Mit drei Milliarden Euro wollte der Bund in diesem Jahr den Ausbau von schnellem Internet im ländlichen Raum fördern. Mehr als zwei Monate vor Jahresende ist der Fördertopf bereits leer. Das sorgt unter anderem in Sachsen für Empörung. Wie es mit dem sächsischen Landesprogramm zum Breitbandausbau weitergeht, ist nun offen.

Am Mittwoch, dem 19. Oktober, war bekannt geworden, dass die Mittel für das Jahr 2022 aufgebraucht sind. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sieht das als gutes Zeichen – das Programm sei offenkundig erfolgreich und werde angenommen.

Erst im September hatte sein Ministerium beispielsweise die „größte Investition in der Geschichte des Landkreises Nordsachsen“ vermeldet. Mit insgesamt etwas mehr als 100 Millionen Euro waren fast 45.000 Haushalte an schnelles Internet angebunden worden. Etwa zwei Drittel des Geldes kamen vom Bund; der Rest vom Land und aus den Kommunen. Ähnliche Erfolgsmeldungen dürfte es in Sachsen in diesem Jahr nicht mehr geben.

Alle sind überrascht

„Von Bundesseite wurde immer betont, dass genügend Mittel für den geförderten Breitbandausbau zur Verfügung stehen“, so Mischa Woitscheck, Geschäftsführer des sächsischen Städte- und Gemeindetages. Darauf habe man vertraut. „Nun stoppt der Bund völlig überraschend den Ausbau der Hellgrauen Flecken, bevor er in Sachsen überhaupt richtig starten konnte. Die Ausbaupläne der meisten sächsischen Kommunen und Landkreise werden damit auf Tempo Null ausgebremst.“

Er und andere Spitzenvertreter von Kommunen und Landkreisen kritisieren insbesondere die Kommunikation des Bundesverkehrsministeriums. „Dem Bund kann nicht erst seit gestern klar sein, dass die Bundesmittel für den Breitbandausbau knapp werden“, sagte Landkreistag-Präsidiumsmitglied André Jacob am Donnerstag.

Viel Geld und Zeit investiert

Eric Dietrich, der digitalpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, bezeichnete den Fördermittelstopp als „völlig inakzeptabel“. Sächsische Kommunen und Landkreise hätten viel Geld und Zeit in die Planungen investiert. „Wir sehen diese Entscheidung als massiven Vertrauensbruch an.“

Ähnlich sieht es der digitalpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Daniel Gerber: „Es ist für mich unbegreiflich, wieso das zuständige Bundesministerium die Einstellung der Förderung erst bekannt gibt, als es bereits zu spät ist, und noch dazu kein Nachfolgekonzept vorliegt.“

Kritik aus dem Wirtschaftsministerium

Aus dem SPD-geführten Wirtschaftsministerium des Freistaates Sachsen hagelte es ebenfalls Kritik. Die Entscheidung sei „völlig überraschend“ gekommen. „Alle sächsischen Landkreise sowie einige Einzelkommunen haben sich auf den Weg gemacht, alle Daten für eine Antragstellung zu erarbeiten, und werden nun vor den Kopf gestoßen“, beklagt Staatssekretärin Ines Fröhlich.

Erst im Juli hatte das Wirtschaftsministerium verkündet, mehr als 400 Millionen Euro zur Kofinanzierung der Erschließung von über 120.000 Haushalten in Sachsen zur Verfügung zu stellen. Weil noch nicht klar ist, zu welchen Konditionen die Förderung des Bundes 2023 weitergeht, wurde das Programm auf 2022 beschränkt.

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Keine Kommentare bisher

Ja, natürlich ist das Mist. Deutschland ist in dieser Beziehung noch Entwicklungsland, wenngleich die geforcten Geschwindigkeiten der Glasanbieter nicht wirklich überall notwendig sind. Kein Mensch benötigt 1 GBit zu Hause.

Da hier auch die CDU sehr laut herumschreit, erinnere ich mich aber doch auch an dies:
Es war genau die CDU mit Helmut Kohl, die unter erheblichem Lobbyeinfluss das Heil im Kupferausbau suchte und damit die Glasfaserisierung Deutschlands auf Jahrzehnte verhinderte, während andere Länder schlauer waren und uns nun weit voraus sind.
Und nun ist es auch noch die FDP, die im Verkehrsministerium regiert und versucht, die alte CDU/FDP-Politik zu retten, in dem wichtige Dinge verzögert oder verhindert werden.
Schon verwunderlich, wie plötzlich auf einmal der Geldtopf alle ist…

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