Personalmangel und Unterfinanzierung belasten die Krankenhรคuser in Sachsen seit Jahren. Durch die Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg und die Inflation hat sich die Lage noch verschรคrft. Vor allem in lรคndlichen Regionen herrscht ein Mangel an flรคchendeckender Versorgung. Wie die Parteien in ihren Programmen die Probleme im Bereich Gesundheit und Pflege angehen wollen, haben wir hier zusammengefasst.
CDU: Mehr Landรคrzt*innen, Studienplรคtze und eine Krankenhausreform
Die CDU will sich fรผr eine hรถhere Landarztquote einsetzen, um die medizinische Versorgung in lรคndlichen Gebieten zu sichern. Auch fรผr Zahnรคrzt*innen und Apotheker*innen sollen Quoten eingefรผhrt werden. Regionale Gesundheitszentren sollen derweil die รคrztliche Versorgung auf dem Land gewรคhrleisten.
Ein Mitbestimmungsrecht bei der Krankenhausreform ist ein weiteres Ziel der CDU. Diese Reform zielt auf die Verbesserung der Behandlungsqualitรคt, eine flรคchendeckende medizinische Versorgung und weniger Bรผrokratie ab. Das bisherige System der Fallpauschalen setzt Krankenhรคuser unter รถkonomischen Druck, was viele Einrichtungen bedroht. Die Reform sieht daher Vorhaltepauschalen vor, die Krankenhรคusern eine Existenzgarantie bieten.
Sollte die Reform auf Bundesebene scheitern, will die CDU nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens selbst handeln. Der neue Krankenhausplan dort basiert auf einer bedarfsorientierten Planung, die nicht mehr auf Bettenzahlen, sondern auf Fallzahlen und Leistungsbereichen beruht.
Die Zahl der Studienplรคtze in Humanmedizin, Zahnmedizin, Pharmazie und Arztassistenz soll erhรถht werden. Anreize sollen geschaffen werden, damit Absolvent*innen in Sachsen bleiben. Trotz รrztemangels steigt die Zahl arbeitsloser รrzt*innen, besonders in Groรstรคdten, wรคhrend auf dem Land viele Stellen unbesetzt bleiben.
Die CDU plant auรerdem, pharmazeutische Dienstleistungen und das Impfen in Apotheken auszubauen. Zur Entlastung pflegender Angehรถriger fordert die CDU mehr Schulungen und Angebote fรผr Tages- und Kurzzeitpflege.
Linke: รffentliche Krankenhรคuser, Gendermedizin und solidarische Pflegeversicherung
Wie die CDU setzt sich auch die Linke fรผr eine Krankenhausreform ein. Alle Krankenhausstandorte in Sachsen sollen erhalten bleiben. Auch wenn sich die Leistungen teilweise รคndern sollen, beispielsweise durch die Umwandlung in 24-Stunden-Notfall-Polikliniken, ist das Ziel klar: keine Schlieรungen. Doch statt einer Top-down-Reform verfolgt die Linke eine โKrankenhausreform von untenโ. Durch eine Kooperation zwischen Kliniken innerhalb einer Region, um Erfahrungen und Bedarfe vor Ort zu berรผcksichtigen, Synergien zu nutzen und das Angebot bedarfsgerecht aufzuteilen.
Ein zentrales Anliegen der Linken ist die Rรผckfรผhrung der Krankenhรคuser in die รถffentliche Hand. Dies soll die Qualitรคt und Zugรคnglichkeit der Gesundheitsversorgung sichern. Zudem fordert die Partei finanzielle Unterstรผtzung fรผr die Entbรผrokratisierung und Digitalisierung im ambulanten Bereich.
Die Linke drรคngt darauf, die Anerkennung auslรคndischer รrzteabschlรผsse zu beschleunigen, um dem Fachkrรคftemangel entgegenzuwirken. Darรผber hinaus soll die Gesundheitsversorgung fรผr trans- und intergeschlechtliche Personen verbessert werden. Hierfรผr ist die Einrichtung eines Kompetenzzentrums fรผr Gendermedizin geplant.
