Die Gaspreise sind nicht erst mit dem von Putin entfesselten Ukraine-Krieg durch die Decke geschossen, sie steigen schon seit 2021. Sie haben damit einen Weg genommen, den die Baukosten schon seit Jahren einschlagen. Sämtliche Baumaterialien werden teurer. Zunehmende Lieferengpässe treffen auf eine weltweit wieder anziehende Konjunktur. Und das droht nun auch noch den sozialen Wohnungsbau in Sachsen unbezahlbar zu machen.
Während die LWB in Leipzig noch planmäßigen Vollzug bei ihren Wohnungsbauprojekten meldet, scheint die erst nach einem Stadtratsbeschluss von 2017 gegründete Dresdner Wohnungsbaugesellschaft WiD ernsthafte Probleme zu haben, was die Umsetzung ihrer Projekte betrifft.
Grund dafür seien unter anderem gestiegene Baukosten und höhere Zinsen für Baukredite. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft (WiD) habe deshalb drei Bauprojekte stoppen müssen, konnte man in der DNN nachlesen.
Als Dresden den Hebel für den Wohnungsmarkt aufgab
Und dabei sollte sie ja die Probleme lösen, die der Stadt Dresden erst durch den Verkauf der stadteigenen WOBA 2006 entstanden waren. Da konnte sich Dresden zwar kurzzeitig als schuldenfreie Stadt verkaufen, hatte aber sämtliche Steuerung über den eigenen Wohnungsmarkt aufgegeben und auch kein Instrument mehr in der Hand, selbstständig den sozialen Wohnungsbau wieder in Gang zu bringen.
Man hatte sich von den ganzen blendenden Erzählungen über „schwarze Nullen“ und „Schuldenfreiheit“ einlullen lassen, mit denen auch die sächsische Staatsregierung seit Jahren Finanzpolitik betreibt und dabei den dringend notwendigen Infrastrukturinvestitionen Jahr für Jahr Milliarden Euro entzieht
Unterlassene Investitionen werden richtig teuer
Doch das Modell der „schwäbischen Hausfrau“ funktioniert weder für Länder noch für Städte. Schon gar nicht, wenn sie einen enormen Finanzbedarf haben, um dringend den Rückstand bei Sanierung und Ausbau von Infrastrukturen – von Schulen bis zu Brücken, Wasserleitungen und Wohnungen – zu stemmen.
Es wird wohl noch Jahre dauern, bis ein (anderer) sächsischer Finanzminister den Mumm hat, den Vorgängerregierungen ihre verfehlte Finanzpolitik vorzurechnen. Denn so werden Milliarden aus dem Staatshaushalt abgezweigt, dümpeln in riesigen Fonds vor sich hin und werden nicht dann eingesetzt, wenn sich mit relativ wenig Mitteleinsatz ein großer Effekt erzielen ließe, der Städte in den kommenden Jahren deutlich von Kosten entlasten würde.
Auch Leipzig ist in so einen riesigen Investitionsrückstand hineingelaufen. Aber nicht, weil die Stadt an der falschen Stelle gespart hätte, sondern weil die Freiräume für Investitionen erst deutlich nach 2010 erarbeitet werden konnten.
Und für den sozialen Wohnungsbau gab es sowieso erst ab 2017 endlich wieder Förderung vom Land – auch wenn das anfangs nur durchgereichte Bundesmittel waren. In den Jahren zuvor hatte es überhaupt kein Geld für den Sozialwohnungsbau gegeben. Und das, obwohl alle Bundesregierungen der letzten Jahre um die aufreißende Lücke beim bezahlbaren Wohnungsbau wussten. Dieses Versagen hat die Wohnungsmärkte der großen deutschen Städte regelrecht zum Spielball großer Wohnungskonzerne werden lassen, die dort versuchen, ihre Profite zu steigern, während bezahlbare Wohnungen für kleine Einkommen selten geworden sind.
Die Förderung reicht nicht mehr aus
Es gibt zwar auch in Sachsen außerhalb der großen Städte Wohnungsleerstand. Aber die wirtschaftliche Entwicklung konzentriert sich seit 20 Jahren fast ausschließlich auf die drei Großstädte, wo die modernen Unternehmen sich ansiedeln und die neuen Arbeitsplätze entstehen. Und zwar nicht nur gut bezahlte, sondern auch viele Dienstleistungsjobs, ohne die das Wachstum nicht funktionieren würde. Nur werden bezahlbare Wohnungen gerade in den großen Städten jetzt zur Mangelware.
Erst recht, wenn auch noch der soziale Wohnungsbau stockt, weil Baupreise und Energiekosten auch den Rahmen der Fördergelder sprengen.
