Manchmal muss man auch Sachsens Umweltminister korrigieren. Auch wenn er die sächsischen Waldzustandsberichte von seinen Vorgängern übernommen hat. Aber der Anteil der tatsächlich noch existierenden Wälder in Sachsen ist klein. Großenteils berichtet der Waldzustandsbericht, den Wolfram Günther als zuständiger Forstminister am 18. Dezember veröffentlichte, nicht von Wäldern, sondern von Forsten. Und es sind die Forste, die seit 2018 besonders massiv unter Dürre und Borkenkäfer leiden.
Ob jetzt die reichen Weihnachtsregenfälle 2023 genügen, die Lage zu drehen, ist völlig offen. Denn der Großteil der Niederschläge ist ja wieder direkt in Flüsse und Kanäle abgeflossen. Und insbesondere die Forste aus Nadelbäumen in den Gebirgslagen sind denkbar schlecht darin, Wasser zurückzuhalten. Was sich natürlich durch die riesigen Kahlschläge aufgrund des Borkenkäferbefalls verstärkt hat.
Dasselbe Phänomen haben die Menschen rund um den Harz erlebt, wo die Wassermassen sofort in die Bäche und Talsperren abliefen und die Talsperren zum Überlaufen brachten. Der Wald als großer Wasserrückhalt ist praktisch ausgefallen. Womit das Wasser auch wieder im nächsten Sommer fehlen wird.
Fünf Jahre Stress für Wald und Forste
Und das geht jetzt eben auch in Sachsen seit fünf Jahren so: „Der Zustand der Waldbäume in Sachsen hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht verbessert. Insgesamt lag der Anteil der deutlich geschädigten Bäume wie auch 2022 bei 35 Prozent. Nur 23 Prozent wiesen keine Schäden auf“, meldete das Umweltministerium.
„Der mittlere Nadel- und Blattverlust erreichte in diesem Jahr 26 Prozent. Er lag damit um einen Prozentpunkt unter dem langjährigen Höchststand von 2022.“
„Es gibt keine Entwarnung in Sachsens Wäldern“, sagte Sachsens Forstminister Wolfram Günther. „Ihr Zustand ist gleichbleibend schlecht und weiterhin besorgniserregend. Klimakrise und Borkenkäfer hinterlassen tiefe Wunden. Insgesamt hat sich der Waldzustand bei uns seit 2018 sehr kritisch entwickelt. Infolge der Klimakrise ist es zu trocken und zu warm. Das macht die Bäume anfälliger für Schadinsekten wie den Borkenkäfer und der Waldboden trocknet aus.
Unsere Antworten darauf lauten Waldumbau und integrative, naturgemäße Waldbewirtschaftung. Hier sind wir bereits weit vorangekommen. Wir arbeiten intensiv am Wald der Zukunft. Wir schaffen und fördern klimastabile, arten- und strukturreiche Mischwälder und denken Naturschutz, Bodenschutz, Wasserschutz und Waldnutzung zusammen. Nur so werden unsere Forstleute das Ökosystem Wald ausreichend gegen die Klimakrise wappnen können.“
Und Landesforstpräsident Utz Hempfling meinte: „Es ist erfreulich, dass es den Forstleuten in Sachsen durch ihr engagiertes Vorgehen gelungen ist, auch in diesem Jahr die Waldschäden weiter einzugrenzen. Dennoch bewegen sich die Schäden weiter auf einem historisch hohen Niveau, in einigen Regionen des Freistaates sind sie in diesem Jahr sogar angestiegen. Die kritische Situation wird durch den aktuellen Kronenzustand der Waldbäume unterstrichen.
Es besteht weiter dringender Handlungsbedarf: Auch in den kommenden Jahren müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, um die Ausbreitung der Borkenkäfer einzugrenzen. Wenn es uns nicht gelingt, frischen Befall frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig zu sanieren, können die Schäden auch in bislang weniger stark betroffenen Regionen ein Niveau erreichen, das nicht mehr kontrolliert werden kann.“
Instabile Monokulturen
Aber das betrifft nun einmal – nur – den Borkenkäferbefall, der fast ausschließlich Nadelbaumforste betrifft, wo die Bäume in Reih und Glied und viel zu eng gepflanzt sind, wo es kaum Biodiversität gibt und keine Auflockerung durch unterschiedliche Altersklassen. Die Forstleute erleben hier mit, was es bedeutet, auf riesigen Flächen immer nur Monokulturen anzupflanzen, die hier auch nicht einmal zum natürlichen Baumbestand gehören.
