Einen Tag nach der linken Großdemonstration in Leipzig hat der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) am Dienstag, dem 6. September, auf Twitter für Irritationen gesorgt. Er nannte die Versammlung der Linkspartei ein „Experiment“ und einen „montäglichen Gehversuch“, den „wir natürlich ermöglicht“ hätten. Die Linksfraktion im sächsischen Landtag bezeichnete diese Äußerung anschließend als „gelinde gesagt merkwürdig“.

Der Fraktionsvorsitzende Rico Gebhardt sagte weiter: „Demokratische Regierungen gewähren die Versammlungsfreiheit nicht als Gnadenakt, sondern sie müssen dieses Grundrecht sichern – unabhängig von parteipolitischen Präferenzen der Minister. Vielleicht sollte Herr Schuster noch einmal in der Verfassung nachlesen.“

Rechtsanwalt sieht Verstoß gegen Neutralitätsgebot

Auch andere Politiker/-innen der Linkspartei und zahlreiche Journalist/-innen reagierten mit deutlicher Kritik auf den Tweet. Rechtsanwalt Christian Conrad aus der umstrittenen Kanzlei Höcker sieht in dem Tweet sowohl einen Verstoß gegen das parteipolitische als auch gegen das versammlungsrechtliche Neutralitätsgebot des Staates.

Neben mehreren CDU-Politiker/-innen, zu denen auch Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas gehört, markierten auch einige Grünen-Politiker/-innen den Tweet mit einem „Gefällt mir“, darunter Franziska Schubert, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im sächsischen Landtag. Die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Sophie Koch hingegen empfahl Schuster: „Erst Kaffee, dann twittern!“

In den Reaktionen auf den Schuster-Tweet waren sich die meisten Linken einig – anders als bei der Bewertung des Demoabends. Während prominente Linkspolitiker wie Demoanmelder Sören Pellmann oder der Bundesvorsitzende Martin Schirdewan von einer erfolgreichen Veranstaltung sprachen, kritisierten andere, dass sie die Rechtsradikalen blockieren mussten, die die Linkspartei erst nach Leipzig „gelockt“ hätte.

Hintergrund ist der Vorwurf, die Demonstration an einem Montagabend durchzuführen. An diesem Wochentag fanden die Großdemonstrationen gegen das DDR-Regime und später auch die Proteste gegen Hartz 4 statt. Seit Mitte der 2010er-Jahre wird dieser Tag der Woche aber vor allem von Rechtsradikalen aus der „Pegida“- oder „Querdenken“-Szene besetzt. Eine starke Mobilisierung von rechts sei daher absehbar gewesen, argumentieren die Kritiker/-innen.

Sitzblockaden verhinderten rechten Aufzug

Tatsächlich konnten die „Freien Sachsen“ auf der anderen Seite des Augustusplatzes mit allerlei Szeneprominenz stark mobilisieren. Mindestens 1.000 Personen dürften sich vor dem Gewandhaus versammelt haben. Einen anschließenden Aufzug über den Ring verhinderten antifaschistische Sitzblockaden bereits nach wenigen Metern.

Später sprach beispielsweise der ehemalige Leipziger Juso-Vorsitzende Marco Rietzschel davon, dass Antifaschist/-innen der Linkspartei „den Arsch gerettet“ hätten. „Dass die Rechten am Ende nicht wie geplant auf dem Ring marschieren konnten“, sei nicht Sören Pellmann zu verdanken, schrieben die Leipziger Grünen.

Dissens in der Linkspartei

Ähnlich äußerte sich Juliane Nagel (Linke), die am Montag für die kommunistische Gruppe „Rote Wende“ einen Aufzug vom Südplatz zum Augustusplatz angemeldet hatte. Dass der Abend „nicht zum Desaster“ für die Linkspartei geworden sei, sei „vor allem den außerparlamentarischen linken Gruppen zu verdanken, die die Kundgebung auf dem Augustusplatz flankiert und unterstützt haben, und denen, die Faschisten widersprochen und blockiert haben“.

Irena Rudolph-Kokot vom Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ warf Sören Pellmann vor, sich nicht öffentlich für die Unterstützung der Antifaschist/-innen bedankt zu haben. Das holte er spätestens am Dienstagvormittag nach. Auf Twitter dankte er unter anderem dem Netzwerk und den Antifa-Gruppen: „Gemeinsam überlassen wir den Rechten nicht die Straßen.“

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Es gibt 2 Kommentare

Kann mir bitte Mal der Autor dieses Berichtes Mal bitte erläutern was er unter einer “umstrittenen” Kanzlei versteht. Liege ich vielleicht richtig, dass der Begriff bei der Bezeichnung eines dem politischen Duktus des Autors entgegenstehenden Person/Organisation verwandt wird und auch mit antagonistisch synonymisiert werden könnte.

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