Am Freitag, 8. Dezember, gab das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz bekannt, dass der Landesverband Sachsen der AfD im Ergebnis eines umfassenden juristischen Prüfprozesses mit sofortiger Wirkung als erwiesene rechtsextremistische Bestrebung einzustufen sei. Der Prozess hat gedauert, seit die sächsische AfD im Februar 2021 als Verdachtsfall eingestuft worden war. Ein Verdacht, der sich in ganzer Breite bestätigt hat. Auch wenn die Einstufung noch kein Grund zum Aufatmen ist.
Tatsächlich gab es schon am Freitag postwendend nach Bekanntgabe der Nachricht Unterstellungen und Anfeindungen gegen das Landesamt für Verfassungsschutz, sodass sich Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) genötigt sah, öffentlich zu erklären, warum es den Verfassungsschutz eigentlich gibt und was der tun muss, um die Demokratie zu schützen.
„Es ist die Kernaufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz, Erkenntnisse zu sammeln, um in einem fachlich-juristischen Prüfprozess zu beurteilen, ob eine Organisation erwiesen rechtsextremistisch ist oder auch nicht. Eine solche Entscheidung orientiert sich ausschließlich an den Regelungen des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes. Maßgeblich sind deshalb alleine die durch den Verfassungsschutz vorliegend über mehrere Jahre gesammelten umfangreichen Informationen und Materialien sowie deren Bewertung und juristische Einordnung. Die Öffentlichkeit über erwiesen extremistische Bestrebungen zu unterrichten ist originäre Aufgabe des Verfassungsschutzes“, erklärte Schuster. „Von der intensiven juristischen Prüfung und dem immensen Arbeitsaufwand der Mitarbeiter des LfV zeugen Qualität und Umfang des Gutachtens.“
Kerstin Köditz (Die Linke): Gefahr erkannt, aber noch nicht gebannt
„Der heute bekannt gewordene Schritt, den Landesverband der extrem rechten Partei zum Beobachtungsobjekt zu erklären und damit als ‘gesichert rechtsextremistisch’ einzustufen, war überfällig. Seit der Einleitung des sogenannten Prüffall-Verfahrens ist immerhin fast ein halbes Jahrzehnt vergangen, in dem sich die Partei verhärtet und weiter radikalisiert hat“, kommentierte am Freitag Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische und Innenpolitik der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, die Feststellung des Landesamtes für Verfassungsschutz. „So steht die AfD seit heute auch offiziell auf einer Stufe mit der NPD – nur einige Nummern größer. Es wäre ein weiteres Geschenk an die Feinde der Republik und keine Zierde für die wehrhafte Demokratie, wenn die Einstufung ein folgenloser Verwaltungsvorgang bliebe.
Ich erwarte daher von der Staatsregierung, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Sie muss sich – erstens – im Bundesrat dafür einsetzen, einen Antrag zum Verbot der AfD beim Bundesverfassungsgericht vorzubereiten. Und sie muss – zweitens – umgehend mit der Sammlung von Beweismitteln beginnen. Das ist nicht allzu schwer, sie liegen seit Jahren offen zu Tage.“
OBM Burkhard Jung: Die Wortwahl ist deutlich
Und auch Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) fand zur Einstufung des sächsischen AfD-Landesverbandes als gesichert rechtsextremistische Bestrebung klare Worte: „Alle hatten es geahnt, jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Die sächsische AfD ist eine rechtsextremistische Partei. Die Einschätzung des Verfassungsschutzes ist in seiner Wortwahl deutlich und lässt keinen Spielraum. Auch wenn einzelne Vertreter der Partei den Anschein des Bürgerlich-Konservativen geben – auch bei uns im Stadtrat – dann ist jetzt klar: Dieser Anschein ist dünn und vorgeschoben. Die AfD als ‘monolithischer Block’ hat einen rechtsextremistischen Kern. Und mit Extremisten können Demokraten nicht kooperieren.
