Am Mittwoch, dem 12. Juni, hat der Sรคchsische Landtag das โGesetz zur Ertragsbeteiligung der Kommunen an Windenergie- und Photovoltaikanlagenโ beschlossen. Damit werden Stรคdte und Gemeinden in Sachsen verbindlich an den Erlรถsen von Erneuerbare-Energien-Anlagen auf ihrem Gemeindegebiet beteiligt, betont das Sรคchsische Umweltministerium. Und damit ginge Sachsen einen Schritt weiter als der Bund. Die geltende bundesrechtliche Regelung sieht nur eine freiwillige Beteiligung vor.
Die Kommunen bekommen nach dem nun beschlossenen Beteiligungsgesetz fรผr Windenergieanlagen ab einer Leistung von einem Megawatt jรคhrlich mindestens 0,2 Cent je erzeugter Kilowattstunde Strom, fรผr Photovoltaik-Freiflรคchenanlagen ab einer Leistung von einem Megawatt jรคhrlich mindestens 0,1 Cent je erzeugter Kilowattstunde. Alternativ kรถnnen Kommunen mit den Betreibern eine Individualvereinbarung bis zum Doppelten dieses Wertes abschlieรen.
โStรคdte und Gemeinden verdienen jetzt verbindlich und gesichert an der Energiewende mitโ, erklรคrte Umweltminister Wolfram Gรผnther nach dem Landtagsbeschluss. โDas erhรถht die Akzeptanz fรผr den Ausbau erneuerbaren Energien. Das bringt Energiewende und Klimaschutz und damit die Wirtschaft voran. Und das schafft einen deutlichen Mehrwert fรผr die Bรผrgerinnen und Bรผrger in den Standortkommunen.
Dreht sich das Windrad oder scheint die Sonne, kommt Geld rein, zum Beispiel fรผr den Sportplatz im Ort, fรผr die Vereine, fรผr die Freiwillige Feuerwehr oder den Naturschutz. Ich freue mich, dass unsere Gesetzesinitiative so schnell und so konstruktiv umgesetzt wurde.โ
Die Beteiligung in Hรถhe von 0,2 Cent je erzeugter Kilowattstunde wรผrde รผberschlagen am Beispiel von Windenergieanlagen eine Zahlung zwischen 20.000 und 40.000 Euro pro Jahr und Anlage an die Gemeinde bedeuten. Mit jeder Windkraftanlage erhรถht sich also der Betrag fรผr die Gemeinde.
Geltung erst fรผr kรผnftige Anlagen
Anlagen, die nach dem 31. Dezember 2024 genehmigt werden, sind nach dem Gesetz verpflichtet, eine Ertragsbeteiligung an die Standortkommunen zu zahlen. Fรผr frรผher genehmigte oder bereits errichtete Anlagen kรถnnen die Gemeinden nunmehr freiwillig eine individuelle Vereinbarung mit dem Betreiber schlieรen.
Die Beteiligung erhalten Gemeinden, deren Gemeindegebiet sich im Umkreis von 2.500 Metern um die Mastmitte der jeweiligen Windenergieanlage befindet bzw. auf deren Gemeindegebiet die Photovoltaik-Freiflรคchenanlage ganz oder teilweise errichtet wird. Sind mehrere Gemeinden wegen derselben Anlage anspruchsberechtigt, bestimmt sich der Zahlungsanspruch der einzelnen Gemeinde nach ihrem prozentualen Anteil an der jeweiligen Flรคche.
Ein Zeichen an die Bรผrger und Gemeinden
Begrรผรt wurde das Gesetz natรผrlich in der Grรผnen-Fraktion, wo eine Bรผrgerbeteiligung an der Energiewende ganz oben auf der Agenda steht.
โDie Energiewende stรคrkt unser Land โ und genau das wird fรผr die Menschen vor Ort bald direkt spรผrbar. Mit dem Beteiligungsgesetz sorgen wir dafรผr, dass kรผnftig รผberall dort, wo Windkraft- und PV-Anlagen gebaut werden, auch die Kommunen und ihre Bรผrgerinnen und Bรผrger von den Gewinnen profitierenโ, freute sich Dr. Daniel Gerber, energiepolitischer Sprecher der Fraktion Bรผndnis 90/Die Grรผnen im Sรคchsischen Landtag, รผber die Verabschiedung des Gesetzes.
โSo kann beispielsweise jedes Windrad Jahr fรผr Jahr rund 30.000 Euro in die Gemeindekassen spรผlen. Diese Gelder entlasten die Kommunen und schaffen neue Spielrรคume: So kรถnnen zum Beispiel Schwimmbรคder eine neue Perspektive bekommen, Sportvereine stรคrker unterstรผtzt und die Kommunen als Lebensorte aufgewertet werden.
