Die sรคchsische CDU verdirbt es sich gerade gewaltig mit den Naturschutzverbรคnden in Sachsen. Am 16. Dezember gab es mal wieder eine Wolfs-Debatte im Sรคchsischen Landtag, die sich wie alle Wolfs-Debatten zuvor im Kreis drehte. Beantragt hatte die aktuelle Debatte die CDU-Fraktion, die die Sache einmal mehr mit Emotionen aufgeladen sah. Doch der NABU Sachsen war von der Diskussion einmal mehr hรถchst irritiert.

โ€žWir haben immer wieder รผber den Wolf im Landtag diskutiert. Die Realitรคt holt uns ein: Die Wolfspopulation in Sachsen wรคchst und wรคchst. Auch die von den Tieren beanspruchten Territorien im Freistaat werden mehr. Sieben Regionen in Sachsen sind laut Landesamt fรผr Umwelt innerhalb eines Jahres hinzugekommen.

Insgesamt leben die Tiere aktuell auf insgesamt 36 Territorien. Bei den Vorkommen handelt es sich um 31 Rudel, vier Paare und ein Einzeltier! Es kommt daher immer hรคufiger zu Angriffen auf Nutztiere und zum Konflikt mit Wรถlfen. Wir kรถnnen die Augen nicht verschlieรŸen und mรผssen diesen Konflikt lรถsenโ€œ, sagte am 16. Dezember der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion, Georg-Ludwig von Breitenbuch.

โ€žViele Landwirte sind verzweifelt und frustriert. Sie fรผhlen sich machtlos und der Situation ausgeliefert. Wir als CDU wollen eine Mitte finden. Niemand hat vor, den Wolf wieder auszurotten. Aber unertrรคgliche Situationen vor Ort mรผssen auch durch gezielte Abschรผsse gelรถst werden kรถnnen. Die Schweiz macht es uns vor, wie man Weidetierhaltung und Wolfsmanagement in Einklang bringt und kein Tabu aus dem Abschuss macht. Das erwarten wir auch fรผr Deutschland.โ€œ

Und auch der landwirtschaftliche Sprecher der CDU-Fraktion Andreas Heinz versuchte einmal mehr, dem Wolf seinen Schutzstatus abzusprechen:

โ€žDer Wolf ist lรคngst keine bedrohte Art mehr! Die EU-Richtlinie bemisst anhand von sechs Kriterien den guten Erhaltungszustand. Die Population muss stabil oder steigend sein. Es sollte genรผgend Lebensraum geben. Die Population darf nicht kleiner als 1992 sein. Es muss einen Austausch der Tiere und ein Monitoring geben. Und die Gesamtpopulation muss mindestens 1.000 erwachsene Tiere groรŸ sein. Das alles ist gegeben! Alle Voraussetzungen sind erfรผllt, um den strengen Schutz endlich zu lockern und zur Normalitรคt รผberzugehen.โ€œ

Deutlicher Widerspruch vom NABU Sachsen

Seit dem Jahr 2000 leben wieder Wรถlfe in Deutschland. War der Nachweis des ersten Rudels in Sachsen noch eine Sensation, hat sich der Umgang mit dem neuen Nachbarn inzwischen vielerorts normalisiert, kommentiert der NABU Sachsen den Sachstand.

Nach aktuellem Wolfsmonitoring leben 31 Rudel, vier Paare und ein territoriales Einzeltier im Freistaat Sachsen. Der sรคchsische Wolfsmanagementplan stellte seit 2009 grundlegende Informationen zum Wolf, zur Verbreitung, zum Konfliktpotenzial, MaรŸnahmen zur Schadensbegrenzung und Konfliktbewรคltigung sowie zur Beratung bereit. Seit 2019 ist das Thema Wolf bei der neuen Fachstelle Wolf im Landesamt fรผr Umwelt, Landwirtschaft und Geologie angesiedelt.

Und nach wie vor gilt: Die Bejagung von Wรถlfen zum Schutz von Weidetieren ist weder zulรคssig noch sinnvoll. Das bekrรคftigt der NABU Sachsen angesichts der aktuellen Debatte im Sรคchsischen Landtag. Die Debatte suggeriert, dass eine Bejagung sich positiv auf den Herdenschutz auswirken wรผrde.

Allerdings lernen Wรถlfe durch eine Bejagung nicht, Abstand zu Weidetieren zu halten. Vielmehr braucht es wirksame HerdenschutzmaรŸnahmen wie Elektrozรคune oder den Einsatz von Herdenschutzhunden. Ein groรŸer Teil der Risse lรคsst sich auf lรผckenhafte SchutzmaรŸnahmen zurรผckfรผhren.

Nur Herdenschutz ergibt Sinn

Sachsen ist derzeit das einzige Bundesland, in dem der Wolf unter Jagdrecht steht. Bejagt werden darf er trotzdem nicht, denn er ist ganzjรคhrig mit einer sogenannten Schonzeit belegt. Die Sรคchsische Wolfsmanagementverordnung regelt, wann Wรถlfe vergrรคmt bzw. entnommen werden dรผrfen, beispielsweise wenn sich ein Wolf einem Menschen auf weniger als 30 Meter nรคhert oder wenn ein Wolf wiederholt die in der Verordnung genannten SchutzmaรŸnahmen รผberwindet.

Bereits heute werden immer wieder Wรถlfe illegal geschossen. Diese illegalen Tรถtungen und der StraรŸenverkehr sind in Deutschland die hรคufigsten nicht-natรผrlichen Todesursachen bei Wรถlfen.

Bundesweit verlangsamt sich das Wachstum der Wolfspopulation deutlich, ein exponentielles oder gar unkontrolliertes Wachstum der Wolfspopulation in Deutschland gibt es nicht. In Gebieten wie der Oberlausitz steht inzwischen kaum noch geeigneter, freier Lebensraum fรผr Wรถlfe zur Verfรผgung.

Dort ist eine hohe Dynamik erkennbar, bei der angestammte Rudel teilweise von anderen Wรถlfen verdrรคngt werden. So kamen in der Oberlausitz im letzten Monitoringjahr drei neue Rudel hinzu, fรผnf Rudel konnten dafรผr nicht mehr nachgewiesen werden.

Aufgrund der Territorialitรคt von Wรถlfen ist nicht davon auszugehen, dass sehr viele auf kleinem Raum leben. Ein Territorium in Deutschland ist etwa 150 bis 250 kmยฒ groรŸ und wird von nur einem Rudel, also von durchschnittlich acht Wรถlfen, bewohnt.

โ€žDie einzige sinnvolle Lรถsung im Umgang mit dem Wolf ist und bleibt flรคchendeckender Herdenschutzโ€œ, so der NABU-Landesvorsitzende Bernd Heinitz. โ€žKonflikte zwischen Wolf und Weidetierhaltungen kรถnnen entschรคrft werden, wenn HerdenschutzยญmaรŸnahmen flรคchendeckend angewendet werden und funktionieren.โ€œ

Ein groรŸer Teil der Risse findet auf mangelhaft oder ungeschรผtzten Weiden statt, betont der NABU Sachsen. Es brauche daher eine qualifizierte Vor-Ort-Beratung von Weidehaltern, gegebenenfalls in Kombination mit einer praktischen Unterstรผtzung beim Bau von wolfsabweisenden Zรคunen, und Wissenstransfer mit dem Ziel der Erhaltung von Beweidung bei Wolfsprรคsenz.

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