Geflüchtete werden in Sachsen „solide“ untergebracht, es gibt aber noch „Luft nach oben“. Das ist aus Sicht des sächsischen Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth (CDU) die zentrale Erkenntnis des heute vorgestellten „Heim-TÜV“. Linke und Grüne begrüßen, dass erstmals die Perspektive der Betroffenen selbst im Mittelpunkt steht.

Diese seien mit ihrer Situation insgesamt sehr zufrieden, sofern sie in eigenen Wohnungen leben, urteilen Rebecca Renatus und Anja Obermüller vom Dresdner Forschungswerk. Sie führten im Auftrag des Freistaates Gespräche mit 43 Personen, die jeweils ein bis zwei Stunden dauerten.

Darin zeigte sich auch, dass die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften als „akzeptable Zwischenlösung wahrgenommen“ werde. Je mehr Privatraum die untergebrachten Personen hätten, desto zufriedener seien sie und desto weniger Konflikte mit anderen Bewohner*innen gebe es. Letzteres geschehe vor allem in Massenunterkünften mit überwiegend alleinstehenden Männern.

Bessere Ausgangsbedingungen in kleineren Unterkünften

„Kleinere Unterkünfte mit maximal 80 Bewohnern begünstigen eine intensivere Vernetzung der Bewohner untereinander“, so die Studie. „Zudem zeigen sich hier tendenziell bessere Ausgangsbedingungen in Bezug auf die Freizeitgestaltung.“ Am wichtigsten für die Zufriedenheit sei allerdings der Aufenthaltsstatus der Betroffenen. Bezüglich Spracherwerb und Zugang zum Arbeitsmarkt gebe es deutlichen Verbesserungsbedarf.

Eine zweite Studie beschäftigte sich mit der Situation in den zwölf Aufnahmeeinrichtungen des Freistaates aus Sicht von Einrichtungsleiter*innen und Sozialarbeiter*innen sowie auf Grundlage eigener Beobachtungen bei Begehungen der Einrichtungen.

Insgesamt sei die Situation „nicht besorgniserregend“. Es gebe „akzeptable Grundbedingungen“ und „sehr viel guten Willen“ bei den verantwortlichen Personen, unter schwierigen Bedingungen eine vernünftige Unterbringung zu gewährleisten.

Kritik an Gebäudezuständen und Personalsituation

Kritik gibt es dennoch zur Genüge: Viele Einrichtungen seien renovierungsbedürftig, die Privatsphäre sei häufig eingeschränkt, in manchen Einrichtungen sie die Personalsituation bei der Sozialarbeit ungenügend und häufig mangele es an qualifiziertem Personal für psychologische Betreuung.

Petra Čagalj Sejdi, asylpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im sächsischen Landtag, begrüßte die detaillierte Untersuchung der Situation in den Aufnahmeeinrichtungen. Wichtig sei ihr vor allem die Perspektive der Bewohner*innen und die Erkenntnis, dass dezentrale Unterbringung „die beste Lösung“ sei.

Auch Juliane Nagel aus der Linksfraktion zeigte sich zufrieden damit, dass mit der Betroffenenperspektive nun eine „Lücke geschlossen“ werde. „Die Befunde sind wenig überraschend: Die Betroffenen wünschen sich mehr Privatsphäre und Lebensperspektiven.“

Aus Sicht von Nagel bestätigt der „Heim-TÜV“ viele Forderungen von Linken und zivilgesellschaftlichen Initiativen. Nötig seien nun „verbindliche Mindeststandards, Kontrollinstrumente und ein Qualitätsmanagement“.

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