Einseitig fand Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer am 11. Dezember, dass die EU die Zahlung von 2,6 Milliarden Euro an RWE durch den Bund genehmigte, damit der rheinische Kohlekonzern den früheren Kohleausstieg bis 2030 auch ökonomisch verkraftet. Denn den beiden mitteldeutschen Kohlekonzernen LEAG und MIBRAG waren ja auch Ausstiegsgelder zugesagt. Aber anders als bei RWE trifft das Ganze in Sachsen auf eine völlig undurchschaubare Gemengelage, stellt die linke Landtagsabgeordnete Antonia Mertsching fest.

„Die einseitige Entscheidung zu Gunsten der Entschädigungszahlung für RWE ist aus sächsischer Sicht eine Enttäuschung. Man gewinnt den Eindruck, dass die Bundesregierung sich zu wenig für die Braunkohleunternehmen in Ostdeutschland, LEAG und Mibrag, einsetzt. Jetzt erwarte ich eine schnelle Lösung für die 1,75 Milliarden, die uns vom Bund versprochen wurden“, meldete sich Michael Kretschmer am 11. Dezember zu Wort, nachdem u.a. der „Spiegel“ über die EU-Genehmigung für RWE berichtet hatte.

Mit seinem Statement unterstützte Kretzschmer eigentlich nur die am selben Tag veröffentlichte Meldung der LEAG selbst, die betonte: „Die Entschädigungszahlung soll in die Vorsorgegesellschaften zur weiteren finanziellen Absicherung der Wiedernutzbarmachung eingezahlt werden. LEAG ist bereits in Vorleistung gegangen und hat einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag in die Vorsorgegesellschaften eingezahlt.“

Die Sicherheitsleistungen sind eine Black Box

Aber konkreter wurde die LEAG eben nicht. Und der Umfang der tatsächlich gesicherten Vorsorgeleistungen ist einfach nicht klar, stellt die Lausitzer Abgeordnete der Linksfraktion und Sprecherin für Strukturwandel, Antonia Mertsching, zu den Forderungen aus der Staatsregierung an die EU-Kommission, auch für die LEAG zügig Entschädigungsleistungen für das Ende der Kohleverstromung zu genehmigen, fest.

„Die Sicherheitsleistungen der LEAG sind eine Black Box: Es ist nach wie vor unklar, wie viel Geld für die Wiedernutzbarmachung der Braunkohletagebaue zurückgelegt wurde und wie viel deren Rekultivierung schätzungsweise kosten wird. Die Öffentlichkeit hat aber das Recht zu erfahren, ob die LEAG nur die Gewinne einfährt und sich danach aus dem Kohlenstaub macht – oder ob sie für die Folgeschäden des Kohleabbaus aufkommen wird“, sagt Mertsching.

„Die Staatsregierung hat jahrzehntelang die Sicherung der Gelder für die Rekultivierung verpasst. Jetzt wissen wir auch warum: Auf Nachfrage teilt diese mit, sie fühle sich nicht für die Nachsorgeverpflichtungen der Bergbauunternehmen verantwortlich (Drucksache 7/14556). Zudem wisse sie nicht, wie viel die vollständige Wiedernutzbarmachung der von den Tagebauen Nochten und Reichwalde betroffenen Gebiete kosten werde. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Lausitz. Sicher ist man sich offenbar nur darin, dass die erforderliche Nachsorge voraussichtlich bis zum Jahr 2081 dauern wird (Drucksachen 7/14557 und 7/14558).“

Immer dann, wenn die Staatsregierung belegbare Daten zu den Vorsorgeleistungen von LEAG und MIBRAG geben sollte, hat sie sehr ausweichend geantwortet. Eben ganz in dem Sinn: Das müssen wir gar nicht wissen. So wird selbst der Versuch zu beziffern, was die Reparatur der Landschaft nach dem Kohlebergbau einmal kosten wird, zu einem Stochern im Nebel. Und dass nun ausgerechnet die Verantwortlichen, die sich bei den Vorsorgeleistungen immer so ahnungslos stellen, so drängeln, findet Mertsching zumindest sehr seltsam.

Die Entschädigungszahlungen selbst sind skandalös

„Zurzeit wird die EU-Kommission dafür kritisiert, dass sie die Entschädigungszahlungen an die LEAG, mit denen ein Teil der Rekultivierung bezahlt werden soll, nicht schnell genug genehmigt. Das ist unfassbar! Die Entschädigungszahlungen sind an sich schon skandalös – schließlich bezahlt man Konzerne dafür, dass sie nicht weiter Dörfer abbaggern, die Klimaerhitzung verschlimmern und die Umwelt zerstören dürfen. Die Kosten der Schäden muss der Verursacher tragen, also Kohlekonzerne wie EPH, die jahrzehntelang Braunkohle zu Geld gemacht haben“, benennt Antonia Mertsching das eigentliche Problem.

„Die Wiedernutzbarmachung der Tagebaulandschaften ist eine Mehrgenerationenaufgabe mit Ewigkeitslasten, die wohl oder übel irgendwann der Staat übernehmen muss. Umso erstaunlicher ist es, dass die Staatsregierung ,keine unmittelbaren finanziellen und tatsächlichen Folgen für die öffentlichen Haushalte‘ durch die Rekultivierung erkennt (Drucksache 7/14561).

Zu viel Kohlenstaub scheint die Sicht zu verblenden! Wir fordern, dass die Einzahlungen in die Zweckgesellschaft für die Kosten der Wiedernutzbarmachung (,LEVES‘) durch die LEAG jetzt erhöht und beschleunigt werden, solange das Braunkohlegeschäft noch profitabel ist. Es braucht dringend mehr Transparenz und öffentliche Informationen über die Rücklagen für die Rekultivierung sowie zusätzliche, insolvenzfeste Sicherungsleistungen!“

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