Prรคventionsprogramme sollen finanziell stรคrker gefรถrdert werden. Gleichzeitig setzt sich die Linke fรผr eine weitere Entkriminalisierung von Cannabis ein, um eine umfassendere und prรคventiv orientierte Gesundheitspolitik zu unterstรผtzen.
Auรerdem ist es ein Anliegen, der hรคuslichen und ambulanten Pflege Vorrang vor der stationรคren Unterbringung zu geben, damit Menschen so lange wie mรถglich in den eigenen vier Wรคnden leben kรถnnen. Daher setzt sich die Partei langfristig fรผr eine solidarische Pflegevollversicherung ein, die alle Pflegeleistungen deckt und in die alle einzahlen, auch Beamt*innen, Selbststรคndige und Politiker*innen.
Grรผne: Landespflegegesetz, Digitalisierung und regionale Gesundheitszentren
Auch die Grรผnen wollen den Bereich Pflege stark umstrukturieren. Durch ein eigenes Landespflegegesetz soll die Bedarfsplanung vor Ort berรผcksichtigt werden. Generationsรผbergreifendes betreutes Wohnen soll gefรถrdert, Pflegestรผtzpunkte geschaffen und die Transparenz der Heimaufsicht verbessert werden. Zudem streben die Grรผnen die Schaffung neuer Kurzzeitpflegeeinrichtungen an.
Die Grรผnen wollen die Gesundheitsversorgung angesichts einer รคlter werdenden Gesellschaft durch stรคrkere Digitalisierung und mehr ambulante Angebote verbessern. Ihr Wahlprogramm betont die Notwendigkeit, die hausรคrztliche Versorgung, besonders im lรคndlichen Raum, durch finanzielle Anreize und einen vereinfachten Quereinstieg zu fรถrdern.
Zur Sicherstellung einer wohnortnahen und verlรคsslichen Versorgung planen die Grรผnen, mehr Assistent*innen in Haus- und Facharztpraxen einzusetzen sowie regionale Gesundheitszentren zu schaffen.
Ein weiteres Ziel der Grรผnen ist die Weiterentwicklung der sรคchsischen Krankenhรคuser. Komplexe Behandlungen sollen an spezialisierten Zentren durchgefรผhrt werden, wรคhrend kleine Standorte die Grundversorgung vor Ort sichern sollen. Zur Finanzierung dieser Maรnahmen wollen die Grรผnen die Mittel fรผr Kliniken verdoppeln.
Darรผber hinaus setzen sich die Grรผnen fรผr eine Erhรถhung der Ausbildungs- und Studienplรคtze in medizinischen Berufen ein. Auch die Suchtprรคvention und Suchthilfe sollen gestรคrkt werden.
SPD: Gewappnet fรผr Gesundheitskrisen, kommunale Kliniken und mehr Therapieplรคtze
Die SPD mรถchte im Bereich Suchtprรคvention den Fokus stรคrker auf das Thema Alkohol legen. Mit der Freigabe von Cannabis soll die Prรคvention deutlich erweitert werden. Auch der Zugang zu Schwangerschaftsabbrรผchen soll erleichtert werden.
Fรผr die Krankenhรคuser plant die SPD, Mittel aus dem Sachsenfonds 2050 zu nutzen, um Investitionen abzusichern und bei Bedarf Kliniken zu rekommunalisieren. Bei der Reform des kommunalen Finanzausgleichs will die Partei sicherstellen, dass kommunale Trรคger ausreichend ausgestattet sind. Ein รผbergeordnetes Landesgesundheitsamt soll entstehen, das wichtige Funktionen, insbesondere in Gesundheitskrisen, รผbernehmen kรถnnte.
