Was macht man eigentlich als Bundesland, wenn man über einen Bitcoin-Schatz verfügt, der nach heutigem Stand der Dinge drei Milliarden Euro wert ist? Das ist eine Frage, die seit Beginn des Jahres nicht nur die Gemeinde der Bitcoin-Jünger beschäftigt. „Sachsens Behörden sitzen auf 50.000 Bitcoins im Wert von derzeit etwa drei Milliarden Euro. Eine Rekordsumme. Aber sie können sie nicht verwenden, weil Ermittlungen noch laufen“, meldete am 10. März z.B. das ZDF.
Es machte die Sache richtig spannend: „Es war Mitte Januar, als die Kryptogemeinde aufhorchte. Ein ‚Wal‘ sei auf dem Markt unterwegs, raunte es auf diversen Plattformen, ein Wal, der riesige Mengen Bitcoins bewege“, konnte man da lesen.
„Als ‚Wale‘ gelten in der Krypto-Welt Investoren, die mindestens 1.000 Bitcoins in ihren Wallets, den digitalen Portemonnaies halten. Es war kein ‚Wal‘, sondern das BKA, und es ging auch nicht um 1.000, sondern um 50.000 Bitcoins, wie der Online-Dienstleister ‚Arkham‘ veröffentlichte. Verschoben aus einer Wallet namens ‚Movie2k.to‘ in eine Wallet, die von ‚Arkham‘ dem BKA zugeordnet wurde. 50.000 Bitcoins im Wert von damals zwei Milliarden Euro.“
Daran hat sich bis heute nichts geändert, außer dass der Wert der Schatulle mit dem jüngsten Bitcoin-Höhenflug sogar bei drei Milliarden Euro liegen dürfte. Das wäre eine Menge Geld für den Haushalt des Landes Sachsen.
Über die Sicherstellung der 50.000 Bitcoins hatte das Landeskriminalamt am 30. Januar informiert.
Das Gericht ist am Zug
Doch der Freistaat kann noch lange nicht auf diesen Schatz zugreifen, wie das Justizministerium jetzt in einer Antwort auf eine Landtagsanfrage erklärt.
„Die Bitcoins wurden aufgrund freiwilliger Übertragung durch den nunmehr Angeschuldigten vorläufig gesichert. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat nach Abschluss der Ermittlungen Anklage zum Landgericht Leipzig, Große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer, erhoben.
Es wird davon ausgegangen, dass mit der ‚Frage der Verwertungsberechtigung‘ gemeint ist, ob ein etwaiger Verwertungserlös aus dem Verkauf der o. g. Bitcoins dem Freistaat Sachsen zustehen würde, d.h. der Staatskasse zugeführt werden könnte.
Vorläufig sichergestellte Vermögenswerte können im Rahmen von Ermittlungsverfahren erst dann zugunsten der Staatskasse verwertet werden, wenn eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über die Einziehung der sichergestellten Vermögenswerte herbeigeführt wurde. Diese Entscheidung trifft das für die Durchführung des Strafverfahrens gegen den Betroffenen zuständige Gericht.
Dieses kann die Entscheidung entweder im Strafurteil gegen den Betroffenen treffen oder die Entscheidung davon abtrennen und über die Einziehung später separat entscheiden. Alternativ können vorläufig sichergestellte Vermögenswerte dann zugunsten der Staatskasse verwertet werden, wenn der Betroffene wirksam auf diese verzichtet hat.“
Und das hat er wohl, wenn man die Antwort des Justizministeriums richtig interpretiert.
Ein Fall von 2013
Aber solche Prozesse dauern sehr lange, wie auch schon das ZDF berichtete. 2011 war die Streamingwebsite „Movie2k.to“ gegründet wurden. Schon zwei Jahre später, im Mai 2013, konnten sächsische Ermittler „Movie2k.to“ stilllegen. „In ihrer Wallet hatten die Betreiber inzwischen 50.000 solcher Bitcoins gehortet. Die Movie2k-Betreiber tauchten ab, ihre Wallet blieb unangetastet. Etwa fünf Millionen Euro war sie damals wert“, berichtete das ZDF.
Für zwei Jahre illegales Streaming schon ein hübsches Sümmchen.
Aber die Verdächtigen konnten erst 2019 dingfest gemacht werden. „Und nun, Anfang 2024, konnten die sächsischen Behörden die 50.000 Bitcoins ‚vorläufig sichern‘“; so das ZDF. „Sie wurden in eine Wallet des BKA geladen. Offenbar hatten sich die Verdächtigen den sächsischen Ermittlern gegenüber kooperativ gezeigt.“
Und das war der Zeitpunkt, als die Bitcoin-Gemeinde in Aufruhr geriet. Denn das ist in der Bitcoin-Welt ein richtig dickes Tier, ein Wal. Richtig viel Geld, mit dem man in der realen Welt durchaus Gutes tun könnte. Aber ob das demnächst der Fall sein könnte, das ist noch offen, solange kein richterliches Urteil gefällt wurde.
Aber der Freistaat greift auch bei anderen Bitcoin-Guthaben zu, wenn sie im Rahmen von Ermittlungen auftauchen. Das war auch im Jahr 2024 der Fall, so das Justizministerium in seiner Auskunft: „Zwischen dem 1. Januar 2024 und dem 31. Mai 2024 wurden in weiteren Verfahren insgesamt 13,52480154 Bitcoins sichergestellt.“
Aus dieser Summe hat der Freistaat tatsächlich schon einen kleinen Erlös erzielt, wie das Justizministerium angibt: „Von den in der Antwort auf Frage 3 genannten 13,52480154 Bitcoins wurden bisher 0,13785771 Bitcoins verwertet und daraus ein Verwertungserlös in Höhe von 7.866,74 EUR erzielt. Die übrigen 13,38694383 sichergestellten Bitcoins werden weiterhin durch die Generalstaatsanwaltschaft Dresden verwahrt.“
Würde der Freistaat also auch die restlichen Bitcoins aus diesem Fall verwerten, könnte er nach aktuellem Stand rund 770.000 Euro generieren.
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