Dass selbst ein offizieller Presseverteiler der Regierung für Parteipolitik missbraucht werden kann, das demonstrierten am Freitag, dem 12. Juli, acht Minister der Union. Die Innenminister von CDU und CSU treffen sich regelmäßig. Aber ihr Treffen ist keine offizielle Innenministerkonferenz. Sie nennen ihre Treffen trotzdem Konferenz und nutzen die Meldung dazu, um danach reine Parteimeinungen zu veröffentlichen, so wie dieses Mal sogar mit einer großspurig titulierten „Dresdner Erklärung“, die letztlich ein AfD-Thema weiter pusht.

Zum zweitägigen Plausch in Dresden trafen sich die Innenministerinnen und Innenminister der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein, also gerade einmal die Hälfte der amtierenden Innenminister aus der Innenministerkonferenz.

Und das aussendende Sächsische Innenministerium fordert in seiner Meldung auch gleich mal einen „Kurswechsel in der Asylpolitik“.

Aber damit ist nicht gemeint, dass die Kommunen bei der Unterbringung der Asylsuchenden besser unterstützt werden, dass die Arbeitsmarktintegration verbessert wird, die Bildungsintegration und die Wohnraumversorgung. Alles Dinge, die auf Landesebene angepackt werden können.

Aber der Ton der „Dresdner Erklärung“ macht dann deutlich, dass es nichts anderes ist als ein Parteipapier, mit dem die Union von der Seitenlinie wieder in die Bundespolitik hineinfunken möchte. Die ja dummerweise andere Parteien verantworten, die das Thema Migration anders sehen als AfD, CDU und CSU.

Volles Rohr gegen Flüchtlinge

Und so heißt es aus dem sächsischen Innenministerium nun: „Inhaltlich ging es vor allem um die Reduzierung der Flüchtlingszahlen und Beschleunigung von Rückführungen. So wurde die Bundesregierung aufgefordert, gesetzgeberische und tatsächliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Fluchtmigration nach Deutschland nachhaltig einzudämmen und die Rückführung ausreisepflichtiger Personen deutlich auszuweiten.“

Die „Dresdner Erklärung“ selbst wurde ebenfalls über den Presseverteiler des Sächsischen Innenministeriums verteilt.

Und Sachsens Innenminister Armin Schuster wurde dann noch deutlicher, dass die Unions-Innenminister eigentlich nur wollen, dass die Ampelregierung in Berlin nach der Pfeife der Union tanzt und deren Druck nach weiterer Abschottung nachgibt: „Von dieser Konferenz geht ein klares und unüberhörbares Signal an die Ampel aus: Wir brauchen einen harten Kurswechsel in der Asylpolitik. Die Menschen in unserem Land verstehen immer weniger die abwartende Haltung in Berlin und erwarten eine deutliche Begrenzung der Asylmigration.

Hierzu haben wir heute einen konkreten Masterplan vorgelegt, den die Ampel sofort umsetzen kann. Mein Dank gilt meinen Kollegen für diese deutliche Klarheit beim Thema Migration.“

Dass auch die Wortwahl mittlerweile jener der Ein-Themen-Partei AfD ähnelt, ist unüberlesbar. Dass die Unionspolitiker damit wieder die Positionen der fremdenfeindlichen AfD und deren Bilder von „irregulärer Migration“ verstärken, ist den Absendern entweder nicht bewusst. Oder sie glauben tatsächlich das Märchen, dass sie damit der AfD bei den nächsten Wahlen Wähler abjagen können. Genau das aber passiert nicht, wie die vorhergehenden Wahlen gezeigt haben.

Abschottung mit aller Macht

Und auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann stieß ins selbe Horn: „Ich begrüße es sehr, dass von unserem Treffen hier in Dresden ein klares Signal ausgeht: Die Bundesregierung muss die bestehenden Grenzkontrollen so lange aufrechterhalten, bis die EU-Außengrenzen nachhaltig gesichert sind und die Funktionsfähigkeit des DUBLIN-Systems nachhaltig verbessert ist. Und die Bundesregierung muss die Bundespolizei endlich anweisen, Personen auch dann an den Binnengrenzen zurückzuweisen, wenn sie ein Asylersuchen äußern.

