Die Demokratie wird dort demoliert, wo die Menschen leben. Denn normalerweise gehen Bürger davon aus, dass Regeln und Gesetze in der Demokratie für alle gelten. Doch immer wieder wird vor den Augen der Öffentlichkeit vorexerziert, dass politische Interessenvertreter zum Vorteil einiger weniger die Gesetze und Regeln biegen oder gar aushebeln.
Und selbst bei berechtigtem Einspruch von Umweltverbänden so tun, als wäre Politik berechtigt dazu, willkürlich zu entscheiden, wenn es um geldwerte Vorteile geht. So wie in Oberwiesenthal.
Landratsamt lehnt NABU-Einspruch ab, der reicht Klage ein
Im Streit um eine Bergwiese in Oberwiesenthal, einem geschützten Biotop und Lebensraum für Wiesenbrüter, hat das CDU-geführte Landratsamt Erzgebirgskreis den Widerspruch des NABU Sachsen gegen die Ausnahmegenehmigung für den Bau mehrerer Ferienhäuser abgelehnt. Dagegen hat der NABU Sachsen nun beim Verwaltungsgericht Chemnitz Klage eingereicht.
Der NABU Sachsen klagt zum Schutz der Natur und kritisiert diese Entscheidung aufs Schärfste, weil sie naturschutzfachliche Standards eklatant missachtet.
„Das Landratsamt scheint entschlossen, unternehmerische Interessen über jegliche Einwände und das öffentliche Interesse am Naturschutz zu stellen“, erklärt Maria Vlaic, Vorsitzende des NABU Sachsen. Die Fläche wurde aufgrund ihres Potenzials für Wiesenbrüter im Rahmen einer Naturschutzmaßnahme temporär aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommen.
Anpassung des Tourismuskonzepts nötig
Der NABU Sachsen hatte bereits 2021 und 2022 in seinen Stellungnahmen auf den besonderen Schutzstatus der Bergwiesen in Oberwiesenthal hingewiesen. Auch die Landesdirektion äußerte sich über mehrere Seiten zu den Planungen und stellte ihre erheblichen Bedenken dar. Trotzdem hat das Landratsamt einem privaten Investor die Bau- und Ausnahmegenehmigung für eine Ferienhaussiedlung erteilt.
Dagegen ist der NABU Sachsen in Widerspruch gegangen. Kürzlich hat das Landratsamt diesen Widerspruch abgelehnt und dem Bauherren das Recht eingeräumt, den wertvollen Lebensraum für Wiesenbrüter wie dem Wachtelkönig und dem Braunkehlchen zu zerstören, in dem es die bauliche Nutzung der landwirtschaftlichen Nutzung gleichsetzt. Dies widerspricht jedoch dem Bundesnaturschutzgesetz. Der NABU Sachsen klagt nun.
Tourismus spielt eine wichtige Rolle in der Wirtschaft der Region. Der NABU warnt jedoch, dass die Zerstörung von Natur- und Kulturlandschaften den Tourismus gefährdet. Urlauber besuchen Oberwiesenthal wegen der Bergwiesen, nicht wegen versiegelter Flächen.
Wie in vielen deutschen Urlaubsregionen muss auch hier das Tourismuskonzept überdacht und an die Herausforderungen der Biodiversitäts- und Klimakrise angepasst werden. Andernfalls könnte die Region ihre touristische Attraktivität verlieren.
Es gibt 3 Kommentare
Die Verantwortlichen wollen halt nur Artenschutz für Investoren sowie beteiligte Bau- und Handwerksbetriebe. Verkauft sich sicher besser in der Öffentlichkeit von wegen Arbeitsplätzen und so. Und man kann ganz gewiss nur auf dieser Wiese so etwas bauen. Aber es wird als Ausgleich garantiert einen Braunkehlchenweg (sic) um die Ferienhäuser geben.
Es fehlt halt weithin das Bewusstsein für selten gewordene Arten und Lebensräume sowie Konzepte für nachhaltigen Tourismus in Sachsen, aus denen man durchaus auch Kapital (sic) schlagen könnte (siehe Leipziger Auwald, um sich mal an die eigene Nase zu fassen).
Falls die Feriensiedlung in ein paar Jahrzehnten abgerissen wird (wegen der mangelnden touristischen Nutzung – abgesehen von Klimamigranten bzw. “-touristen”, natürlich) gibt es bestimmt ein paar von weiter unten zugewanderte Eidechsen, die man dann noch zählen kann.
Ansonsten gilt natürlich, dass Eigentum verpflichtet, aber Ferienhäuser machen einfach m€hr her als eine “Wiese”.
Schönes neues Sachsen.
Ich hoffe, der NABU kommt vor Gericht durch.
Und warum baut man dann wegen sinkender Touristenzahlen gerade Ferienhäuser?
Wenn also die Touristenzahlen sinken, darf ich mehr versiegeln?
Da Oberwiesenthal kein sicheres Schneegebiet mehr ist, wird sich die Zahl der Touris auch perspektivisch deutlich reduzieren. Im letzten Winter gab es keine 10 Tage Schnee. Die Zeiten, wo man von November bis März dort Ski laufen konnte, sind längst vorbei.