit diesen bedeutungsschwangeren Sätzen beginnen die sächsischen Bündnisgrünen den Themenschwerpunkt Kultur im Wahlprogramm.
Die Liste der Vorschläge zur Umsetzung dieser hehren Ziele ist lang: So soll das Kulturraumgesetz nach inzwischen 16 Jahren seit der letzten Aktualisierung weiterentwickelt werden. Außerdem setzen die Grünen auf ministerienübergreifende Zusammenarbeit, welche durch die Einrichtung einer landesweiten Koordinierungsstelle für kulturelle Bildung gestärkt werden soll.
Ebenso heißt es: „Wir wollen die Theater und Orchester erhalten, die Entfaltung der weiteren kulturellen Sparten sichern und auch neuen kulturellen Initiativen und Trägern Chancen eröffnen. Wir unterstützen regelmäßige Wechsel in den Fachbeiräten, um eine breitere Beteiligung und die Berücksichtigung neuer Perspektiven bei den Förderentscheidungen zu ermöglichen.“ Apropos Förder(-programme): Diese wünscht sich die Partei verständlicher, transparent und verwaltungsarm und nach ökologischen und sozial nachhaltigen Kriterien ausgewählt.
Clubs und Livespielstätten sollen ebenso gestärkt werden wie soziokulturelle Zentren, die einen Schnittpunkt zwischen Kultur und außerschulischer Bildung darstellen. Für Clubs wünschen sich die Grünen darüber hinaus Bestandsschutz und die tatsächliche Anerkennung als kulturelle Orte. Ebenfalls mehr Anerkennung sollen Games und digitale Kunst als Kulturgut bekommen. Gestärkt werden sollen auch Openair-Veranstaltungen sowie die Popmusik-Szene, ebenso wie lokale Konzertorte, Nachwuchsbühnen und Fankulturen besonders im ländlichen Raum.
Einen Fokuspunkt setzt die Partei ferner bei der Resilienz gegenüber sich verändernden Lebensumständen an. Damit verbunden ist ebenso das Vorantreiben der ökologischen Transformation, die ebenso Einzug findet in der Kultur, etwa bezüglich der Energieeffizienz, Klimaneutralität und Nachhaltigkeit im Ressourceneinsatz. „Wir setzen uns für eine sächsische Anlaufstelle Green Culture ein. Sie soll sich über das Bundesland hinaus vernetzen und sächsische Kulturakteur*innen informieren und beraten.“
Die Linke
Teilhabe – dieses Wort zieht sich durch das linke Wahlprogramm, wenn es um die Kultur und kulturelle Bildung geht. „Kultur muss für alle zugänglich sein. Alle Menschen sollen sie in all ihrer Vielfalt erleben und selbst gestalten können, ohne dass jemand aus finanziellen Gründen oder wegen des Wohnorts ausgeschlossen bleibt.“
Dazu gehört für die Partei der Ausbau der Infrastruktur, sodass Theater, Veranstaltungshäuser und Co. für alle Bürger*innen barrierefrei mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar sind, ebenso wie die finanzielle Unterstützung von Familien, um Kindern und Jugendlichen kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Weitere Mittel sind laut Wahlprogramm der kostenfreie Eintritt zu Kulturstätten, vereinfachte und digitalisierte Förderprozesse sowie die Etablierung des Weltkindertages sowie des Internationalen Frauenkampftages als Feiertage.
Die Partei betont die „Superpower“ von Kultur in ihrer vielfältigen Wirksamkeit auf diversen Themenfeldern. „Kultur stärkt die soziale Kompetenz der Einzelnen und den Zusammenhalt der Gesellschaft. Sie ist auch der Ort für wichtige gesellschaftliche Debatten. Sie erhöht die Lebensqualität aller und ist zugleich für die Wirtschaft des Kulturlandes Sachsen besonders wichtig.“ Gerade für ländliche Regionen könne Kultur ein wichtiger Faktor sein, um Abwanderung zu verhindern und den Tourismus zu stärken.