Ich hoffe, dass sich Protestwähler und Sympathisanten der Partei von der jetzigen Einstufung des Verfassungsschutzes überzeugen lassen, demokratische Parteien zu wählen. Unzufriedenheit und Protest entschuldigen nicht eine Sympathie mit Feinden der Demokratie. Anstand bedeutet: klare Kante gegen Rechtsextremisten. Im kommenden Wahljahr werden wir Wählerinnen und Wähler als demokratische Parteien mit überzeugenden Argumenten überzeugen und gewinnen müssen.“
Valentin Lippmann (Grüne): Die AfD ist eine Ansammlung von Republikfeinden
„Wir begrüßen, dass nun auch der sächsische Verfassungsschutz zur Einschätzung gekommen ist, die AfD als gesichert rechtsextrem einzustufen. An der Verfassungsfeindlichkeit der AfD bestand mittlerweile kein Zweifel mehr. Die Einstufung ist somit mehr als überfällig“, kommentierte am Freitag Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag, die Meldung des Landesamtes für Verfassungsschutz. „Der sächsische Verfassungsschutz hat neben der Islam- und Muslimfeindlichkeit und der antisemitischen Grundhaltung des AfD-Landesverbandes insbesondere das Agitieren der AfD gegen die politischen Institutionen zur Grundlage der Einstufung gemacht. Die AfD ist eine Ansammlung von Republikfeinden und Demokratieverächtern – sie will die freiheitliche Demokratie ins Wanken bringen. Wer jetzt immer noch glaubt, man könne mit dieser Partei zusammenarbeiten oder ihren Anträgen zustimmen, macht sich zum Steigbügelhalter von Verfassungsfeinden.“
Seine Forderung: „Als erste Konsequenz muss das sächsische Innenministerium unverzüglich prüfen, inwieweit Beamtinnen und Beamte, die Funktionsträger der AfD sind, aus dem Staatsdienst zu entfernen sind. Wir dürfen keine Verfassungsfeinde im Staatsdienst dulden. Die Einstufung der AfD Sachsen durch den Verfassungsschutz erleichtert ein entsprechendes Vorgehen.“
Albrecht Pallas (SPD): Die AfD ist eine Partei, die nach unten tritt
„Die Entscheidung des Landesamtes für Verfassungsschutz ist gut für unsere Demokratie. Zwar hat die Prüfung viel Zeit in Anspruch genommen, aber in diesem Fall war die Gründlichkeit besonders wichtig. Denn jetzt haben wir schwarz auf weiß den Nachweis dafür, was viele Menschen in Sachsen schon länger wahrnehmen, und was sie umtreibt: Die AfD in Sachsen tritt nach unten. Sie hetzt. Sie grenzt aus. Sie spielt Gruppen gezielt gegeneinander aus, um am Ende selbst zu profitieren. Ein Überbietungswettbewerb aus Gebrüll und Hetze, der nicht zu ertragen ist“, meldete sich am Freitag auch Albrecht Pallas, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, zu Wort. „Nun ist klar, was länger offensichtlich war: Die AfD Sachsen ist rechtsextrem. Sie schert sich nicht um die Demokratie, sie nutzt sie für ihre Zwecke aus.“
Für ihn ist insbesondere der Thüringer AfD-Mann Björn Höcke die treibende Kraft hinter der zunehmenden Radikalisierung der AfD.
„Im Gefolge des Rechtsextremisten Björn Höcke wird die Sachsen-AfD durch ihre Verantwortlichen schon länger systematisch völkisch-nationalistisch ausgerichtet. Sie lehnt die parlamentarische Demokratie offen ab und macht sie und die demokratischen Institutionen verächtlich. Darin hat sich diese Partei in den letzten Jahren radikalisiert und sie kooperiert inzwischen offen mit anderen gesichert rechtsextremistischen Parteien oder Gruppen“, stellt Pallas fest. „Mit dieser Einordnung durch das Landesamt für Verfassungsschutz haben die Menschen in Sachsen nun Klarheit darüber, welche Ziele die rechtsextremistische AfD verfolgt. Sie haben nichts von ihren Hassreden, ihrer Selbstdarstellung und Verächtlichmachung unseres Gemeinwesens. Der Verfassungsschutz hat das unterstrichen. Und das ist gut so.“
Clara Bünger (Die Linke): Die AfD steht für sozialen Kahlschlag
„Die Einstufung des sächsischen Landesverbands der AfD als gesichert rechtsextrem ist richtig und war überfällig. Es wäre aber ein Fehler zu glauben, dass dies zu weniger Zuspruch für die Partei führen wird. Die AfD und der gesellschaftliche Rechtsruck müssen in erster Linie politisch und auf zivilgesellschaftlicher Ebene bekämpft werden. Die sächsische Landesregierung muss deshalb massiv in demokratiefördernde Projekte investieren“, erklärt die Linken-Abgeordnete Clara Bünger zur Einstufung des sächsischen AfD-Landesverbands als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. „Die AfD steht nicht nur für rassistische Hetze gegen Geflüchtete und Migrantinnen, sondern auch für eine Politik des sozialen Kahlschlags. Die Umsetzung ihres Programms würde zu einer weiteren Verarmung von Arbeitnehmern, Rentnerinnen und Familien führen. Das müssen wir den Menschen in Sachsen klarmachen.“
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