Auch wenn die Ausschreibung für die neuen Militärhubschrauber der Bundeswehr im Herbst 2020 erst einmal auf Eis gelegt wurde, ist das Thema für Leipzig nicht vom Tisch. Denn wenn es vor Ort kein klares „Nein“ zur militärischen Nutzung des Flughafens gibt, werden die Militärs in Bund und NATO kaum Rücksicht nehmen auf die lärmgeplagten Anwohner. In Dresden kennt man die lärmenden Militärhelikopter schon.

Dort ist deren lautstarke Anwesenheit seit 2017 Thema. Damals war es den „Dresdner Neuesten Nachrichten“ noch eine Nachricht wert, als vier Black Hawk-Hubschrauber auf dem Flughafen Dresden-Klotzsche landeten.„Es handelt sich um MedEvac-Maschinen des amerikanischen Militärs vom Typ Black Hawk. Mit ihnen lassen sich verletzte Soldaten aus Krisengebieten evakuieren – die Helikopter sind demnach sozusagen ,große Brüder‘ von Christoph 38, dem am Flughafen Dresden stationierten Rettungshubschrauber der DRF Luftrettung. Sie befinden sich auf einem Verlegungsflug. Von wo nach wo, war bei Flughafensprechern am Mittwoch nicht zu erfahren“, meldeten die DNN damals.

Was schon eine gewisse Verharmlosung war, auch wenn es sich durchaus um Hubschrauber des medizinischen Dienstes der US-Streitkräfte gehandelt haben kann. MedEvac steht für medizinische Evakuierung. Aber der Hubschrauber „Sikorsky UH-60“, der auch als Black Hawk bezeichnet wird, ist ein Transport- und Mehrzweckhubschrauber, der von der US Army vielseitig eingesetzt wird. Man kann damit verwundete Soldaten genauso evakuieren wie ausgeruhte Soldaten ins Kampffeld bringen.

Und die Militärs dürfen die Verkehrsflughäfen Deutschlands auch ohne Sondererlaubnis nutzen. Was ja auch die Leipziger erlebt haben, als hier die Transportflüge für die in Nahost, Asien und Osteuropa stationierten US-Truppenkontingente zwischenlandeten. Inzwischen beschränkt sich die militärische Nutzung von Leipzig/Halle vor allem auf die Transportflüge mit den Großtransportern wie der AN 124. Deren Starts und Landungen lassen rund um den Flughafen die Fensterscheiben klirren.

Aber Dresden-Klotzsche hat sich mittlerweile zu einer dauerhaft genutzten Zwischenstation für die Hubschrauber der US Army entwickelt. Mit der entsprechenden Lautstärkebelastung für das Umfeld.

Weil darüber aber nichts in den euphorischen Berichten der Mitteldeutschen Flughafen AG zu finden war, hat die Dresdner Landtagsabgeordnete der Linken Sarah Buddeberg nachgefragt und von Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) auch Auskunft bekommen. Der dann auch erst einmal betonte, dass die NATO-Truppen keine extra Genehmigung brauchen, wenn sie deutsche Verkehrsflughäfen nutzen wollen.

„Der Flughafen Dresden ist gemäß § 6 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) luftrechtlich als Verkehrsflughafen genehmigt. Die Genehmigung wurde im Sächsischen Amtsblatt vom 22. Juli 2010 (Nr. 29/2010) veröffentlicht. Gemäß Punkt 2 ,Zweckbestimmung und zugelassene Luftfahrzeuge‘ der Genehmigung dient er dem allgemeinen Verkehr (Verkehrsflughafen) für Flugzeuge und Drehflügler. Einer gesonderten Genehmigung zur Nutzung des Flughafens Dresden durch zugelassene Luftfahrzeuge/Drehflügler der Bundeswehr/NATO oder in ihrem Auftrag operierende zugelassene Luftfahrzeuge/Drehflügler bedarf es nicht.“

Und das nutzen amerikanische Helikopter, die zu den in Osteuropa stationierten US-Truppen unterwegs sind, natürlich auch aus. Und zwar weidlich, wie die Zahlen aus Dresden-Klotzsche belegen.

Der Verkehrsminister: „Im Jahr 2019 erfasste der Flughafen Dresden 334 und im Laufe des Jahres 2020 (Stand 20. Dezember) 290 Flugbewegungen mit Hubschraubern, die auf die Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika (US Army) entfallen. Bei den eingesetzten Hubschraubertypen handelte es sich im Wesentlichen um UH-60 (Black Hawk), AH-64 (Apache) und CH-47 (Chinook). Die Flugbewegungen des US-Militärs am Flughafen Dresden dienten der Betankung von Hubschraubern.“

Also eben nicht nur MedEvac-Hubschrauber. Die Zahlen sind seit 2017 deutlich nach oben gegangen, was auch teilweise mit einigen Manövern der NATO-Truppen in Osteuropa zu tun hat.

