Darum gerungen, dass der Freistaat Sachsen auch 2021/2022 seine Wohnraumförderung fortsetzt und die Förderquote sogar erhöht, hat innerhalb der Regierungskoalition vor allem die SPD. Die Lorbeeren aber strich schon am 27. April Regionalminister Thomas Schmidt (CDU) ein. Vollmundig verkündete er: „Mit den beiden heute beschlossenen Förderrichtlinien wird die bisherige Mietwohnungsförderung in den Großstädten Leipzig und Dresden verbessert und erweitert sowie eine neue Fördermöglichkeit für modernisierungsbedürftige Mietwohnungen außerhalb der beiden Großstädte geschaffen.“
Das klingt nach viel, aber es genügt nicht wirklich den Erfordernissen. Was dann im Landtag noch einmal ausgiebig diskutiert wurde. In den späten Abendstunden des 19. Mai wurde im Sächsischen Landtag auch über Wohnungspolitik im Doppelhaushalt 2021/22 diskutiert.Die Linksfraktion hatte gleich zwei Anträge für eine Offensive bei der sozialen Wohnungspolitik gestellt. Einerseits sollte eine neue Förderrichtlinie für die Versorgung von marginalisierten Gruppen auf dem Wohnungsmarkt geschaffen werden, andererseits sollte die soziale Wohnraumförderung massiv gestärkt werden.
„Gutes und bezahlbares Wohnen ist eine der sozialen Fragen dieser Zeit. Auf diese Herausforderung findet die sächsische Regierungskoalition wenig Antworten“, geht die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion Juliane Nagel auf das Ergebnis der Debatte ein.
„Über den Einsatz der Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau hinaus gibt es kaum handfeste neue Ansätze, um die vor allem in Dresden und Leipzig drängende Wohnungsfrage zu lösen. Seit 2020 muss der Freistaat eine Co-Finanzierung einsetzen, um die Bundesmittel für sozialen Wohnungsbau abrufen zu können. Dem kommt er auch nach. Aber das reicht nicht.“
So wurden am Mittwoch die Anträge der Linksfraktion, die Mittel für Sozialwohnungen zu verdoppeln und die nunmehr mit der novellierten Förderrichtlinie ermöglichte Verlängerung der Sozialbindungen von 15 auf 20 Jahre auch zu finanzieren, abgelehnt.
„Leipzig und Dresden brauchen in den nächsten Jahren jeweils zirka 8.000 Sozialwohnungen, um den Bedarf zu decken. Das wird mit den beschlossenen Mitteln von 50 Millionen Euro pro Jahr nicht gelingen. Wenn die Städte längere Bindungszeiten wollen, werden gleichzeitig weniger Wohnungen entstehen können“, beschreibt Nagel das Problem.
„Gleichzeitig gibt es zahlreiche Gruppen, die nicht vom sozialen Wohnungsbau profitieren können, weil sie sich selbst eine Sozialwohnung für 6,50 Euro pro Quadratmeter nicht leisten können. Wir wollten ein neues Förderprogramm auflegen, damit die Kommunen Belegungs- oder Benennungsrechte für Wohnungen ankaufen können, um diese dann gezielt an Alleinerziehende, Sozialleistungsempfänger/-innen, Haftentlassene oder Geflüchtete zu vermieten. Dies wäre gleichzeitig eine notwendige Prävention vor Wohnungslosigkeit.“
Mithilfe der bisherigen „Förderrichtlinie gebundener Mietwohnraum“ konnten seit dem Jahr 2017 in den Städten Dresden und Leipzig gerade einmal 2.475 neue Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung gefördert werden, die nach und nach bezugsfertig werden. Viel zu wenig, um die Wohnungsmarktlage zu entspannen.
Dass selbst die leichte Erhöhung der Mittel gegen einen geradezu aufs Sparen fixierten Koalitionspartner ein zäher Kampf war, benennt Albrecht Pallas, wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag: „Eines der wichtigsten Instrumente für bezahlbares Wohnen und gute Durchmischung der Quartiere ist der soziale Wohnungsbau. Den haben wir als SPD-Fraktion 2017 erkämpft und setzen ihn nun mit aller Kraft fort. Mit 50 Millionen Euro jährlich gibt es nun im Vergleich zum letzten Doppelhaushalt sogar ein Plus von jeweils 10 Millionen Euro.
Eine gute Ergänzung ist das neue Programm zur Sanierung günstiger Wohnungen in den Klein- und Mittelstädten, das mit jährlich 24,3 Millionen Euro ausgestattet ist. Vor allem Genossenschaften und Kommunale Wohnungsunternehmen können so ihren Wohnungsbestand sanieren, ohne dass danach die Mieten rasant steigen. Damit können viele junge Menschen im ländlichen Raum gehalten werden.“
Der Freistaat erhält für die Programmjahre 2021 und 2022 etwa 50 Millionen Euro vom Bund für den sozialen Wohnungsbau, die durch Landesmittel ergänzt werden. Insgesamt stehen damit im Doppelhaushalt 2021/2022 jährlich 74,3 Millionen Euro für Bau und Sanierung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum in ganz Sachsen zur Verfügung.
„Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir neben dem sozialen Wohnungsbau auch kooperative, genossenschaftliche und gemeinwohlorientierte Wohn-Modelle unterstützen werden. Der Haushalt setzt das nun um: Durch einen Änderungsantrag stellen wir jährlich 300.000 Euro für eine Wohnraumberatung, insbesondere für kooperative Bau- und Wohnprojektinitiativen zur Verfügung“, so Pallas.
Aber er weiß auch, dass das alles trotzdem nur Stückwerk ist: „Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir in Sachsen eine Wohnraumförderung aus einem Guss bekommen und den sozialen Wohnungsbau quantitativ und qualitativ deutlich weiterentwickeln. Dazu gehört auch, dass der Anstieg der Mieten in den Ballungszentren gebremst und der Marktlogik entzogen wird. Ich bin zuversichtlich, dass die Koalition bei der Mietpreisbremse eine Lösung finden wird.“
Das sieht auch Thomas Löser, wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen so: „Für uns Bündnisgrüne ist aber auch klar, dass es die Mietpreisbremse für die Städte Leipzig und Dresden jetzt schnell braucht. Aus unserer Sicht sind alle Voraussetzungen dafür erfüllt. Die republikweite Diskussion um den gescheiterten Mietendeckel in Berlin zeigt, wie politisch brisant das Thema Mietenexplosion in Großstädten ist.
Die Mietpreisbremse deckelt die Mieterhöhung bei Neuvermietung von Bestandswohnungen auf maximal 10 Prozent. Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass man sich an den Entwicklungen des Mietspiegels orientiert und Mieten nicht in schwindelerregende Höhen treibt, nur weil man es kann.“
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