„Der drohende Stillstand beim Sozialwohnungsbau ist alarmierend. Gerade mit Blick auf die derzeit steigenden Lebenshaltungskosten wird die Verfügbarkeit von ausreichend Sozialwohnungen künftig von noch größerer Bedeutung sein“, kommentiert Thomas Löser, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag, die Entwicklung. „Denn mit einem wachsenden Kreis an Anspruchsberechtigten sind wir als Freistaat in der Pflicht, mehr Sozialwohnungen bereitzustellen.“
Der Bau neuer Wohnungen hat sich seit 2015 um fast 50 Prozent verteuert. Auch das Jahr 2021 trug noch einmal deutlich zur Steigerung der Baukosten bei.
Meldung zur Entwicklung der Baupreise aus dem Statistischen Landesamt April 2022.
Der viel zu spät gestartete soziale Wohnungsbau ist also mitten hineingeraten in die größte Teuerungswelle, die das Bauwesen in Sachsen seit 1990 erlebt hat. Etwas, was eigentlich absehbar war. Aber sächsische Finanzpolitik ist nicht vorausschauend, tut gern so, als sei Geld, das man nicht ausgibt, gut aufgehoben. Und nimmt die Außenentwicklung bei zunehmenden Knappheiten bei Energie und Rohstoffen einfach nicht wahr. Oder will sie nicht wahrnehmen, weil sie zu einem nachhaltigen Wirtschaften zwingen würde.
Aber was wird jetzt mit den Bauvorhaben im sozialen Wohnungsbau?
Der Freistaat Sachsen erhält in den Jahren 2021 und 2022 wieder jeweils rund 50 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau vom Bund. Diese werden durch Landesmittel ergänzt. Somit stehen im Doppelhaushalt 2021/2022 jährlich 74,3 Millionen Euro für den Bau und die Sanierung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum zur Verfügung.
Was aber viel zu wenig ist, um die Bedarfe allein in den Großstädten abzudecken.
Die Förderbedingungen müssen erleichtert werden
„Wir sind jetzt in der Verantwortung, den Trägern des sozialen Wohnungsbaus unter die Arme zu greifen“, meint Löser.
„Wir Bündnisgrüne plädieren deshalb für eine Anhebung der Fördersätze. Aktuell kann ein wesentlicher Teil des im Haushalt verfügbaren Geldes für den sozialen Wohnungsbau nicht abgerufen werden, da die Fördersätze zu gering und die Bauvorhaben für die Träger somit finanziell nicht umsetzbar sind. Zudem müssen die Förderbedingungen, wie z.B. die Abrechnungszeiträume, angepasst werden, damit der aktuellen Situation Rechnung getragen und der Abruf der Fördermittel erleichtert wird.“
Aber damit wäre man noch immer in der alten sächsischen Knauserpolitik, in der die Landesregierung mit ihren strikten Vorgaben den Spielraum für die Mittelverwendung drastisch eingeengt hat. Die „schwäbische Hausfrau“ ist nämlich nicht nur knauserig, sondern auch kontrollsüchtig. Sie duldet es nicht, dass die von ihr „Beschenkten“ mit den Geldern eigenverantwortlich umgehen.
Also hat sie 2017 ein starres Korsett geschaffen, in dem sich die Kommunen beim Sozialwohnungsbau bewegen müssen. Was auch dazu führt, dass trotzdem viel zu wenige Sozialwohnungen gebaut werden – in Leipzig z.B. nur ein Viertel der rechnerisch benötigten Zahl.
„Wohnen muss bezahlbar bleiben“
„Darüber hinaus sollten wir prüfen, ob auch ein freier Zuschuss für soziale Wohnungsbauprojekte möglich ist. Aktuell werden in Sachsen nicht die Baukosten gefördert, sondern die Miete pro Quadratmeter subventioniert“, geht Löser auf dieses staatlich vorgegebene Korsett ein. „Dadurch wird letztlich die Kreditfähigkeit der Projekte verringert und sozialer Wohnungsbau ausgebremst.“
Und abschließend erklärt Löser auch noch: „Mit der von der Ampelkoalition aufgelegten Klimamilliarde steht dem Freistaat weiteres Geld für den klimagerechten sozialen Wohnungsbau in Aussicht. Im Sinne der Bürgerinnen und Bürger sollten wir frühzeitig dafür sorgen, dass die Mittel zügig und unkompliziert in entsprechende Projekte abfließen können. Es braucht jetzt einen Schub für den sozialen Wohnungsbau in Sachsen. Denn Wohnen muss für alle Menschen bezahlbar bleiben.“
Keine Kommentare bisher