„In Sachsen wird die Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenem Mietwohnraum, sogenannten Sozialwohnungen, künftig mit deutlich höheren Zuschüssen unterstützt“, meldet das sächsische Regionalministerium. Dazu hat das Regierungskabinett am Dienstag, 17. Januar, die Änderung der Förderrichtlinie gebundener Mietwohnraum beschlossen. Zu spät und zu zaghaft.

Auch wenn sich Thomas Löser, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, überhaupt darüber freut, dass sich die Staatsregierung endlich bewegt hat.

„Der soziale Wohnungsbau darf gerade in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten nicht zum Erliegen kommen. Denn mit einem wachsenden Kreis an Anspruchsberechtigten sind wir als Freistaat in der Pflicht, mehr Sozialwohnungen bereitzustellen“, sagte er nach dem Beschluss im Regierungskabinett.

„Doch einige Träger haben aufgrund der Teuerung im Baugewerbe zuletzt bereits die Reißleine gezogen und Projekte auf Eis gelegt. Wir BÜNDNISGRÜNE haben deshalb schon länger auf die Notwendigkeit einer Anhebung des Fördersatzes hingewiesen. Es ist gut, dass die Staatsregierung das jetzt umsetzt.“

Doch die Staatsregierung hängt hinterher. Denn in den letzten Jahren sind die Baukosten massiv gestiegen. So stark, dass die Fördergelder des Freistaats die Differenz zwischen Baukosten und gewünschtem Vermietungspreis nicht mehr auffingen. Also sagten die Bauträger wichtige Bauprojekte ab.

Die Botschaft ist jetzt endlich auch in der Staatsregierung angekommen.

Weiter auf knappem Niveau

„Die extremen Bau- und Kreditpreissteigerungen behindern den Bau von Sozialwohnungen zunehmend. Darum haben wir heute die Höhe der maximalen Förderung um 26 Prozent angehoben. Dies entspricht den aktuellen Baupreissteigerungen“, erklärte am Dienstag Staatsminister Thomas Schmidt, dessen Ministerium für die Verteilung der Gelder zuständig ist.

„Der höhere Zuschuss soll Investoren Anreize geben, auch in Zukunft unser Förderprogramm in Anspruch zu nehmen, um einkommensschwachen Haushalten Wohnraum mit sozialverträglichen Mieten anbieten zu können.“

Über die Förderrichtlinie gebundener Mietwohnraum unterstützt der Freistaat den Neubau oder die Sanierung von Wohnraum zur Vermietung an einkommensschwache Haushalte. So konnten seit 2017 in den Städten Dresden und Leipzig 2.593 neue Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung gefördert werden. Diese Sozialwohnungen wurden bzw. werden nach und nach bezugsfertig.

Freilich viel zu wenige. Gebaut werden kann tatsächlich nur ein Drittel des Bedarfs.

Was sich jetzt ändern soll

Mit der beschlossenen Änderung der Förderrichtlinie reagiert der Freistaat auf die geänderten Marktbedingungen, die derzeit für sehr große Zurückhaltung der Wohnungsbauunternehmen bei Investitionen sorgen. Um die stark gestiegenen Kosten ausgleichen zu können, wird der Fördersatz von bislang 35 Prozent auf 40 Prozent angehoben.

Noch stärker wird der maximale Zuschuss je Quadratmeter erhöht, von 3,80 Euro auf 4,80 Euro pro Quadratmeter, so das Regionalministerium. Das heißt, die Zuwendung beträgt künftig in der Regel 40 Prozent, maximal 4,80 Euro pro Quadratmeter und Monat. Um diesen Betrag verringert sich dann die Miete für die Sozialwohnung gemessen an der durchschnittlichen Miete vergleichbarer Wohnungen auf dem freien Markt.

Die nach der Förderrichtlinie gebundener Mietwohnraum neu geschaffenen oder modernisierten Mietwohnungen sind belegungsgebunden. Das heißt, sie dürfen nur an Haushalte mit geringen Einkommen vermietet werden, die im Besitz eines Wohnberechtigungsscheines sind. Maßgeblich ist hierbei ein um bestimmte Frei- und Abzugsbeträge bereinigtes Gesamteinkommen des Haushalts.

Diese Einkommensgrenzen wurden im März 2021 durch die Änderung der Sächsischen Einkommensgrenzen-Verordnung angehoben. Danach kann eine geförderte Mietwohnung beziehen, wer als alleinstehende Person ein Jahreseinkommen von unter 16.800 Euro bezieht. Im Normalfall entspricht dies ungefähr einem Bruttoeinkommen von 25.000 Euro.

Für Alleinstehende mit drei Kindern belaufen sich die Werte auf 38.780 Euro bzw. etwa 56.400 Euro brutto. Bei einem Ehepaar mit einem Kind liegen sie bei 31.640 Euro bzw. etwa 47.200 Euro brutto.

