Landrat Ralf Hänsel steht nun als erster seiner Amtsebene in Sachsen an dem Punkt, ab welchem es nur noch Alarmstufen mit dem Wort „Katastrophe“ gibt. Denn die bereits für ganz Sachsen eingetretene „Überlastungsstufe“ ist im Landkreis Meißen knapp hinter der Sächsischen Schweiz am weitesten gediehen. Hänsel erwägt nun laut einer Mitteilung vom 18.11.2021 den „Katastrophenvoralarm“, denn die Inzidenz-Zahlen verdoppeln sich alle 10 Tage und vor allem: die Elblandkliniken melden landunter. Dass sie damit nicht allein bleiben werden, zeichnet sich ab; Burkhard Jung verkündete am heutigen Tag im Stadtrat Leipzig: „38 ITS-Betten in ganz Sachsen sind noch frei“. Ganz nebenbei sagen die Zahlen aus Meißen auch: Es ist eine Pandemie der Ungeimpften.

Zwei Umstände, die in den vergangenen Tagen immer wieder infrage gestellt oder schlicht falsch diskutiert wurden, sind die angebliche Unschuld der Ungeimpften an den volllaufenden Intensivstationen vor allem in Sachsen. Und die vorgebliche Spaltung der Gesellschaft durch jene, die darauf hinweisen, dass ihr unsolidarisches, „impfskeptisches“ Verhalten nicht nur sie allein schädigt oder gar tötet.Die Uhr für diese Debatten läuft angesichts der 57,7 Prozent Impfquote im Freistaat gerade systematisch herunter, die Meldungen aus den Krankenhäusern stehen den wohlmeinenden Interpretationsversuchen von Philosophen und der Anti-Impf-Propaganda aus „Querdenker“-Kreisen diametral entgegen.

„Wir überlegen aufgrund der sehr hohen Corona-Infektionszahlen und der mehr als angespannten Lage in den Elblandkliniken Katastrophenvoralarm für den Landkreis Meißen auszulösen“, das ist die Botschaft vom Meißner Landrat Ralf Hänsel nach der heutigen Videokonferenz des Krisenstabes.

Informationen, die sich mit allem decken, was gestern bereits Experten von Lothar Wieler (RKI), über Christoph Lübbert (Uniklinik Leipzig) bis Krankenhauskoordinator Michael Albrecht in einer Onlinerunde (Video) mit Michael Kretschmer längst durchaus emotional und deutlich äußerten, als sie einen sofortigen Lockdown in Sachsen und gegebenenfalls eine Impfpflicht forderten.

Neben bereits gestern 40 geschlossenen Schulen in ganz Sachsen gibt nun die Meldung aus Meißen einen Vorgeschmack auf die nächsten Tage und Wochen.

Mit dem Katastrophenvoralarm würden die notwendigen Vorbereitungen im Bereich des Brand- und Katastrophenschutzes in jenem Landkreis Sachsens anlaufen, der bislang 25.586 positiv getestete Fälle vorzuweisen hat, von denen sich gegenwärtig 4.861 Personen in behördlich angeordneter Quarantäne befinden.

Darunter sind vor allem Kinder sowie Senioren und bei den höchsten Anstiegen der Infektionen ausgerechnet jene, die man wohl als den Kern der „arbeitenden Bevölkerung“ bezeichnen kann.

Senioren, Kinder und die Wahrheit auf der ITS

Dass da eine Welle rollt, sieht man an den Zahlen der im Landkreis Meißen zuständigen Amtsärztin Simone Bertuleit zu den besonders betroffenen Altersgruppen: „Wir erkennen derzeit eine Verdopplung der Infektionszahlen alle zehn Tage, ein Rückgang ist gegenwärtig nicht abzusehen. Die höchsten Anstiege der Infektionen haben wir in den Altersgruppen der 5- bis 14-Jährigen und der 35- bis 59-Jährigen zu verzeichnen. Ausbrüche sind besonders in Alten- und Pflegeheimen sowie Schulen zu sehen.“

Unabhängig vom Status der Quarantäne seien aktuell 120 Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises Meißen als stationär aufgenommen erfasst, davon 37 auf der Intensivstation. Und das Zahlenverhältnis unter diesen lässt kaum noch Fragen offen.

„Von den 120 hospitalisierten Personen sind 27 geimpft und 93 ungeimpft, von den ITS-erfassten Personen sind vier geimpft und 33 ungeimpft. Mit drei weiteren seit dem Vortag Verstorbenen erhöht sich die Zahl der im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion verstorbenen Personen auf 660 (LK Meißen, seit Beginn der Pandemie).“

Damit zeichnet sich ein stichprobenartiges Bild im Landkreis Meißen ab, welches nur 22,8 Prozent Geimpfte unter den Krankenhauspatient/-innen überhaupt aufzeigt und sogar nur 10,8 unter den ITS-Patient/-innen. Zahlen, die belegen, dass es auch die sechsmal ansteckendere Delta-Variante des SARS-CoV-2-Virus bei einer höheren Impfquote um die 90 Prozent deutlich schwerer hätte, die Gesundheitssysteme zum Kippen zu bringen.

Doch die Quote ist nicht so und damit bleibt ein Blick auf die ungeimpften Personen. Für diese stellt sich die Lage mit 77,5 Prozent unter den Hospitalisierten und 89,2 Prozent auf der Intensivstation deutlich düsterer dar.

Rechnet man hierbei ein, dass sich die um das 9-fache größere Zahl der ungeimpften ITS-Patient/-innen nur aus 42,3 Prozent der gesamten Bevölkerung Sachsens speist, steigt das sichtbare Risiko, ungeimpft mit einer Coronainfektion an den Beatmungsschläuchen zu landen, nochmals gegenüber den Geimpften auf sicher das 12-fache an.

Kein Personal

Meldungen wie diese, die natürlich einige besonders hartnäckig Gläubige noch immer für das Rufen im Walde halten, sind für Landrat Ralf Hänsel die Hoffnung „für die dramatische Lage zu sensibilisieren und dringend benötigtes Pflegepersonal für die Kliniken zu akquirieren“.

Denn die in Meißen, Riesa und Radebeul beheimateten „Elblandkliniken“ melden mittlerweile landunter, trotz bereits erfolgender Unterstützung durch die Bundeswehr. Rainer Zugehör, Vorstand der Elblandkliniken, informierte im Krisenstab zur Situation in den Elblandkliniken: „Die Lage ist dramatisch und spitzt sich noch schneller zu als ohnehin befürchtet. Uns fehlt Pflegepersonal.“

Was das heißt, zeigt der Appell der Kliniken an die Bevölkerung und die Suche nach „Personen, die idealerweise über medizinische Vorkenntnisse verfügen und/oder bereits Erfahrungen bei der Arbeit in Kliniken haben sowie für einen Zeitraum von mehr als ein paar Tagen zur Verfügung stehen könnten“.

Wie viel solche Aufrufe bringen, wird sich bald zeigen. Auch die Nachbarländer Sachsens, darunter Bayern, Thüringen und Sachsen-Anhalt bis hinauf nach Berlin melden längst das Volllaufen der eigenen Kapazitäten aufgrund von Personalmangel.

Kontakt zu den „Elblandkliniken“ über die Sekretariate der Verwaltungsdirektion an den drei Standorten: Standort Meißen: 03521 7431201, Standort Radebeul: 0351 8333200 und Standort Riesa: 03525 753013. Internet: www.elblandkliniken.de

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