In Sachsen passt vieles nicht zusammen. Da jammern dieselben Politiker darüber, dass Sachsen zunehmend die Fachkräfte ausgehen, die gleichzeitig über die Bundesregierung schimpfen, sie würde Menschen nicht konsequent genug abschieben. Immer wieder werden in Sachsen Menschen mitten aus der Arbeit gerissen und zum Flugzeug verfrachtet, die längst integriert sind. Sachsens aktueller Innenminister gibt sich dabei besonders gnadenlos.
Viermal hat der sächsische Innenminister im letzten Jahr die Ersuchen der Härtefallkommission abgelehnt, ein Bleiberecht für vollziehbar ausreisepflichtige Menschen auszusprechen. Die asylpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Juliane Nagel, hatte entsprechende Anfragen im Landtag eingereicht, durch die die Zahlen für die Jahre 2021 und 2022 nun öffentlich zugänglich sind.
Lediglich 21 Fälle wurden im Jahr 2022 positiv beschieden, für 25 hatte die Kommission den Innenminister ersucht. Im Jahr 2021 hatte das Innenministerium noch in 41 Fällen der Expertise der Kommission stattgegeben und ein Ersuchen abgelehnt, im Jahr 2020 hatte die Zahl der Ablehnungen des SMI einen negativen Höhepunkt erreicht.
„Die Fälle, bei denen sich die Härtefallkommission für ein Bleiberecht ausspricht, sind stark rückläufig. Deshalb ist es umso wichtiger, dass der Innenminister als letzte Instanz nicht blockiert, sondern ermöglicht“, findet Juliane Nagel.
„Es ist nicht nachvollziehbar, warum er nicht auf das Urteil der versierten, ehrenamtlich tätigen Mitglieder der Kommission vertraut, in der eine Vielzahl an staatlichen und kommunalen Vertreter/-innen sitzt.“
Das Sonderrecht des Innenministers
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Seit dem 25. April 2022 hat Armin Schuster das Amt des Innenministers inne – ein Großteil der Ablehnungen geht damit auf sein Konto. Damit übertrifft er die Zahl der Ablehnungen seines Amtsvorgängers Roland Wöller aus dem Jahr 2021 um ein Vielfaches. Die bislang unübertroffen schlechte Quote von fünf Ablehnungen aus dem Jahr 2020 wird so fast wieder erreicht.
„Die Härtefallkommissionsverordnung benötigt dringend eine verbindliche Regelung, mit der das Innenministerium in die Schranken gewiesen werden kann“, betont Juliane Nagel. „Das Mindeste wären ein Anhörungsrecht der Kommission und eine Verpflichtung zur Begründung von abweichenden Entscheidungen des Innenministeriums. Ablehnungsgründe, die die Härtefallkommission schon geprüft hat, dürfen in der finalen Entscheidung des Innenministers keine Rolle mehr spielen.“
In Sachsen besteht die Härtefallkommission aus neun Mitgliedern, die von den Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Nichtregierungsorganisationen und staatlichen Stellen entsandt werden. Den Vorsitz führt der Sächsische Ausländerbeauftragte. Die Mitglieder können Anträge bei der Geschäftsstelle der Härtefallkommission beim Sächsischen Ausländerbeauftragten stellen. Der Ausländerbeauftragte entscheidet über die Annahme.
Nach spätestens drei Monaten berät die Kommission und entscheidet mit einer 2/3-Mehrheit. Wenn eine solche zustande kommt, wird der Innenminister ersucht, ein Bleiberecht auszustellen. Theoretisch kann er dem Ersuchen auch die Stattgabe verweigern. Angesichts dessen, dass in Sachsen nur eine 2/3-Mehrheit für das Ersuchen genügt und somit auch staatliche Mitglieder zugestimmt haben müssen, sollte die Stattgabe lediglich eine Formalie sein, findet die Landtagsabgeordnete der Linken.
„Eine bundesweite Öffentlichkeit erreichte derweil der Fall der Familie Pham/Nguyen, der jedoch schon am Votum der Härtefallkommission scheiterte. Auch wenn die Kommission in der Realität immer weniger Fälle über die Jahre abgelehnt hat – 2022 waren es nur noch zwei Fälle – zeigt der Fall der Familie aus Chemnitz, dass die Härtefallkommission eine hohe Hürde ist“, stellt Juliane Nagel fest.
„Der Innenminister darf die Latte nicht noch höher hängen, als dass es die Kommission schon tut. Die niedrige Zahl an Ersuchen, die die Kommission an das Ministerium richtet, spricht dafür, dass die Mitglieder inzwischen genau wissen, welche Fallkonstellationen Aussicht auf Erfolg haben und welche nicht.“
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