Seit 2018 kämpft Leipzig um ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnungen. Immer wieder wiegelte die Staatsregierung ab, sah in Leipzig keinen angespannten Wohnungsmarkt. Bis 2023 dauerte es, bis sich die Regierungskoalition dazu durchrang, einen Gesetzentwurf für ein Zweckentfremdungsverbot zu erarbeiten. Am Freitag, 19. Januar, hat der Ausschuss für Regionalentwicklung im Sächsischen Landtag den Gesetzentwurf endlich beschlossen.
„Unser Ziel ist es, dass Mieten auch für Normalverdiener erschwinglich bleiben. Mit dem Gesetz geben wir den Kommunen, nach Mietpreisbremse und der besseren Förderung des sozialen Wohnungsbaus, einen weiteren Baustein an die Hand“, erklärt dazu Juliane Pfeil, Obfrau der SPD-Fraktion im Ausschuss. Und ihr Fraktionskollege Albrecht Pallas, Sprecher für Bauen und Wohnen, ergänzt: „Bezahlbarer Wohnraum in den sächsischen Großstädten ist Mangelware. Daher müssen wir im Freistaat alle Möglichkeiten ausschöpfen, preisgünstigen Wohnraum zu sichern oder wiederherzustellen. Die Zweckentfremdung von Wohnraum, vor allem durch touristische Vermarktung, ist in Dresden und Leipzig weiter im Kommen. Deshalb brauchen die Kommunen eine geeignete Rechtsgrundlage, um dagegen mit eigenen Satzungen vorzugehen.“
Mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz können Städte und Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt in ihren Satzungen festschreiben, dass Mietwohnungen nicht als Ferienwohnungen für Airbnb oder ähnliches ausgewiesen und genutzt werden dürfen und so dem regulären Wohnungsmarkt entzogen werden. Bestehende Ferienwohnungen bleiben davon aber ausgenommen.
Der Gesetzentwurf der räumt den Städten Leipzig und Dresden zukünftig die Möglichkeit ein, der Zweckentfremdung von Wohnraum durch Ferienvermietung und spekulativen Leerstand einen Riegel vorzuschieben. Wer beispielsweise in Stadtvierteln mit hoher Nachfrage nach Wohnraum eine Wohnung über Portale wie Airbnb oder ähnliche touristische Kurzzeitvermietungen anbieten möchte, muss dafür zukünftig eine Genehmigung einholen. Damit sollen so viele Wohnungen wie möglich für den regulären Mietmarkt zur Verfügung stehen. Zudem können Belastungen der Nachbarschaften durch hohe Fluktuation und nächtliche Ruhestörungen in angesagten Vierteln reduziert werden.
Für Thomas Löser, wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, ist der Entwurf ein längst überfälliger Schritt: „Mit dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum schaffen wir einen weiteren Baustein für mehr preisgünstigen Wohnraum – gerade in den innenstadtnahen Quartieren. Wir Bündnisgrüne haben uns schon in den Koalitionsverhandlungen für ein Zweckentfremdungsverbot eingesetzt und sind froh, dass wir es nun auch umsetzen werden. Dabei ist uns wichtig, dass normale Ferienwohnungen außerhalb der Stadtzentren oder in ländlichen Gegenden von der Regelung nicht erfasst sein werden. Doch dort, wo in den Städten teils ganze Häuser nur noch aus durchnummerierten Appartements bestehen, können die Kommunen nun gezielt für mehr Wohnraum sorgen.”
Und dabei geht der Entwurf des Gesetzes noch längst nicht so weit, wie er gehen könnte.
„Die Gesetze anderer Bundesländer zeigen, dass eine weitreichendere Definition von Zweckentfremdung möglich wäre. Wir sehen den Koalitionskompromiss zum Gesetzentwurf dennoch als ersten Schritt in die richtige Richtung“, sagt Löser. „Denn auch der spekulative Leerstand von Wohnraum kann nun genauer unter die Lupe genommen werden. Ein Drittel der sächsischen Bevölkerung lebt in den großen Ballungsgebieten. Wir setzen uns dafür ein, dass Verdrängung von Mieterinnen und Mietern in angespannten Wohnungsmärkten wie Leipzig und Dresden wirksam eingedämmt wird. ‚Zieht doch um, wenn es Euch zu teuer ist‘ kann dafür keine Lösung sein.”
Auch beschlossen: Eine Novelle in der Bauordnung
Und noch eine Regelung war am Freitag Thema im Ausschuss.
Die dort diskutierte kleine Novelle der Sächsischen Bauordnung im Zuge der Abwendung eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland umfasst neben Regelungen zur Bauvorlageberechtigung auch die Einführung eines Gebäudetyp E, den Entfall der Stellplatzpflicht bei Gebäudeaufstockungen, eine Vereinfachung bei der Errichtung von Elektro-Ladesäulen sowie die Anhebung von Höhenbegrenzungen von Funkmasten zur Verbesserung des 5G-Mobilfunknetzes.
„Und wir müssen auch schneller und einfacher Wohnraum schaffen. Mit einer kleinen Novelle der Bauordnung und der Einführung eines Gebäudetyp E erhoffen wir uns einen Booster für den Wohnungsbau. Durch Abbau und Vereinfachung von Baunormen ermöglichen wir neue Impulse für schnelleres und bezahlbares Bauen, gerade auch für den sozialen Wohnungsbau“, geht die SPD-Obfrau Juliane Pfeil auf diese kommenden Änderungen ein.
Das Ganze steht im einem neuen Gesetz zur Änderung der Bauvorlageberechtigung. Neben Änderungen am Ingenieur- und Architektengesetz ist dafür auch eine Anpassung der Sächsischen Bauordnung mit den oben genannten Punkten erforderlich.
Und Thomas Löser von den Grünen formuliert das Anliegen so: „Wir haben uns als Koalition darauf verständigt, die Bauordnung in einigen wichtigen Punkten zu modernisieren. Wir Bündnisgrüne haben uns dabei besonders für die Einführung des Gebäudetyp E wie ‘einfach’ oder ‘experimentell’ eingesetzt, den die Bauministerkonferenz kürzlich in die Musterbauordnung übernommen hat. Dadurch kann Bauen einfacher und kostengünstiger werden. Außerdem konnten wir die Erleichterung des Ausbaus von Dachgeschossen für Wohnzwecke, Verbesserungen beim Bau von Ladestationen für den ÖPNV und beim Aufstellen von Mobilfunkmasten erreichen.”
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Bleibt das Problem des Bestandsschutzes für Ferienwohnungen und Airb’nB. Es müsste jetzt geklärt werden, welche Wohnungen davon betroffen sind, sodass weitere sich nicht auf ein Bestandsrecht berufen können. Obwohl es wahrscheinlich kaum noch eine Ausweitung geben wird – denn dafür bräuchte man auch freie Wohnungen.