Schon am 26. Oktober meldete sich Albrecht Pallas, wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, zu Wort, denn am Freitag, 27. Oktober, stand das von der Regierungskoalition formulierte Gesetz zum Zweckentfremdungsverbot von Wohnungen zur Anhörung im Regionalausschuss. „Bezahlbarer Wohnraum in den sächsischen Großstädten ist Mangelware“, betonte Pallas. „Daher müssen wir im Freistaat alle Möglichkeiten ausschöpfen, preisgünstigen Wohnraum zu sichern oder wiederherzustellen.“

Und er betonte: „Die Zweckentfremdung von Wohnraum, vor allem durch touristische Vermarktung, ist in Dresden und Leipzig weiter im Kommen. Daher brauchen die Kommunen eine geeignete Rechtsgrundlage, um dagegen mit eigenen Satzungen vorzugehen.“

Der Ausschuss für Regionalentwicklung des Sächsischen Landtages hat dann am Freitag Sachverständige zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU, Bündnisgrüne und SPD „Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in Sachsen” (Drs 7/14305) angehört. Und die begrüßten diesen eigentlich sogar sehr späten Gesetzvorstoß mehrheitlich.

„Die Wohnungssuche wird vor allem in Leipzig und Dresden mittlerweile oft zur Herausforderung. Immer mehr Menschen haben große Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Dieser Effekt wird noch verstärkt, wenn in einzelnen Stadtteilen sehr viele Wohnungen dem regulären Mietmarkt entzogen sind – zum Beispiel als Ferienwohnungen oder Spekulationsobjekte. Dieses Problem gehen wir als Koalition nun an“, sagte Thomas Löser, Sprecher für Bauen und Wohnen der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag, nach der Sitzung.

„Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum ist ein weiterer von vielen kleinen Bausteinen, den Mietmarkt zu entlasten. Ich bin froh, dass wir unsere Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag nun endlich umsetzen.”

Ein Schritt in die richtige Richtung

Die Anhörung zeigte dann auch aus seiner Sicht, dass fast alle Sachverständigen die Einführung eines Zweckentfremdungsverbotes stark befürworten. So begrüßte Axel Klein, Hauptgeschäftsführer der DEHOGA Sachsen e.V., als Vertreter der Tourismusbranche den Gesetzentwurf. Die Schattenwirtschaft von Airbnb und Co. belebe zwar durchaus das Geschäft, allerdings stünde der Verband für eine Gleichbehandlung aller Anbieter, beispielsweise in Steuerfragen.

Die Mietervereine aus Sachsen und Berlin verdeutlichten ebenso wie die Sachverständigen der Stadt Leipzig und des Sächsischen Städte- und Gemeindetags in ihren Ausführungen, dass andere Bundesländer noch weitgehendere Regelungen hätten. Eine breitere landesrechtliche Grundlage würde den Städten beispielsweise die Möglichkeit bieten, passgenauere Ortssatzungen einzuführen.

„Wir haben in intensiven Beratungen innerhalb der Koalition einen Kompromiss erzielen können. Wir sehen den vorliegenden Entwurf deshalb als ersten Schritt in die richtige Richtung“, ging Thomas Löser auf die noch vorhandenen Grenzen des Gesetzentwurfes ein.

„Vor allem war uns wichtig, dass auch der spekulative Leerstand von Wohnraum im Neubausegment nun genauer unter die Lupe genommen werden kann. Ein Drittel der sächsischen Bevölkerung lebt in den großen Ballungsgebieten. Wir setzen uns dafür ein, dass die Verdrängung von Mieterinnen und Mietern in angespannten Wohnungsmärkten wie Leipzig und Dresden wirksam eingedämmt wird. ‘Zieht doch um, wenn es Euch zu teuer ist’ kann dafür keine Lösung sein.“

Kritik aus der Opposition

Deutlich kritischer sieht natürlich die Linksfraktion im Sächsischen Landtag das neue Gesetz. Denn nachdem im Mai 2022 ein sehr ähnlicher Gesetzentwurf der Linksfraktion angehört worden war (Drucksache 7/8495), stand nun – als hätte es den Linke-Vorstoß gar nicht gegeben – der Koalitions-Entwurf für ein „Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ auf der Tagesordnung (Drucksache 7/14305). Und wieder wurde wertvolle Zeit vertan.

„Die Koalition hat viele weitere Monate vertrödelt, in denen das Angebot an Wohnraum in Sachsen hätte vergrößert werden können. Der Landtag hätte im Juli 2022 unseren Entwurf beschließen können – nun steht derselbe Sachverhalt erneut zur Debatte“, sagte die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Juliane Nagel.

„Verzögerungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Wohnungspolitik der Koalitionsfraktionen. Schon die Mietpreisbremse trat verspätet in Kraft, die Überarbeitung der Förderrichtlinie zur Schaffung von Sozialwohnungen steht aus. Den Schaden haben die Miethaushalte.“

Der besprochene Gesetzentwurf sieht nun vor, dass in Gebieten mit Wohnraummangel Zweckentfremdung durch touristische Vermietung und mehr als zwölfmonatigen Leerstand verboten oder eingeschränkt werden kann.

„In unserem Gesetz hatten wir einen Leerstand von Wohnraum für über sechs Monate zugrunde gelegt, zwölf Monate erschienen auch der Vertretung von Kommunen und Miethaushalten viel zu lang“, kritisiert Nagel. „Nichtsdestotrotz ist es wichtig, den Kommunen dieses Instrument endlich an die Hand zu geben. Mit einem eigenen Änderungsantrag schlagen wir vor, die Veränderung oder Verwahrlosung von Wohnraum, dessen Abbruch oder auch die Umwandlung in Gewerberäume als Zweckentfremdungs-Tatbestände aufzunehmen. Dafür gab es von einem großen Teil der Expertinnen und Experten großen Zuspruch.“

Die Not der großen Städte

Die Stadträte von Dresden und Leipzig haben längst beschlossen, dass das Land das Verbot von Zweckentfremdung regeln möge. Seit fünf Jahren fordern die beiden Städte die Staatsregierung immer wieder dazu auf, ihnen dieses Instrument in die Hand zu geben. In Leipzig wurden laut einer Untersuchung im Jahr 2019 rund 600 Wohnungen dauerhaft als Ferienwohnungen genutzt. Rund 8.400 wurden gewerblich verwendet – beispielsweise als Kanzleien oder Büros – und etwa 12.000 Wohnungen standen leer.

In Dresden wurden laut einer Studie 2019 bis zu 1.300 Wohnungen als Ferienwohnungen zweckentfremdet, mit ebenfalls steigender Tendenz. Mindestens 5.000 Wohnungen stünden darüber hinaus über einen längeren Zeitraum hinaus leer, 3.820 seien gewerblich genutzt. Untersuchungen des DIW kamen indes zu dem Ergebnis, dass in Berliner Bezirken mit einem hohen Anteil an airbnb-Ferienwohnungen die Mietpreise auch in den benachbarten Wohnungen stiegen.

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Das Gesetz durchzubringen ist das eine, das wäre schon mal etwas. Das Gesetz durchzusetzen ist dann die weitaus größere Herausforderung. Ich glaube nicht, dass diese Gesetz – so es kommt – für sich alleine viel erreichen wird.

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