Von so einem Schock erholt sich auch ein Polizeiapparat nur langsam. Nachdem das Mobile Einsatzkommando (MEK) Dresden nach einer illegalen Schießübung samt Munitionsskandal 2021 aufgelöst wurde, stockt der Neuaufbau noch immer, wie die linke Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz erfuhr. Selbst die ausweichende Antwort des Innenministers erzählt davon, dass man ein echtes Personalfindungsproblem hat.

Die Spezialeinheiten der sächsischen Polizei sind nach wie vor deutlich unterbesetzt. Das liest die Linke-Abgeordnete Kerstin Köditz, zuständig für Innenpolitik in ihrer Fraktion, aus der Beantwortung einer Großen Anfrage der Fraktion Die Linke (Drucksache 7/10323) durch den zuständigen Innenminister Armin Schuster (CDU).

„Das Mobile Einsatzkommando (MEK) Dresden existiert seit inzwischen mehr als anderthalb Jahren nur noch auf dem Papier. Die Einheit mit zuletzt 27 Kräften war Ende März 2021 im Zusammenhang mit einer unerlaubten Schießübung faktisch aufgelöst worden. Das war eine konsequente und richtige Reaktion“, betont Kerstin Köditz.

„Doch seither gelang keine Neubesetzung: Zwar seien ‚intensive Überlegungen zum künftigen Aufbau‘ angestellt worden – doch die führten offenbar bislang zu keinem Ergebnis. Aktuell würden ‚Möglichkeiten zum Neuaufbau‘ erarbeitet, heißt es vage. Demnach sind auch weiterhin nur zwei der drei MEKs (Standorte: Chemnitz und Leipzig) einsatzfähig. Was bleibt, ist eine gravierende Sicherheitslücke.“

Überraschend ist aus ihrer Sicht, dass das in den Haushaltsplanungen keine Rolle spielt. Auch wenn der Minister darauf hinweist, dass der Personalaufbau für die gesamte Polizei weitergeht, nachdem die völlig verpeilte „Polizeireform 2020“ stillschweigend kassiert wurde.

Aber schon vor dem sogenannten Munitionsskandal hatten die Spezialeinheiten ihr Personal-Soll nicht erreicht.

„Und auch bei weiteren Reformvorhaben lässt es das Innenministerium schleifen“, kommentiert Kerstin Köditz.

„Die umfangreichen Empfehlungen für die Polizei, die eine ‚Unabhängige Expertenkommission Spezialeinheiten‘ bereits im Sommer vergangenen Jahres vorgelegt hatte, blieben graue Theorie, eine Umsetzung würde immer noch ‚geprüft‘. Sichtlich wenig tat sich auch bei einem anderen Vorhaben der Koalition zur Modernisierung der sächsischen Polizei. Laut Koalitionsvertrag ist die Erarbeitung eines ‚Leitbilds‘ ein Ziel. Dazu liefen nun, mittlerweile drei Jahre später, ‚die projektbezogenen Vorbereitungen‘. Mit anderen Worten liegt auch dazu bis heute nichts Greifbares vor.“

Erst mal ordentlich prüfen

Wie schwer sich das Innenministerium bei der Neustrukturierung der Spezialeinheiten tut, liest sich in der Antwort des Innenministers so:

„Die ‚Unabhängige Untersuchungskommission Spezialeinheiten‘ hat auf Grundlage ihrer Befunde über 20 Empfehlungen unterbreitet. Sie betreffen im Wesentlichen Veränderungen in der Aufbau- und Ablauforganisation im LKA Sachsen, speziell bei den MEK, sowie Maßnahmen im Hinblick auf das Personal sowohl bei der Landespolizei insgesamt als auch bei den SE.

Zudem wurden die Bereiche Aus- und Fortbildung, Kommunikation nach innen und außen sowie Liegenschaften und Logistik im Sachzusammenhang betrachtet. Die Umsetzbarkeit dieser Empfehlungen im gesamtheitlichen Kontext der polizeilichen Bedarfe in personeller, finanzieller und struktureller Hinsicht wird gegenwärtig geprüft.“

Was zumindest anklingen lässt, dass man schon 2005 bei der Umstrukturierung der Polizei einen Fehler gemacht hat. Denn dazu liest man in der Ministerantwort:

„Nach Auflösung der Polizeipräsidien wurden die MEK im Freistaat Sachsen mit Wirkung zum 1. Januar 2005 in die ausschließliche Verantwortung des LKA Sachsen überführt. Das im Jahr 1991 gegründete SEK wurde zum gleichen Zeitpunkt ebenfalls beim LKA Sachsen organisatorisch angegliedert.“

Ein MEK auf der Piste

Was die Landtagsabgeordnete der Linken etwas aufatmen lässt: „Bei der Prüfung der umfangreichen Vorwürfe gegen Angehörige sächsischer Spezialeinheiten – darunter auch ein verbotenes ‚Aufnahmeritual‘ beim MEK Leipzig mit Verletzten – ergaben sich keine Erkenntnisse zu ‚rechtsextremistisch orientierten Vernetzungen‘ wie etwa dem sogenannten Nordkreuz-Netzwerk. Im Fall des Munitionsskandals wurde inzwischen Anklage gegen drei Beamte erhoben, die Ermittlungen gegen 17 Beschuldigte dauern an.“

Aber das war es ja noch nicht mit der Liste der Grenzüberschreitungen, wie Köditz feststellt:

„Nach dem Auffliegen des Vorgangs war bekannt geworden, dass insgesamt 22 MEK-Beamte Anfang 2019 eine Fake-Fortbildung in Garmisch-Partenkirchen angetreten haben sollen, die in Wirklichkeit ein Wintersport-Urlaub in einem Vier-Sterne-Hotel war. Tatvorwurf: Betrug. Das war womöglich kein Einzelfall, wie sich nun erstmals aus der umfangreichen Fallauflistung (19 Seiten) des SMI ergibt. Demnach hatte es im Februar 2016 schon einmal eine ähnliche Reise gegeben, bei der ‚ausschließlich privater Wintersport und andere touristisch geprägte Aktivitäten‘ im Mittelpunkt standen.“

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