Die Zuwanderung von qualifizierten Gesundheits- und Pflegekrรคften soll finanziell gefรถrdert werden. Zudem sollen Innovationen im Bereich E-Health stรคrker unterstรผtzt werden.
Angesichts stark gestiegener Pflegekosten setzt sich die SPD auch fรผr eine Begrenzung der Eigenanteile ein. Auf Bundesebene sollen alle Optionen geprรผft werden, einschlieรlich einer Pflegevollversicherung. Derzeit besteht eine Teilkostenversicherung, bei der die Sozialversicherung nicht alle notwendigen Leistungen รผbernimmt.
Eine Vollversicherung wรผrde bedeuten, dass alle notwendigen, wirtschaftlichen und zweckmรครigen Leistungen von der Solidargemeinschaft getragen werden, รคhnlich dem Prinzip der gesetzlichen Krankenversicherung.
Auch das Angebot fรผr ambulante Psychotherapie soll verbessert werden, indem sich mehr Therapeut*innen niederlassen kรถnnen. Nach dem aktuellen Schlรผssel klafft eine riesige Lรผcke zwischen Psychotherapieplรคtzen und dem tatsรคchlichen Bedarf.
FDP: Nachwuchs fรถrdern und flรคchendeckende Versorgung nach dem Prinzip โambulant vor stationรคrโ
Eine Erweiterung der Psychotherapieplรคtze sieht die FDP nicht vor. Stattdessen will sie eine รถffentliche Aufklรคrungskampagne zu โMental Healthโ starten.
Mit dem Grundsatz โambulant vor stationรคrโ will die Partei niedergelassene รrzt*innen unterstรผtzen und Krankenhรคuser entlasten. Um den รrztenachwuchs zu fรถrdern, sollen die Medizinstudienplรคtze in Chemnitz, Leipzig und Dresden fรผr zehn Jahre um zehn Prozent aufgestockt werden. Das Pharmazie-Studium an der Universitรคt Leipzig soll erhalten bleiben.
Auch das Stipendienprogramm fรผr Landรคrzt*innen will die FDP ausbauen und auf Zahnรคrzt*innen erweitern. Zudem setzt die Partei auf E-Health, um die medizinische Versorgung in lรคndlichen Gebieten zu verbessern.
Fรผr Hebammen plant die FDP gestufte Haftpflichtmodelle, um deren Arbeitsbedingungen zu verbessern. Das Netz an Hospizen und Palliativversorgung, besonders im lรคndlichen Raum, soll ebenfalls gestรคrkt werden.
Im Pflegebereich setzt sich die FDP fรผr ein Wegegeld fรผr ambulante soziale Dienste ein. Die Pflege zu Hause soll stรคrker unterstรผtzt und das Landespflegegesetz novelliert werden, um einen verbindlichen, bedarfsgerechten Fachkrรคfteschlรผssel einzufรผhren.
BSW: Pflegekostendeckel, kommunale Krankenhรคuser und bessere Arbeitsbedingungen
Das Bรผndnis Sahra Wagenknecht setzt sich fรผr einen Pflegekostendeckel und ein Landespflegegesetz ein. Der Eigenanteil fรผr Heimbewohner*innen soll die Durchschnittsrente nicht รผbersteigen. Auf Bundesebene will das BSW im Bundesrat eine Bรผrgerversicherung vorantreiben.
Auรerdem will die Partei Rendite und Gewinnmaximierung im Gesundheitswesen zurรผckdrรคngen. Krankenhรคuser, medizinische Versorgungszentren und Pflegeeinrichtungen sollen in kommunale Trรคgerschaft, die Wohlfahrtspflege oder in die Hรคnde nicht ausschlieรlich gewinnorientierter Unternehmen รผbergehen.
Dennoch sollen Krankenhรคuser neu ausgerichtet werden, sodass nicht jedes das gesamte Leistungsspektrum anbietet. In strukturschwachen Regionen sollen Kliniken fรผr eine Grundversorgung umstrukturiert werden.