„Für die soziale Wohnraumförderung nach der Förderrichtlinie gebundener Mietwohnraum sind nach dem aktuellen Haushalt in diesem und im kommenden Jahr Bewilligungen von mehr als 170 Millionen Euro möglich“, erläutert Thomas Schmidt. „Damit kann der Freistaat weitere wichtige Impulse zur Beruhigung der angespannten Wohnungsmärkte in Dresden und Leipzig geben.“

Aber eben nur Impulse. Denn auch die neue Zielmiete liegt deutlich höher als die bislang eher üblichen 5 Euro je Quadratmeter, die in Leipzig für die Kosten der Unterkunft berechnet wurden.

Über die Förderrichtlinie gebundener Mietraum wird derzeit der Bau von Sozialwohnungen in Dresden und Leipzig unterstützt. Ansprechpartner für potenzielle Bauherren ist die jeweilige Stadtverwaltung. Die Änderung der Förderrichtlinie tritt voraussichtlich Mitte Februar 2023 in Kraft, am Tag nach der Verkündung im Sächsischen Amtsblatt.

Warum es trotzdem teurer wird

Die Förderung setzt an der Neuvertragsmiete an, die mit der Wohnung erzielt werden könnte, so das Regionalministerium. Der Eigentümer darf für die Dauer der Belegungsbindung die Wohnung nur an Besitzer eines Wohnberechtigungsscheines vermieten und maximal eine um den Förderbetrag je Quadratmeter reduzierte Miete verlangen.

Diue Mietbelastung verschiedener Bevölkerungsgruppen. Grafik: Stadt Leipzig, Sozialreport 2022
Die Mietbelastung verschiedener Bevölkerungsgruppen. Grafik: Stadt Leipzig, Sozialreport 2022

Das berechnet sich ausgehend von einer Angebotsmiete von 11,50 Euro/Quadratmeter, wie sie derzeit für Neubauwohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt üblich ist, so:

Bisher galt: 11,50 Euro/Quadratmeter x 35 Prozent (Fördersatz) = 4,03 Euro/Quadratmeter. Die maximale Förderhöhe (Deckel) beträgt jedoch nur 3,80 Euro/Quadratmeter. Daraus ergibt sich für die Mieter ein Preis von 7,70 Euro/Quadratmeter (11,50 Euro – 3,80 Euro), was sehr hoch für Sozialwohnungen ist. Die Höhe der Förderung für den Bauherrn bei einer Wohnungsgröße von 50 Quadratmetern und einer Belegungsbindung von 15 Jahren beträgt 34.200 Euro.

Mit der Änderung rechnet es sich so: 11,50 Euro/Quadratmeter x 40 Prozent (Fördersatz) = 4,60 Euro/ Quadratmeter (< maximaler Zuschuss i. H. v. 4,80 Euro/Quadratmeter). Daraus ergibt sich die reduzierte Sozialmiete in Höhe von 6,90 Euro/Quadratmeter (11,50 Euro – 4,60 Euro). Die Höhe der Förderung, die der Bauherr erhält, erhöht sich analog auf 41.400 Euro.

Sind 6,90 Euro noch sozial?

Aber diese 6,90 Euro liegen trotzdem deutlich über den 2021 ermittelten 6,47 Euro je Quadratmeter Durchschnittskaltmiete in Leipzig. Und auch über den bislang als Zielwert festgelegten 6,50 Euro je Quadratmeter. Gerade für Bezieher geringer Einkommen oder gar des Bürgergeldes dürfte eine derartige Mietbelastung trotzdem zu hoch sein. Sie gehören schon jetzt zu der Bevölkerungsgruppe, deren Mietbelastung deutlich über 30 Prozent liegt.

Weitere Sozialwohnungen außerhalb der Städte Dresden und Leipzig werden in Sachsen über die Richtlinie preisgünstiger Mietwohnraum gefördert.

Und dass auch die von Thomas Schmidt genannten 140 Millionen Euro üppiger klingen, als sie sind, macht Thomas Löser deutlich, wenn er vorrechnet: „Der Freistaat Sachsen erhält in 2023 rund 46 Millionen Euro und in 2024 rund 64,5 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau vom Bund. Diese werden durch Landesmittel ergänzt. Somit stehen im Doppelhaushalt 2023/2024 insgesamt rund 140 Millionen Euro für den Bau und die Sanierung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum zur Verfügung. Zuletzt konnte ein wesentlicher Teil des im Haushalt verfügbaren Geldes für den sozialen Wohnungsbau aber nicht abgerufen werden, da die Fördersätze zu gering und die Bauvorhaben für die Träger somit finanziell nicht umsetzbar waren.“

Es stehen also pro Jahr doch wieder nur 60 bis 70 Millionen Euro für den Sozialwohnungsbau zur Verfügung. Das reicht z.B. in Leipzig lediglich dazu, rund 400 bis 500 Sozialwohnungen zu finanzieren, obwohl 1.300 bis 1.400 pro Jahr gebraucht werden.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar