Geheimniskrämerei zwischen Behörden führt in Sachsen schon lange dazu, dass sich rechtsextreme Netzwerke im ganzen Land ausbreiten konnten und ungestört Drohkulissen aufbauen konnten gegen Andersdenkende, Andersfarbige und Andersgläubige. Und das immer mit latender Gewaltandrohung. Und dazu gehören auch echte Waffen. Jahrelang haben sächsische Behörden ignoriert, wenn sich Rechtsextreme ganze Waffenarsenale zugelegt haben.

Das Ergebnis, wie die Landtagsabgeordnete der Linken Kerstin Köditz nach vielen, vielen Landtagsanfragen feststellen kann: Sächsische Behörden haben ihren eigenen Ausführungen zufolge keinen aktuellen Überblick, wie viele sogenannte Rechtsextremisten und Reichsbürger derzeit über waffenrechtliche Erlaubnisse verfügen und Schusswaffen besitzen dürfen.

Das bestätigt auch die Antwort auf die jüngste Kleine Anfrage (Drucksache 7/15318) der für Antifaschistische und Innenpolitik zuständige Abgeordneten der Linksfraktion, in der ihr der zuständige Innenminister Armin Schuster (CDU) statt aktueller Zahlen alte Zahlen für das Jahr 2022 vorlegte.

„Nach der Bewaffnung der extremen Rechten erkundige ich mich seit zehn Jahren regelmäßig, erstmals gibt es keine brauchbare Antwort. Wenn die Zuständigen die Größenordnung des Problems nicht kennen, besteht eine gravierende Sicherheitslücke“, stellt Köditz fest.

Ohne Hinweis können die Waffenbehörden nicht prüfen

Den Angaben des Innenministers zufolge erhielten die kommunalen Waffenbehörden im Laufe des Jahres 2023 vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hinweise auf 46 relevante Personen aus dem Spektrum der extremen Rechten, die insgesamt 66 Lang- und 51 Kurzwaffen sowie einen Schalldämpfer besitzen.

„Unter anderem deshalb kam es zu gezielten Überprüfungen, die in immerhin 26 Fällen zur Rücknahme der waffenrechtlichen Erlaubnisse und der Abgabe der Waffen führten“, so Köditz. „Zu einer effektiven Entwaffnung der Szene führt das allerdings nicht. Beim Landesamt für Verfassungsschutz ist schließlich nicht nur das Ausmaß des Problems unbekannt – man hütet dort auch Informationen über weitere Personen, die den Waffenbehörden ‚nicht mitgeteilt werden können.‘ Bekämpft wird also nur die Spitze des Eisbergs.“

Ebenfalls beunruhigend sei, dass der Innenminister zu einer weiteren Kleinen Anfrage (Drucksache 7/15314) die Auskunft sogar verweigert. Gefragt nach Schießübungen der extremen Rechten wird bestätigt, dass es dazu Erkenntnisse gebe – diese könnten aber aus „Geheimhaltungsinteressen“ nicht übermittelt werden.

Ende 2023 waren nach Daten der Waffenbehörden und des Nationalen Waffenregisters (Drucksachen 7/15313 und 7/15319) sachsenweit 31.947 Personen im Besitz scharfer Feuerwaffen. Insgesamt waren 89.794 waffenrechtliche Erlaubnisse erteilt, rund 1.000 mehr als 2022. Der Zuwachs geht praktisch ausschließlich auf Kleine Waffenscheine zurück, von denen zuletzt 24.205 gültig waren, ein Zuwachs von rund fünf Prozent.

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