Die drei mitteldeutschen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, Bodo Ramelow und Dr. Reiner Haseloff haben am Mittwoch, 15. September, gemeinsam mit der DFG-Generalsekretärin Heide Ahrens den Forschungsneubau des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in Leipzig feierlich eröffnet. Über 100 Gäste nahmen an der Veranstaltung teil, die unter strengen Hygieneschutzmaßnahmen stattfand.
Sie erfuhren, welchen Beitrag iDiv zur Lösung der globalen Biodiversitätskrisen leistet und künftig leisten will. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel schickte eine Grußbotschaft. Der Neubau an Leipzigs Alter Messe ist als Ort des Ideenaustauschs und der integrativen Forschung für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt konzipiert. Ab 2024 wollen die drei Länder gemeinsam mit weiteren Förderern die Finanzierung des Forschungszentrums übernehmen.
Nach der Begrüßung der Gäste präsentierte iDiv-Sprecher Prof. Christian Wirth eine riesige „Karte des Lebens“, welche die Vielfalt aller bekannten Lebewesen zeigt. Große Löcher klafften in der Karte und symbolisierten die Gefährdung dieser Vielfalt. Wie die Wissenschaft zu ihrer Bewahrung beitragen kann, erfuhren die Gäste bei anschließenden Führungen durch das neue Forschungsgebäude.
In ihrer Videobotschaft sagte Dr. Angela Merkel: „Das Zentrum ist noch jung. Es wurde erst 2012 gegründet. Doch es hat sich bereits einen exzellenten Ruf erworben. Es fördert unser Wissen über die Vielfalt des Lebens, ihren Wandel und Verlust. Knapp ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten gilt als gefährdet. Dies ist eine dramatische Entwicklung, weil der Erhalt der biologischen Vielfalt verbunden mit dem Schutz des Klimas eine existenzielle Aufgabe für uns Menschen ist. Deshalb ist es von größter Bedeutung, dass die Biodiversitätsforschung das Verständnis für die Belastungsgrenzen unserer Ökosysteme fördert und entscheidend dazu beiträgt, für ein nachhaltiges Wirtschaften und Verhalten zu sensibilisieren.“
Die Rolle des iDiv bei der Lösung der globalen Biodiversitätskrisen war auch Thema einer Pressekonferenz mit den drei Ministerpräsidenten, der Generalsekretärin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Heide Ahrens und iDiv-Sprecher Christian Wirth.
Das neue iDiv-Gebäude an der Alten Messe in Leipzig bildet das „Herzstück“ des iDiv-Konsortiums in den drei Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Nach zweieinhalbjähriger Bauphase unter Regie des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) arbeiten hier seit Herbst vergangenen Jahres die meisten der knapp 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Architektur ist konsequent darauf ausgerichtet, Kommunikation zu fördern. Mit 5.000 m² Fläche, modernsten Laboren, Büros und Seminarräumen und vor allem einem großzügigen, mehrgeschossigen Foyer als attraktiven Treffpunkt bietet das Haus ideale Voraussetzungen für den kreativen Austausch von Forschenden verschiedenster Disziplinen und Nationen. Die Baukosten betrugen 34 Millionen Euro.
Die Biodiversitätskrise
Die globale Biodiversitätskrise ist eines der großen Probleme unserer Zeit. Im aktuellen Wahlkampf spielt sie im Schatten der Klimakrise nur eine Nebenrolle. Sie ist aber nicht minder akut. Laut Weltbiodiversitätsrat sind etwa ein Achtel aller Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht – mit Konsequenzen für das Funktionieren der Ökosysteme. Raubbau, Verschmutzung und Klimawandel gefährden Lebensräume, Arten und Gene; sie gefährden die Grundlage für die existenziellen Dinge, die wir zum Leben brauchen.
Seit 2012 erforschen iDiv-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den weltweiten Wandel der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt und entwickelt Antworten darauf. Das DFG-Forschungszentrum hat sich in nur neun Jahren zu einem der weltweit anerkannten Orte der Biodiversitätswissenschaft entwickelt. Knapp 300 Mitarbeiter aus 30 Nationen arbeiten mittlerweile für das DFG-Forschungszentrum.
Zusätzlich forschen über 100 Mitgliedergruppen des wissenschaftlichen Netzwerkes an verschiedenen Standorten in Halle, Jena und Leipzig. Getragen wird iDiv von der Universität Leipzig, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Friedrich-Schiller-Universität Jena in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Zudem sind mehrere Leibniz- und Max-Planck-Institute als Kooperationspartner beteiligt.
Statements zur Eröffnung
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte bei der Gelegenheit: „Mit dem Forschungsneubau des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung ist in Leipzig ein international hochangesehenes Zentrum entstanden. Es ist ein wichtiger Baustein in der länderübergreifenden Forschungslandschaft, der in sehr anschaulicher Weise zeigt, welche Synergien freigesetzt werden können und was auf wichtigen Forschungsgebieten bewegt werden kann, wenn Universitäten, Forschungseinrichtungen und Politik über Ländergrenzen hinweg zusammenwirken.“
Dr. Reiner Haseloff: „Der Erfolg von iDiv belegt eindrucksvoll, dass Spitzenforschung in Ostdeutschland möglich ist. Die Region Halle-Jena-Leipzig ist in der Biodiversitäts- und Klimaforschung, auch und gerade in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit den Gesellschaftswissenschaften, an der Spitze. Das möchten wir ausbauen. Wie solche integrative Forschung geht, macht iDiv vor.“
Bodo Ramelow: „Das iDiv in Leipzig steht im Zentrum der entscheidenden Zukunftsthemen dieses und des kommenden Jahrzehnts. Artenvielfalt, Klimawandel, Agrarwende – das alles sind die ganz konkreten Themen, mit denen die Forscherinnen und Forscher des iDiv einen Beitrag für unsere Gesellschaften leisten.
Neben seinen herausragenden Beiträgen zur Biodiversitätsforschung und neuen Lösungen zur Erhaltung der Artenvielfalt auf der Welt stellt das iDiv einen wichtigen Impuls zur länderübergreifenden Zusammenarbeit in Mitteldeutschland dar, die auch als Vorbild für andere Politikbereiche, außerhalb der Wissenschaft, dienen sollte.“
Dr. Heide Ahrens: „Wir haben uns 2012 bei der Einrichtung des iDiv leiten lassen von dem Gedanken, einen langfristigen Ort des Austauschs zu Biodiversitätsfragen zu schaffen, der es ermöglicht, die Vielfalt der Disziplinen und Methoden theoretisch und systematisch aufeinander zu beziehen. Auf diese Weise sollten auch verlässliche und seriöse Prognosen und Handlungsoptionen für die Zukunft ermöglicht werden. Denn weitsichtige politische Entscheidungen im Bereich der Umweltpolitik sind nur auf der Grundlage bester und interdisziplinärer Forschung möglich.“
Prof. Dr. Christian Wirth: „Die kommenden Jahre und Jahrzehnte entscheiden über unsere Lebensqualität und die zukünftiger Generationen. Politik und Forschung stehen in der Verantwortung, zum einen sofort Lösungen zu bieten, zum anderen, mit innovativer Grundlagenforschung nachhaltige Antworten zu entwickeln, wie die Menschheit in Zukunft mit der Biodiversität wirtschaften kann – und nicht gegen sie.“
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