Wer immer wieder Politiker der Reichen zu Finanzministern im Bund wählt, der muss sich nicht wundern, dass die Umverteilung des Reichtums immer mehr Fahrt aufnimmt – nämlich von unten nach oben. Und dass Bund und Länder immer weiter in Schulden und Sparprogramme hineinfahren und neue Löcher in den Haushalten aufklaffen.
Denn genau das passiert wieder ein Jahr nach der jüngsten Steuerreform von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Auch Sachsen muss bluten.
Auch wenn Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann über Staatsfinanzen ganz ähnlich denkt wie Lindner.
Denn praktisch die kompletten Mindereinnahmen von 30 Milliarden Euro, die Lindner erwartet, gehen auf seine Steuerreform von 2022 zurück. Das Ministerium formuliert das so: „Dies ist maßgeblich auf die erwarteten Wirkungen des Jahressteuergesetzes 2022 und des Inflationsausgleichsgesetzes zurückzuführen. Insgesamt betragen die Steuerrechtsänderungen im Schätzzeitraum jährlich rund 34 Mrd. Euro.“
Ein Geschenk für die Gutverdiener
Dass diese massive Steuererleichterung fast nur hohen Einkommen zugutekommt, bringt Mark Schieritz in der „Zeit“ so auf den Punkt: „Schließlich profitieren von den beschlossenen Steuerentlastungen vor allem die Gutverdiener. Und für 30 beziehungsweise 34 Milliarden Euro könnte man ziemlich viele Haubitzen kaufen. Oder eine ganze Menge Wohnungen bauen.“
Dass der Finanzminister die Steuereinnahmen derart drastisch senkt, ist wie eine gelinde Erpressung den Koalitionspartnern gegenüber. Denn statt über Mehrausgaben – etwa für Wohnen und Energiewende – nachzudenken, zwingt er sie nun, über harte Einschnitte nachzudenken. Er macht die Bundesrepublik tatsächlich zu einem armen Land. Während der Reichtum der Besitzenden weiter wächst.
Wobei Lindners Verweis auf den Abbau der Kalten Progression eine Fiktion ist. Denn die ist – anders, als es neoliberale Politiker immer behaupten – nicht das Ergebnis ungerechter Steuerbelastung der mittleren Einkommensgruppen, sondern Ergebnis der Tatsache, dass der Spitzensteuersatz immer weiter gesenkt wurde und im Verlauf der Zeit auch nicht an die steigenden Einkommen angepasst wurde. So schienen dann die mittleren Einkommen unter einem ungerechten „Steuerbauch“ zu leiden, während die hohen Einkommen sich über letztlich sinkende Steuerbelastung freuten.
Logisch, dass Fachleute in dieser Situation eher Steuererhöhungen (für hohe Einkommen) ins Spiel gebracht haben. Aber das ist just die Klientel, die von der Finanzpolitik der FDP profitiert.
Warnungen ignoriert
Schon im vergangenen Sommer gab es heftige und professionelle Kritik an Lindners Steuerplänen. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, bezeichnete die Pläne in den tagesthemen als „sehr unausgewogen“: „70 Prozent davon kommen den 30 Prozent mit den höchsten Einkommen zugute“, kritisierte er. „Menschen mit geringen Einkommen, die keine oder wenig Einkommensteuer zahlen, bekommen praktisch gar nichts davon.“
Und auch der Deutsche Städtetag warnte laut tagesschau vor „Steuerausfällen in Milliardenhöhe und forderte einen Ausgleich für Kommunen. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte der Nachrichtenagentur dpa, mit Lindners Plänen gegen die kalte Progression seien auch Steuerausfälle für die Kommunen von rund 4,2 Milliarden Euro in den Jahren 2023 und 2024 verbunden.“
Sachsen büßt 617 Millionen Euro ein
Und das schlägt jetzt auch auf den sächsischen Haushalt durch.
Im Ergebnis der Mai-Steuerschätzung kann der sächsische Staatshaushalt in den Jahren 2023 und 2024 nur noch mit Steuereinnahmen von rund 18,4 Milliarden bzw. 19,3 Milliarden Euro rechnen. Gegenüber den Ansätzen im aktuellen Doppelhaushalt der Jahre 2023/2024 bedeutet dies ein Minus, das sich über beide Jahre auf 617 Millionen Euro summiert, teilt das Sächsische Finanzministerium mit. Auch ab dem Jahr 2025 werden nach den bisherigen Prognosen weniger Einnahmen für den Freistaat erwartet.
Da fühlt sich dann Finanzminister Hartmut Vorjohann geradezu bestätigt in seiner bisher schon geübten Schwarzmalerei.
„Trotz der anhaltend hohen Inflation fällt die Steuerschätzung deutlich schlechter aus. Immer neue Mehreinnahmen sind ebenso wenig eine Selbstverständlichkeit wie es Überschüsse im Haushaltsvollzug sind. Das geringere Schätzergebnis wird durch den Blick in die Staatskasse bestätigt. Dort ist das Minus bei den Steuereinnahmen derzeit noch größer, auch wegen hoher Rückzahlungen für das Jahr 2022 im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs“, lässt sich der Minister zitieren.
„Der Haushaltsvollzug des Jahres 2023 steht damit vor großen Herausforderungen. Falls sich im weiteren Jahresverlauf zusätzliche Belastungen bei den Einnahmen oder Ausgaben abzeichnen, schließe ich Bewirtschaftungsmaßnahmen nicht aus. Alle öffentlichen Haushalte müssen mit der großen Herausforderung umgehen, nur das ausgeben zu können, was im Rahmen der eigenen Verhältnisse dauerhaft realistisch finanzierbar ist.“
Auch weniger für die Kommunen
Auch die sächsischen Kommunen müssen im Ergebnis der Mai-Steuerschätzung mit geringeren Einnahmen rechnen. Für die Jahre 2023 und 2024 belaufen sich die erwarteten Steuereinnahmen auf rund 4,4 Milliarden bzw. 4,6 Milliarden Euro, in Summe sind dies 168 Millionen Euro weniger für die Kommunen als bisher geschätzt.
Wobei Finanzminister Hartmut Vorjohann in diesem Fall sogar abwiegelt: „Die prognostizierten Mindereinnahmen treffen auf einen deutlich gestärkten kommunalen Finanzausgleich. Aufgrund der jetzt geschätzten Einnahmen und der Schlüsselzuweisungen des Freistaates Sachsen verfügen die sächsischen Kommunen im Jahr 2023 über ein Plus von 420 Millionen Euro und im Jahr 2024 über 750 Millionen Euro gegenüber dem Jahr 2022. Damit zeigt sich einmal mehr die Stabilität des sächsischen Finanzausgleichs zwischen dem Freistaat und den Kommunen.“
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