Was sich übrigens nicht nur auf US-Lufttransporte beschränkte. Denn auch andere NATO-Mitglieder ließen ihre Helikopter in Klotzsche auftanken. Der Verkehrsminister: „Weitere militärische Flüge wurden 2019 und 2020 durch die Bundeswehr sowie durch Flugzeuge bzw. Helikopter des französischen, belgischen, ungarischen, britischen, italienischen und des schweizerischen Militärs am Flughafen Dresden durchgeführt. Die Flüge dienten dem Transport von Passagieren.“

Aber dazu hat er dann keine gesonderten Zahlen geliefert. Was man aber im Hinterkopf behalten sollte, denn auch wenn ein Donald Trump in seiner Amtszeit die US-Truppen aus Deutschland abziehen wollte, bedeutet das nicht, dass Deutschland aufhört, Teil der NATO zu sein und damit auch den in diesem Militärbündnis vereinbarten Strategien unterliegt, die wieder stark dem stärksten Mitglied der NATO, den USA unterliegen.

Was in Washington an militärischen Einsätzen geplant wird, betrifft auch immer Deutschland. Ablesbar auch an den steigenden Budgets für die Bundeswehr. Die vielen Geschichten über die desolate Ausrüstung der Bundeswehr haben alle einen Grund: Sie sollen das Gefühl verschaffen, dass die Bundeswehr auf verrotteter Ausrüstung sitzt und nicht einsetzbar ist. Also muss das Militärbudget steigen. 2019 wurde mit 51 Milliarden Dollar ein neuer Höchststand erreicht. Wenn aber das Militär mehr Geld zum Ausgeben bekommt, stehen die Rüstungskonzerne natürlich bei Fuß, um ihre neuesten (und ziemlich teuren) Geräte verkauft zu bekommen.

Und um die Militärbudgets zu steigern, wird Druck aufgebaut. Zuletzt eklatant erlebt mit dem Gezeter um das Gewehr G36 von Heckler & Koch, das von interessierten Kreisen wegen seiner „schlechten Treffergenauigkeit“ bei Hitzeeinwirkung in Verruf gebracht wurde. Schlechte Gewehre müssen natürlich ersetzt werden. Und davon gibt es praktisch zu jeder Waffengattung und jedem teuren Militärspielzeug erstaunlich ähnliche Kampagnen. Man kann sie glauben, muss man aber nicht.

Schon gar nicht, weil Deutschland überhaupt keine eigene Verteidigungs- oder Friedensstrategie mehr hat. Die Diskussion darüber wurde schon 1999 abgewürgt, als Deutschland als NATO-Partner erstmals wieder aktiv in einen Krieg eingriff – damals den Kosovo-Krieg. Wenn aber über eine so elementare Angelegenheit nicht einmal mehr diskutiert wird, entstehen natürlich lauter Grauzonen, in denen Deutschland trotz aller offiziellen Friedensbekundungen Teil militärischer Strategien ist, die oft Dinge zum Ziel haben, die weder Deutschland noch Europa wirklich guttun.

Mit seinen Militärausgaben ist Deutschland übrigens die Nr. 7 bei den Militärausgaben weltweit, etwa gleichauf mit Frankreich und Großbritannien. An der Spitze liegen natürlich jene Staaten, die ihre nationale Politik auch vordergründig mit militärischen Muskelspielen verbinden: USA mit 732 Milliarden Dollar, China mit 261 Milliarden, Indien mit 71 Milliarden, Russland mit 65 Milliarden und Saudi-Arabien mit 62 Milliarden (alles Zahlen für 2019).

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Es gibt 2 Kommentare

… nach neun Tagen keine Antwort – ist ja richtig aufregend hier, wenn man nicht über CORONA fabuliert…

Danke für diesen ernüchternden Bericht, verehrter Herr Julke.
Er ist allemal die Mühe wert 🙂
Wenn ich solcherlei erfahre, dann vergeht mir nicht nur die gute Laune, nein, dann zweifle ich offen am Verstand oder Willen unserer Parlamentarier.
Und im Grunde ist mir auch gleichgültig, wer diesen NATO-Unfug zu verantworten hat.
Nicht einmal oppositionelle Parteien wie die Linke oder die AfD schaffen es, uns diese Ungemach vom Hals zu halten.
Seit die Russen hier im Osten rausmarschiert sind erheben sich wirklich die Sinnfragen nach der weiteren Mitgliedschaft Deutschlands in der NATO und der ständigen Osterverschiebung der NATO-Grenzen, nach den Provokationen gen Rußland etc.
Eigentlich hätten die Amis damals gleichfalls abziehen müssen!
Sind wir denn immer noch ein besetztes Land?
Ich habe jetzt nicht recherchiert, ob die LIZ zum legendären Ramstein-Beschluß des Deutschen Bundestags im Januar 2020 gleichfalls berichtet hatte.
Denn damals stimmte im Bundestag sogar die AfD (!) für den Weiterbetrieb von Ramstein unter US-Flagge, obwohl sie dies in ihrem Parteiprogramm ausdrücklich verneint hatte (fremdländische Soldaten sollten Deutschland verlassen).
Kaum ein Gleichsprech-Medium fand sich, diese Tatsache dem Wahlvolk zu verklickern.
Und so reiht sich Ihre Geschichte ein in einen langen Reigen verhängnisvoller Ergebnisse von Beschlüssen Deutscher Parlamente, der letzte ist noch gar nicht so lange her.
Nochmals vielen Dank

Ihr streitbarer Freitag

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