Denn Flüchtlinge an den deutschen Landgrenzen kommen ausnahmslos aus sicheren Transitstaaten. Ich bin dieser Konferenz sehr dankbar, dass die Innenminister der CDU/CSU geführten Länder hier eine klare, geschlossene und gemeinsame Position einnehmen. Personen, die aus einem sicheren Drittstaat kommen und ein Asylgesuch äußern, muss die Einreise verweigert werden. Auch denen, die bereits in einem Drittstaat um Asyl nachgesucht haben. Die Dresdner Erklärung, auf die wir uns in diesen Tagen verständigt haben, ist der notwendige und wichtige Schritt, dass wir vom Reden ins Handeln kommen.“

Das wäre dann schon eine weitgehende Aushöhlung des im Grundgesetz gewährten Asylrechts. Woher sollen denn Flüchtlinge sonst nach Deutschland kommen, wenn nicht über „sichere Transitstaaten“? Hier ist die ganze falsche Argumentation der AfD längst in den Forderungsbaukasten der Unionsparteien gerutscht.

Wenn die Bundesregierung nicht pariert

Und genauso hemdsärmelig äußerte sich Michael Stübgen, der Innenminister von Brandenburg, wo zwar die SPD mit CDU und Grünen regiert, aber auch hier möchte der CDU-Innenminister gern rigoros abschotten. Auch für ihn geht es vor allem gegen eine Bundesregierung, die nicht tut, was Unionspolitiker ständig fordern.

„Man muss leider feststellen, dass die Bundesregierung noch immer nicht bereit ist, alle notwendigen Maßnahmen umzusetzen“, posiert er wie ein Oberlehrer, der die ungelehrigen Schüler maßregelt, die auf die Themen Migration und Asylrecht einfach nicht so engstirnig schauen wollen wie Unions-Innenminister.

„Die Einführung von Grenzkontrollen im vergangenen Jahr hat für einen Rückgang der Zugangszahlen gesorgt. Es muss Schluss sein mit Ampel-Ankündigungen. Deutschland braucht eine Regierung, die handelt und einen klaren Kurs hat. Die Dresdner Erklärung zeigt dafür den Weg.“

Und er fordert praktisch direkt die Abschaffung des Asylrechts, wenn er sagt: „Der unkontrollierte Zustrom muss gebremst werden und die Ausreise von Ausreisepflichtigen beschleunigt werden. Freiwillige Aufnahmeprogramme müssen ausgesetzt werden, jede zusätzliche Belastung unseres Asylsystems muss vermieden werden. Länder, die sich weigern, ihre Staatsbürger zurückzunehmen, müssen mit Konsequenzen durch den Visa-Hebel und Kürzungen von Wirtschaftshilfen rechnen.“

Das ist schon reiner AfD-Duktus. Und Stübgen kennt auch keine Scheu, die Abschiebung von Asylbewerbern in Länder zu fordern, in denen noch heute der Bürgerkrieg tobt: „Und eins muss klar sein: Wer in besonderem Maße straffällig wird, kann keinen Anspruch auf Asyl haben und muss unser Land verlassen. Das gilt natürlich auch für Afghanen und Syrer.

Bundesinnenministerin Faeser hatte kurzfristige Maßnahmen zur Abschiebung von schweren Straftätern angekündigt. Sie hat die Bundesländer abgefragt, welche konkreten Straftäter zuerst abgeschoben werden müssen, ihr wurden alle Personen gemeldet, aber seit dem ist nichts passiert. Das muss sich ändern.“

Das darf man wohl ein emsiges Ackern am rechten Rand nennen, einen Versuch, sich noch rücksichtsloser auszudrücken als die fremdenfeindlichen Politiker der AfD und den Wählern damit zu suggerieren, dass Migration das größte Problem der Bundesrepublik ist.

Dass man von den Unionsministern keine Ursachenanalyse erwarten kann, macht das Paper endgültig zu einem reinen Forderungskatalog der Unionsminister, die von den ungelösten Problemen in ihren eigenen Ländern ablenken wollen.

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Keine Kommentare bisher

Wirklich erschreckend wie Stübgen von einer eher menschlichen Politik eines Pfarrers zu einem unbarmherzigen CDU-Innenminister verkommen ist.
Selbst wenn das nur Wahlkampfgetöse ist, so wird man in Südbrandenburg dennoch das Original wählen und nicht die billige Kopie – aber auch das wird man bei der CDU nicht mehr lernen bis es für diese Partei keine Zukunft mehr gibt.

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