Man wolle deshalb unter anderem die Förderlandschaft erweitern. Dabei geht es der Linken nicht allein um die finanzielle Unterstützung von Akteur*innen der Kultur. „[Wir wollen] neben der finanziellen Absicherung durch institutionelle oder projektbezogene Förderung, verstärkt landeseigene und kommunale Liegenschaften und Gebäude, die nicht verwendet werden, umwidmen und über (Zwischen-)Nutzungsverträge kulturellen und künstlerischen Initiativen zur Verfügung stellen.“
Dafür brauche es die entsprechenden finanziellen Mittel aus Landeskasse. Außerdem setzt die Partei auf „Atelierbeauftragte“, die „Künstler:innen, Kunst- und Kreativschaffende bei der Suche nach geeigneten Objekten unterstützen und behilflich sind, dauerhafte Nutzungen sicherzustellen.“
Um auch die Lebensumstände für freie kulturschaffende Personen zu stabilisieren und zu verbessern, fordert die Partei eine Honoraruntergrenze sowie die Bezahlung nach Tarif von festangestellten Beschäftigten im kulturellen Bereich. Auch sollen die Kulturraummittel so dynamisiert werden, dass sie sich an Tariferhöhungen und allgemeine Preissteigerungen anpassen. Ebenso ein Thema: Der Schutz und die Förderung von Clubs und Livemusikspielstätten, etwa bei Themen wie Stadtplanung, Baugenehmigungen oder der Förderung von Lärmschutzmaßnahmen.
SPD
Ähnlich wie die Linke setzen die Sozialdemokrat*innen auf feste Honorarrichtlinien und Mindeststandards in der Bezahlung, genau wie auf mehr Planungssicherheit in der Förderlandschaft mit regelmäßigen Anpassungen. Außerdem heißt es: „[Wir haben] in den letzten Jahren den Kulturpakt für Theater und Orchester aufgelegt sowie bei den Haushaltsansätzen der Einrichtungen und in der Förderung der freien Kultur die Tarifsteigerungen berücksichtigt. Das tun wir auch künftig.“
Ebenso baut die SPD auf die Etablierung eines „Expertengremium[s] oder einer Enquete-Kommission“, um Leitlinien und Grundsätze einer landesweiten Kulturentwicklungsplanung festzusetzen.
Entwickeln, oder vielmehr „grundlegend reformieren“, will die Partei auch die Landesmedienanstalt, „damit die Gremien Verantwortung und Kontrolle gemeinsam wahrnehmen können.“ Die Medienversammlung, in der die gesellschaftliche Vielfalt abgebildet sei, wolle man dabei mit umfassenderen Gestaltungskompetenzen ausstatten.
„Die Förderung der regionalen Medienvielfalt und des Lokaljournalismus über die Landesmedienanstalt setzen wir fort, ebenso die Unterstützung von nichtkommerziellen lokalem und regionalem Rundfunk.“ Gefördert werden soll auch die Musikszene mit besonderem Fokus auf Pop. „Die vielen ambitionierten Bands und Musiker:innen werden wir durch die Etablierung einer Musikzentrale unterstützen und dabei das Programm Branchenfokus POP und das Projekt POP IMPULS zusammenführen.“
Soziokultur betrachtet die Partei als „kreative DNA unserer Gesellschaft“, die durch eine langfristige und verlässliche institutionelle Förderung verstetigt werden soll. Die Digitalisierung in Kultureinrichtungen will man vorantreiben, genau wie die Barrierefreiheit kultureller Angebote und Inklusion Kunst- und Medienschaffender mit Behinderung.
CDU
Vorweg ist zu sagen (Achtung, Wertung): Der Abschnitt, welcher sich mit dem Thema „Kultur&Bildung“ im Wahlprogramm der CDU befasst, ist durchaus umfangreich. „Kultur ist uns in Sachsen Herzensanliegen und Verpflichtung zugleich. Kultur hat Verfassungsrang.“ Das liest sich doch gut. Weiter heißt es: „Kulturelle Angebote schaffen Räume für wichtige Begegnungen gesellschaftlicher Gruppen, sie ergänzen die Bildungslandschaft und sind über den Tourismus hinaus wesentliche Standortqualitäten auch für die wirtschaftliche Entwicklung Sachsens.“
Die Entwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft zu einem wirtschaftlichen Faktor in Sachsen gehört zu den Zielen der Christdemokraten, ebenso wie die Hervorhebung und Stärkung explizit des sächsischen Kulturgutes. Klar formuliert die Partei auch, kulturelle Bildung als einen Schwerpunkt der sächsischen Kulturpolitik unbedingt erhalten zu wollen, denn „sie ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine funktionierende Gesellschaft.“
Das soll für die CDU vor allem mit dem Zauberwörtchen „Kooperation“ funktionieren. Städte, Gemeinden und Landkreise, institutionelle- und freie Kultur – man setzt auf Zusammenarbeit und damit die Schaffung zukunftsfähiger Strukturen. Apropos Zukunft: Sowohl das sächsische Kinder-Sing-Projekt „Stimme an!“ als auch das Landesprogramm „Jedem Kind ein Instrument“ sollen weitergeführt werden.
