Es ist eine besondere, aber nicht minder gefährliche Spielart des rechtsextremen Denkens, welche die Existenz der Bundesrepublik einfach bestreitet und ihre staatlichen Instanzen ignoriert. Doch dass diese sogenannten „Reichsbürger“ ganz und gar keine friedlichen Spinner sind, ist spätestens nach der Razzia gegen die „Reichsbürger“-Gruppe um Prinz Reuß offenkundig, die den Umsturz plante.
Diese Gruppe aber ist kein Einzelfall. Denn die „Social Media“ haben in den vergangenen Jahren nicht nur das abstruse Denken der Leute befördert, die glauben, dass frühere Formen des Deutschen Reiches immer noch rechtsgültig sind, sondern sie haben diese Leute auch vernetzt. Und sie haben etliche dazu gebracht, ihre seltsamen Vorstellungen auch mit Plänen und Waffenhorten zu untersetzen. Und sogar den gewaltsamen Umsturz zu planen.
Dass etliche Akteure aus dieser Szene auch in den rechtsextremen Netzwerken Sachsens bestens verwurzelt sind, ist auch bekannt. Und je länger diese Netzwerke ungestört agieren können, umso mehr wächst die Zahl der Leute, die auch für den Verfassungsschutz sichtbar werden.
Etliche Straftaten mit Bezug zur Szene
Und so musste Sachsens Innenministerium jetzt die Zahl sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter im Freistaat drastisch nach oben korrigieren: Der Szene werden „derzeit ca. 2.500 Personen“ zugerechnet, wie jetzt bei der Beantwortung der neuesten Kleinen Anfrage von Kerstin Köditz, Sprecherin der Linksfraktion für Antifaschistische Politik, zu diesem Thema mitgeteilt wurde (Drucksache 7/11892).
„Ende 2020 war noch von 1.050, Ende 2021 von 1.900 Personen die Rede“, stellt Kerstin Köditz nun fest. „Das ist mehr als eine Verdopplung in kurzer Zeit – und der höchste Wert, seitdem dieses Spektrum Ende 2016 unter Verfassungsschutz-Beobachtung gestellt wurde. Während die Polizei noch keine frischen Daten hat (,voraussichtlich im Frühjahr‘), zeigen aktuelle Angaben des Justizministeriums das Ausmaß (Drucksache 7/11911). So stellten sächsische Staatsanwaltschaften im vergangenen Jahr bei 589 Ermittlungsverfahren einen Reichsbürger-Bezug fest. Dieser Wert steigt bereits seit Jahren an.“
Dass etliche dieser selbsternannten Reichsbürger ihre seltsame Weltsicht als Tarnung benutzen, um letztlich völlig egoistische Interessen zu verfolgen, wird deutlicher, wenn man dann genauer auf die erfassten Straftaten schaut.
„Die neuesten Verfahren spielen häufig im Bereich der Allgemeinkriminalität, aufgelistet werden 85 verschiedene Straftatbestände. Besonders häufig: Nötigung (133), Fahren ohne Fahrerlaubnis und Beleidigung (je 33), Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (28), Bedrohung (24) und Betrug (je 24)“, zählt Kerstin Köditz auf.
„Hinzu kommen etliche Körperverletzungen, Verstöße gegen das Waffen- und das Betäubungsmittelgesetz sowie einzelne Fälle von Geldwäsche, Erpressungen, Freiheitsberaubungen und Brandstiftung.“
Kraftprobe auch für die Justiz
Und damit sorgen diese Leute letztlich dafür, dass die ohnehin schon überlastete Justiz zusätzlich belastet wird.
„Auch für die Gerichte im Freistaat bedeutet das einen großen Aufwand“, so Kerstin Köditz. „Wegen befürchteter Störungen durch Reichsbürger-Anhänger wurden im vergangenen Jahr für dutzende Verhandlungstermine spezielle Sicherheitsvorkehrungen getroffen, etwa verschärfte Einlasskontrollen – eine bereits seit längerem gängige Praxis. Die zuständigen Behörden dürfen die Reichsbürgerszene in ihrer Gefahr nicht länger sträflich unterschätzen!“
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