Die Bundestagsfraktion der AfD hat am Dienstag, dem 26. Mรคrz, einen โBรผrgerdialogโ in der Alten Bรถrse am Naschmarkt veranstaltet. Angekรผndigt waren die sรคchsischen Bundestagsabgeordneten Karsten Hilse, Edgar Naujok und Renรฉ Bochmann. Letzterer blieb der Veranstaltung allerdings fern โ eine Erklรคrung dafรผr gab es nicht.
Etwa 50 Personen saรen im Publikum und hรถrten vor allem Hilse aus Bautzen reden. Der im Landkreis Leipziger Land in den Bundestag gewรคhlte Naujok, aktuell auch Stadtrat in Markranstรคdt, kam auf einen Redeanteil von geschรคtzt fรผnf Prozent. Mรถglicherweise ein Grund: Hilse zeigte sich rhetorisch deutlich stรคrker als sein Fraktionskollege. Dieser fiel in seinen wenigen Momenten vor allem mit Populismus und einer fragwรผrdigen Parole auf.
So erklรคrte Naujok, dass es Ziel der AfD sei, im Falle einer Regierungsbeteiligung auf Bundesebene das Ministerium fรผr wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung abzuschaffen. Fรผr Straรen und Schulen in Deutschland werde das Geld dringender benรถtigt. โErst wir, dann die anderenโ, so Naujok.
Naujok verwendet bei Neonazis beliebte Parole
Spรคter รคuรerte Naujok, dass er sich den โgutenโ Spruch โKlagt nicht, kรคmpftโ in seiner Jugend โzu eigen gemachtโ habe. Die Parole ist umstritten und wird beispielsweise immer wieder mit der Wehrmacht in Verbindung gebracht, wofรผr es allerdings keine Belege gibt. Dennoch ist der Spruch vor allem bei Neonazis beliebt und findet sich beispielsweise auf Szenekleidung.
Zum Thema Nationalsozialismus hatte auch Hilse etwas beizutragen. Er selbst wehre sich entschieden gegen den Vorwurf, ein Nazi zu sein. Eine mรถgliche Erklรคrung, warum ihn das angeblich stรถrt, lieferte er gleich mit: โNationalsozialisten waren Linkeโ.
Diese Behauptung taucht in Deutschland immer wieder auf und stรผtzt sich offenbar vorrangig auf den Umstand, dass sich die Nazis selbst als โSozialistenโ bezeichneten. Demzufolge wรคre aber auch die DDR eine Demokratie gewesen.
Verhรคltnis zu CDU, Werteunion und Freien Sachsen
Fast รผberhaupt kein Thema in den Fragen aus dem Publikum war der Komplex Asyl und Migration. Stattdessen beschรคftigte viele die Frage, ob und mit wem die AfD eine Regierung bilden kรถnnte. Auch ein mรถgliches Parteiverbot wurde diskutiert.
Hilse geht laut eigener Auskunft davon aus, dass die AfD bei der kommenden Landtagswahl am 1. September etwa 37 Prozent der Stimmen holt. Frรผher habe er Hoffnungen gehabt, dass die Werteunion zwischen fรผnf und zehn Prozent erreichen kรถnnte und dadurch eine gemeinsame Regierung mรถglich wรคre. Darauf hoffe er nun aber nicht mehr.
Stattdessen lautet ein groรes Ziel, die CDU deutlich zu schwรคchen. Dann wรผrden vielleicht andere Politiker*innen in die erste Reihe treten, die โ im Gegensatz zu Michael Kretschmer โ eine Koalition mit der AfD nicht gรคnzlich ablehnen. Man werde aber nur in eine Regierung gehen, wenn man selbst den Ministerprรคsidenten stellt, so Hilse.
Er รคuรerte sich auch zu einer mรถglichen Zusammenarbeit mit den โFreien Sachsenโ. Problematisch sei nicht deren Personal, sondern deren Programm. Hilse sei gegen den von den โFreien Sachsenโ angestrebten Austritt Sachsens aus der Bundesrepublik und gegen eine Monarchie. Aber: โIch stehe mit ihnen fรผr Frieden auf der Straรe. Da gibt es keine Berรผhrungsรคngste.โ
Keine Angst vor einem Verbot
Ein AfD-Verbot hรคlt Hilse fรผr ausgeschlossen. Sollte die AfD 2024 bei den Landtagswahlen und 2025 bei der Bundestagswahl erfolgreich sein, kรคme dieses sowieso zu spรคt. Man wรผrde vor Gericht klagen und das gesamte Prozedere auf viele Jahre ausdehnen. In der Zwischenzeit wรผrde man die Wahl der Bundesverfassungsrichter รคndern. Derzeit sei es ein โpolitisches Gerichtโ, wie sich bei Entscheidungen zur Klima- und Coronapolitik gezeigt habe.
Ob sich Hilse wirklich โunpolitischeโ Gerichte wรผnscht, darf man aber bezweifeln. Angesprochen auf die Strafen fรผr Menschen, die sich den Corona-Maรnahmen widersetzten, sagte Hilse, dass alle Strafen zurรผckgenommen wรผrden, wenn die AfD regiert. Wรคhrend sich das wohl tatsรคchlich auf dem politischen Weg realisieren lieรe, sรคt die Ankรผndigung, die Verantwortlichen โins Gefรคngnis zu bringenโ, gewisse Zweifel an der Unabhรคngigkeit der Justiz unter einer AfD-Regierung.
Klare Ansagen, die auf die Abschaffung demokratischer Rechte oder Errungenschaften zielten, waren an diesem Abend aber nicht zu hรถren. Vor der Alten Bรถrse hatten sich dennoch etwa 150 Personen eingefunden, um gegen die AfD und diese Veranstaltung zu demonstrieren. Das neue Bรผndnis โHand in Hand Leipzigโ hatte dazu aufgerufen.
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Es gibt 2 Kommentare
รber offensichtliche Faschisten muร mensch nicht โneutralโ berichten. Diue NSAfD gehรถrt komplett aus jeglicher Regierungs- und Demokratiebeteiligung entfernt, mit allen zur Verfรผgung stehenden, juristischen Mitteln.
Aber fรผr den Gerd ist die Benennung von Tatsachen ja auch meist gleich ein ganz โlinkesโ Ding gewesen, da weiร mensch, wo er steht.
Ergo hier die Warnung: Haltet euch von Subjekten wie dem โGerdโ fern, wenn ihr keinen Bock auf Brandstiftung und Spaltung von ganz weit rechts habt. Diese Warnung gilt auch fรผr sehr weite Teile der Ost-CDU, immer noch!
Ein fรผr dieses Medium ungewรถhnlich neutrale Berichterstattung zum Klassenfeind. Es geht also doch.