Das Beteiligungsgesetz ist ein wichtiges Zeichen an die Menschen in unserem Land: Wir wollen die Energiewende gemeinsam anpacken. Wir wollen, dass alle von der Energiewende profitieren. Als Bรผndnisgrรผne haben wir uns in der Koalition lange dafรผr eingesetzt, dass das kรผnftig noch spรผrbarer wird.โ
Gerber wies in seinem Blog auch auf einen wichtigen Aspekt hin: โEs ist zunรคchst gesetzlich geregelt, dass Sonderabgaben wie diese nicht fรผr kommunale Pflichtaufgaben verwendet werden dรผrfen, da es sich um eine nichtsteuerliche Abgabe handelt (siehe Gesetzesbegrรผndung zu ยง 6). Damit ist auch abgesichert, dass solche Einnahmen nicht im Sรคchsischen Finanzausgleichsgesetz angerechnet werden.โ
Kritik von links: Eine ernรผchternde Bilanz
Kritik gab es dann trotzdem aus der Linksfraktion, deren energiepolitischer Sprecher, Marco Bรถhme, vor allem die nicht erfรผllten Versprechungen zum Klimaschutz benannte: โSachsen hat immer noch kein Klimaschutzgesetz mit einklagbaren Ausbauzielen. Die Treibhausgasemissionen sind seit 1998 nicht gesunken und der Freistaat bleibt Schlusslicht beim Ausbau der Windenergienutzung. Nicht einmal fรผr staatseigene Gebรคuden gibt es die Pflicht, bei Neubau eine Solaranlage zu installieren. Das ist eine ernรผchternde Bilanz fรผr den Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Gรผnther.โ
Doch gerade die letzten Monate haben gezeigt, wie schwer es gerade den kleineren Koalitionspartnern SPD und Grรผne fรคllt, ihre Gesetzesvorhaben gegen einen immer mehr bremsenden Koalitionspartner CDU durchzusetzen. Das betrifft eben auch viele Vorhaben aus dem Umweltministerium.
โDie Grรผndung einer Landesenergiegesellschaft ist รผberfรคllig โ mit seinen Landwerken ist der Landkreis Mittelsachsen auf dem richtigen Weg. Die Kommunen brauchen Hilfe beim Netzausbau und der Erschlieรung erneuerbarer Energiequellen, damit wir schrittweise von den teuren fossilen Energietrรคgern wegkommenโ, stellt Bรถhme fest.
โNur sie liefern Strom und Wรคrme zu niedrigen Preisen und weitgehend unabhรคngig vom Ausland und von Konzernen. Die Ertrรคge flieรen nicht an Konzerne, sondern sie bleiben bei der Bevรถlkerung โ wenn die Regeln stimmen.โ
Warum nur 0,1 Cent?
Weshalb er auch das Beteiligungsgesetz nicht gut findet: โDas Eigenlob der Koalition fรผr ihr Beteiligungsgesetz hat aber keine Grundlage: Anders als wir es vorschlagen, kann die Bevรถlkerung weiter nicht direkt an Solar- und Windparks mitverdienen. Auรerdem liegt die Beteiligung an Photovoltaik-Anlagen nur bei 0,1 Cent pro eingespeister Kilowattstunde. Wir fordern das Doppelte, und zwar fรผr die Kommunen sowie fรผr die Bรผrgerinnen und Bรผrger, die in der unmittelbaren Nรคhe der Anlagen wohnen. Auch hier hat die Kretschmer-Koalition Chancen versiebt.โ
Doch an dieser Stelle haben sich vor allem die Betreiber kleinerer Anlagen durchgesetzt, wie Daniel Gerber feststellen musste: โWie oberhalb bereits angedeutet unterstrichen die Sachverstรคndigen, dass eine gleichartige Belastung mit 0,2 Cent pro Kilowattstunde den unterschiedlichen Finanzrahmen von PV- und Windenergieprojekten nicht gerecht wird. Insbesondere fรผr kleinere PV-Parks wรผrde diese Zahlungshรถhe eine Hรผrde darstellen, die den weiteren Ausbau in Sachsen massiv hemmen kรถnnte.
In der Folge (und in Orientierung an Entwรผrfen aus anderen Bundeslรคndern wie bspw. Sachsen-Anhalt) ergibt sich aus dem รnderungsantrag, dass fรผr Windenergieanlagen die Zahlungshรถhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde gemรคร ยง 4 bestehen bleibt. Fรผr PV-Anlagen allerdings senken wir sie auf 0,1 Cent ab.
Weiterhin gilt zu berรผcksichtigen, dass aufgrund der Ausgestaltung von ยง 5 fรผr PV-Anlagen weiterhin Individualvereinbarungen bis zu einer Zahlungshรถhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde mรถglich sind.โ
Empfohlen auf LZ
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Keine Kommentare bisher