Denn ohne die forstlichen Eingriffe wären auch die sächsischen Mittelgebirge vor allem mit Laub- und Mischwald bewachsen. Der außerdem wesentlich klimaresistenter, anpassungsfähiger und viel besser in der Lage wäre, Wasser zu speichern.
Weshalb sich der sogenannte Borkenkäferbefall eben nur auf die sächsischen Mittelgebirgslagen beschränkt, abgesehen von Teilen des östlichen Flachlands. Diese Baumplantagen haben keine Zukunft.
Und während der hohe Anteil von Nadelverlust in der Regel bedeutet, dass diese Bäume in der nächsten Dürreperiode verdursten und dem Befall durch Borkenkäfer erliegen, bedeuten die Zahlen zum Blattverlust bei Laubbäumen genau dies eben nicht. Auch wenn sie ein Alarmzeichen sind.
Aber gerade das Beispiel der Eiche, das auch im Waldzustandsbericht 2023 gesondert erwähnt wird, erzählt von einer natürlichen Strategie dieser Laubbäume, ihre Wasserverluste zu minimieren und auch mehrere Trockenjahre zu überstehen. Erst wenn es zu viele solcher Trockenjahre werden, kommt es tatsächlich zu Baumverlusten.
Labile Fichtenbestände, gestresste Laubbäume
Der Waldzustandsbericht beschreibt den Waldzustand im Leipziger Raum so: „Das Mittelsächsische Lößhügelland und Erzgebirgsvorland, sowie das Westliche und Östliche Tiefland ließen über einen langen Zeitraum keinen eindeutigen Trend erkennen. Seit 2018 stieg jedoch die Kronenverlichtung in allen drei Regionen bis zum Jahr 2020 kontinuierlich an. Im Jahr 2021 konnte nur eine marginale Regeneration verzeichnet werden.
Im Mittelsächsische Lößhügelland und Erzgebirgsvorland kommt es nach dem Anstieg im Jahr 2022 erneut zu einer Erhöhung der Werte auf 29,4 Prozent. Diese Entwicklung trifft auch für das Westliche Tiefland mit einem neuen Höchstwert von 35,8 Prozent zu. Der Wert für die mittlere Kronenverlichtung im Östlichen Tiefland verbleibt nahezu auf Vorjahresniveau und liegt bei 21,8 Prozent.
Die maßgebliche Ursache ist der Trockenstress bei den Waldbäumen infolge aufeinanderfolgender Jahre mit ausgeprägten Niederschlagsdefiziten. Eine Regeneration des Kronen- und Vitalitätszustandes der Bäume ist derzeit nicht absehbar.“
Während die Fichte als hauptsächlich vom Borkenkäferbefall betroffene Baumart im Vogtland mit 64 und im Erzgebirge mit 82 Prozent dominiert, kommt sie im Westlichen Tiefland, zu dem Leipzig gehört, praktisch nicht vor. Hier dominieren mit 53 Prozent die Laubbäume (darunter die Eiche 15 Prozent), während Nadelbäume 47 Prozent der Waldfläche besetzen (die Kiefer allein 44 Prozent).
Und während Laubbäume zu 22 Prozent stark geschädigt sind, sind es die hiesigen Kiefernbestände zu 40 Prozent. Was auch kein Grund zur Entwarnung ist, sondern eben wie in allen anderen Landesteilen ein Weckruf, Wälder wie dem Leipziger Auwald wieder den direkten Anschluss an die Fließgewässer zu verschaffen, Kanalsysteme zurückzubauen und Waldsysteme überhaupt zu stärken.
Was auch einen anderen Umgang mit dem Grundwasser bedeutet. Denn dass die Bäume auch im Leipziger Raum so anfällig sind, hat auch mit riesigen leergeräumten Landwirtschaftsflächen, trockengelegten Teichen, Wiesen und Mooren zu tun. Es fehlt der Gesamtblick für das System Wald und Wasser. Und die Reparaturvorhaben für die Trockenlegungssünden aus der Vergangenheit dauern viel zu lange.
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Wir haben die Natur um uns herum Erfolgreich zerstört. Seit Jahren bekannt, dennoch passiert genau nichts.