Zur Stärkung des ländlichen Raumes möchte die Partei den Kleinprojektfonds sowie Gastspiele und Digitalisierung vorantreiben. Auch wolle man ehrenamtliche Arbeit in der Kultur stärken, genau wie „die hochkarätige und renommierte Festivallandschaft in allen Regionen des Freistaates Sachsen fortführen.“
Und auch die Christdemokraten, welche in Leipzig gerne mal betonen, dass das „C“ in ihrer Partei für „Clubkultur“ stünde, wollen sich um ebenjene kümmern. „Wir werden die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Kultur- und Kreativwirtschaft weiter ausbauen. So setzen wir uns auch für eine finanzielle Starthilfe für Klubs ein, um die Clubkultur in Sachsen zu stärken“, heißt es dazu im Wahlprogramm.
BSW
Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht ist sich sicher: „Kultur ist die geistige Grundlage für ein gelingendes und erfülltes Leben und ein Lebenselixier für Freiheit und die demokratische Gesellschaft.“ Das BSW stehe „für den Erhalt der reichen Kulturlandschaft in Sachsen und das Recht auf barriere- und voraussetzungsfreien Zugang zu den sächsischen Kulturangeboten für alle, zu allen Genres und in allen Lebensräumen.“
Ebenso wie die Grünen setzt die junge Partei dabei auf eine umfassende Reform des Kulturraumgesetzes, um eine Grundlage dafür zu schaffen, dass Theater und Orchester im Freistaat wirksam, nachhaltig und dynamisiert finanziert und erhalten werden.
Auch die Stärkung der Soziokultur findet Eingang in das Wahlprogramm des BSW. So wolle man soziokulturelle Zentren schützen und arbeitsfähig erhalten. Das solle auch über einen Bewusstseinswechsel in den zuständigen Gremien, welche über Förderungen entscheiden, geschehen.
Für die Freie Szene sollen sich die Bedingungen ebenso verbessern: „Wir setzen uns für existenzsichernde Einkommen, regelmäßige öffentliche Auftragsvergaben und gezielt ausgearbeitete bürokratiearme Förderinstrumente ein. Damit sollen auch adäquate Renten- und Versorgungsansprüche ermöglicht werden.“
Ein weiterer Punkt im Wahlprogramm des BSW ist der Ausbau des Kontakts von Kindern und Jugendlichen mit Kultur. Die strukturelle Benachteiligung des ländlichen Raumes soll beseitigt-, Transportkosten für Theater- oder Konzertbesuche übernommen werden. Für kommunale und landeseigenen Museen wünscht sich das Bündnis kostenfreien Eintritt für alle Personen bis 18 Jahren.
AfD
Der Beitrag zur Thematik Kultur ist vergleichsweise kurz im Wahlprogramm der sächsischen AfD. Die Partei setzt dabei vor allem auf Erhalt – sächsischer Kultur, Namensgebungen, Identität und Traditionen. Projekte zur Heimatpflege und der Stärkung des regionalen Brauchtums werden „ausdrücklich“ gefördert, genauso wie die Abkehr von gendergerechter Sprache.
Anderseits möchte die Alternative so einige Dinge gerne wieder rückgängig machen, wie etwa die politisch korrekte Umbenennung historischer Kunstwerke oder den Medienstaats- und den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag. Beides solle aufgekündigt und der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) grundlegend transformiert werden. Und: „Wir werden das Sächsische Gesetz über die Presse um eine Offenlegungspflicht für Beteiligungen politischer Parteien an Medienunternehmen ergänzen.“
Zwar bekenne sich die AfD „klar zur Förderung von Kunst und Kultur“, verwahre sich jedoch „gegen die zunehmende Ideologisierung des Kulturbetriebs – „besonders dann, wenn Steuermittel für politisch einseitige Projekte verwendet wird.“ Die Partei möchte Kulturdenkmäler, wie Schlösser und Monumente, pflegen und dafür entsprechende Fördermittel im Landeshaushalt erhöhen.
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