Immer wieder drängt es den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) in Talkshows, wo er immer wieder dieselben Forderungen aufstellt. Zu denen gehört auch das Festhalten am Kohleausstieg 2038 – ja nicht früher. Obwohl die geplanten Kohleabbaumengen um ein Vielfaches über dem liegen, was zur Einhaltung der deutschen Klimaziele noch drin ist. Das belegt jetzt auch eine Studie im Auftrag von FFF.

Diese am Donnerstag, dem 27. April, vorgestellte Studie von Wissenschaftler/-innen der Europa-Universität Flensburg (EUF) und dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt, dass die CO₂-Emissionen des Lausitzer Braunkohlereviers auf maximal 205 Millionen Tonnen beschränkt werden müssen. Denn was die LEAG da laut Braunkohleplan noch bis 2038 abbaggern will, liegt völlig jenseits der deutschen Klimaziele.

Um innerhalb des deutschen 1,5-Grad-Budgets zu bleiben, reicht es nicht aus, alle Kohlekraftwerke in der Lausitz 2030 abzuschalten. Zusätzlich müssten die laufenden Kraftwerke vorher deutlich gedrosselt werden, stellt die Studie fest.

Fridays for Future fordert die Bundes- und Landesregierungen deshalb auf, einen klima- und sozialgerechten Kohleausstieg in Ostdeutschland zu erwirken.

„Wir brauchen eine Zukunft bei uns. Deshalb fordern wir, dass die Regierung, statt einer Technologie von Vorgestern hinterherzulaufen, endlich Perspektiven für uns in der Lausitz schafft – das geht nur mit Erneuerbaren und zukunftssicheren Arbeitsplätzen“, sagt die Schülerin Kiara Heizmann von Fridays for Future Görlitz.

„Wenn Olaf Scholz wirklich Respekt vor den Menschen in der Lausitz hätte, dann würde er jetzt nicht aus Sorge vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg so tun, als gäbe es das Thema Kohleausstieg im Osten nicht. Was es braucht, wäre endlich Ehrlichkeit zu uns. Auch die Menschen in der Lausitz wissen, dass der Wandel kommt.

Hört auf, euch vor Gesprächen darüber zu drücken und so tun, als könnte alles für immer so bleiben, wenn man lange genug wegschaut.“

Es geht nicht um den Ausstiegstermin, sondern um die CO₂-Menge

Der Studienautor und Professor für Nachhaltige Energiewende Ökonomie, Dr. Pao-Yu Oei erklärt: „Das Klima interessiert sich nicht für Jahreszahlen, sondern für die emittierte Menge CO₂. Ein Kohleausstieg bis 2030 wäre zwar ein erster wichtiger Schritt, aber nicht ausreichend, um die bis dahin entstehenden Emissionen auf das verbleibende 1.5-Grad-Budget zu senken.

Damit Deutschland seine internationalen Verpflichtungen einhalten kann, muss die Auslastung der Braunkohlekraftwerke bereits in den 20er Jahren stark gedrosselt werden. Die Energiesicherheit wird dadurch nicht gefährdet.“

Fridays for Future kündigt gemeinsam mit Greenpeace, dem BUND und weiteren Gruppen für den 7. Mai eine Demonstration am Tagebau Nochten in der Lausitz an.

Der Grund dafür ist, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wie in NRW auch in Ostdeutschland mit der LEAG über einen Kohleausstieg bis 2030 verhandelt. Ein Anliegen, bei dem er von seinem Parteifreund und Sachsens Umweltminister Wolfram Günther unterstützt wird.

Aber allein schon die Jahreszahl 2030 ist für Ministerpräsident Michael Kretschmer ein rotes Tuch. Statt den energetischen Umbau Sachsens voranzutreiben, versucht er ein Ende des Kohleabbaus vor 2038 zu verhindern und versucht das in jeder nur möglichen Talkshow zu verkünden.

Kohlestrom wird bald unbezahlbar

Obwohl selbst die Kohlekonzerne wissen, dass sie bis 2030 überhaupt nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Der Grund sind die EU-weiten Verschmutzungsrechte, die 2024 ein weiteres Mal verknappt werden und damit auch die Kohleverstromung noch teurer machen.

Der „Spiegel“ schreibt zu der entsprechenden Meldung: „Die Rechte wurden ohnehin jährlich gekürzt, jetzt wurde dies beschleunigt. Der Preis für den Ausstoß von einer Tonne CO₂ liegt inzwischen bei mehr als 85 Euro. Vor drei Jahren lag er noch unter 20 Euro.“

Diese Emissionsrechte kommen als Preis auf den mit Kohle produzierten Strompreis obendrauf, was im Ergebnis jetzt schon dazu führt, dass Kohlestrom gegen Wind- und Solarstrom überhaupt nicht wettbewerbsfähig ist und bei wachsender Stromproduktion aus Wind und Solar immer öfter Kohlemeiler heruntergefahren werden müssen oder gar zeitweilig ganz stillgelegt werden. Zusätzlich zu den schon zur Abschaltung stehenden Kraftwerken.

Indem Kretschmer gerade in der Lausitz immer wieder erzählt, ohne Kohle würde der Landstrich wirtschaftlich in die Knie gehen, schürt er Ängste und Vorurteile. Statt den Beschäftigten in der Lausitz tatsächlich neue Perspektiven in neuen Wirtschaftszweigen – auch denen der Alternativen Energien – zu geben, suggeriert er den Menschen, auf Kohle könnte das Land auf Jahre hinaus nicht verzichten.

Doch schon am 14. April veröffentlichte der BUND eine Studie, nach welcher der Kohleausstieg in Sachsen bis 2030 problemlos machbar wäre. Er muss nur gestaltet werden und nicht von Politikern, die die Zahlen ignorieren, immerfort gebremst.

Die von Fridays for Future beauftragte Studie findet man hier.

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