Um die Arbeitsbedingungen im Gesundheits- und Pflegesektor zu verbessern, fordert das BSW tarifliche Bezahlung, bessere Aus- und Fortbildungsmรถglichkeiten sowie Rahmenbedingungen, die den Sektor als attraktiven Arbeitsbereich sichern.
Zur Bekรคmpfung des Medizinermangels soll Sachsen eine eigene Medizinische Hochschule bekommen.
Freie Wรคhler: Grundversorgung durch Polikliniken, mobile Apotheken und neue Fachkrรคfte
Auch die Freien Wรคhler setzen sich fรผr den Ausbau von Modellstudienkonzepten ein und wollen Zugangsvoraussetzungen wie den Numerus Clausus reformieren. Eine weitere Maรnahme gegen den Fachkrรคftemangel stellt im Programm eine einfache, unbรผrokratische und schnelle Anerkennung von Qualifikationen und Abschlรผssen auslรคndischer Fachkrรคfte dar.
Im Fokus der Freien Wรคhler steht jedoch der Erhalt und die Stรคrkung der medizinischen Versorgung im lรคndlichen Raum. Sie fordern den Erhalt von niedergelassenen รrzt*innen und Krankenhรคusern sowie den Einsatz von Gemeindeschwestern und Polikliniken in den Dรถrfern, um eine grundlegende Gesundheitsversorgung sicherzustellen.
Zur Unterstรผtzung von Apotheken in lรคndlichen Gebieten sollen finanzielle Anreize geschaffen werden, um zumindest mobile Angebote bereitstellen zu kรถnnen.
Ein weiterer wichtiger Punkt im Programm der Freien Wรคhler ist die Weiterfรผhrung und der Ausbau des PflegeNetz Sachsen. Angesichts des gestiegenen Bedarfs an ambulanten Pflegemรถglichkeiten gegenรผber stationรคren Aufenthalten wollen sie ein Netz von kleinen und heimatnahen Pflegeeinrichtungen aufbauen.
AfD: Mobile Praxen, mehr Mediziner*innen ausbilden und Aufarbeitung der Corona-Pandemie
Auch die AfD mรถchte die ambulante Pflege ausbauen und den Pflegeberuf wieder attraktiver gestalten. Auรerdem plant sie einen Steuerzuschuss zur Pflegeversicherung, um den Eigenanteil der Pflegebedรผrftigen auf 400 Euro zu begrenzen.
In strukturschwachen Gebieten sollen lokale Gesundheitszentren und Gemeindeschwestern die Lage verbessern. Auch mobile Praxen will die Partei fรถrdern. Auรerdem mรถchte die Partei extra internationale Krankenhรคuser fรผr Menschen mit wenig Deutschkenntnissen aufbauen, um diese getrennt zu behandeln.
Die Ausbildung von Mediziner*innen an Hochschulen will die AfD deutlich ausbauen.Die dafรผr erforderlichen Ressourcen kรถnnen laut Programm durch Einsparungen bei anderen Studiengรคngen erreicht werden.
Auch die Aufarbeitung der Corona-Pandemie mit Hilfe eines Untersuchungsausschusses sowie der Aufbau von โAnti-Pandemie-Strukturenโ sieht die AfD vor.
Piraten: Grundsicherung halt
Die PIRATEN fordern die Grundsicherung aller essentiellen Bedรผrfnisse. Neben Bildung, Mobilitรคt und Wohnen zรคhlen sie hier auch Gesundheit auf. Im weiteren Verlauf des 14-seitigen Programms gehen sie auf den Bereich Gesundheit und Pflege jedoch nicht mehr ein.
โLandtagswahl 2024:: Was die Parteien gegen Personalmangel und Unterfinanzierung im Bereich Gesundheit und Pflege planenโ erschien erstmals im am 26.07.2024 fertiggestellten ePaper LZ 127 der LEIPZIGER ZEITUNG.
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