Am Freitag, 16. Oktober, beschäftigte sich der Ausschuss Regionalentwicklung des Sächsischen Landtags mit einem Antrag der Linksfraktion. „Verbesserung der Bedingungen für den sozialen Wohnungsbau in Sachsen“ war er betitelt, hat aber eigentlich keine Chancen, im Landtag eine Mehrheit zu bekommen, auch wenn die Regierungskoalition von CDU, SPD und Grünen sich mit dem Thema ebenfalls beschäftigt. Denn dass in Leipzig und Dresden bezahlbare Wohnungen fehlen, wird nicht mehr abgestritten.

„Die gesamte Wohnraumförderung des Freistaates Sachsen wird derzeit überarbeitet. Die Meinungsbildung in der Staatsregierung zur Ausgestaltung der Gebietskulisse für die in Rede stehende Richtlinie ist noch nicht abgeschlossen“, teilte Thomas Schmidt, Staatsminister für Regionalentwicklung in seiner Stellungnahme zum Linke-Antrag mit. Der CDU-Minister hat durch die Neuformatierung der Regierung noch mehr Macht bekommen. Zuvor war er Umweltminister. Als Regionalminister verwaltet er die wichtigsten Fördertöpfe – auch den für Wohnungsbau in Sachsen.

Und aus seiner Sicht ist mit der Finanzierung von gefördertem Wohnraum finanziell erst einmal alles in Ordnung: „Das SMR stellt für das Jahr 2020 die Bereitstellung der Bundesmittel und die Kofinanzierung sicher. Für das Jahr 2021 bleibt die Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers abzuwarten.“

Aber eigentlich sollte längst eine neue Wohnraumförderrichtlinie vorliegen, kritisiert Juliane Nagel, Sprecherin für Wohnungspolitik der Linksfraktion im Landtag. Laut Koalitionsvertrag sollte bereits Mitte des Jahres die überarbeitete Richtlinie gebundener Mietwohnraum vorliegen, die die Bezuschussung von Sozialwohnungen in Sachsen regelt.

Dies ist aber bis zum heutigen Tag nicht passiert. Deshalb hat die Linksfraktion im September den Antrag „Verbesserung der Bedingungen für sozialen Wohnungsbau in Sachsen“ (Drucksache Antrag 7/ 3270) vorgelegt und fordert darin die die bestehende Förderrichtlinie grundlegend zu überarbeiten. Am Freitag wurden dazu im Ausschuss für Regionalentwicklung Expert/-innen angehört.

„Wir wollen, dass in Sachsen noch mehr Sozialwohnungen geschaffen werden. Vor allem in den Ballungsräumen Dresden und Leipzig, perspektivisch aber überall dort, wo die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist. Dazu muss der Freistaat Sachsen die Bundesmittel in voller Höhe ausschöpfen und durch Landesmittel cofinanzieren. Diesem Anliegen stimmte ein Großteil der Sachverständigen zu“, resümiert Juliane Nagel, Sprecherin für Wohnungspolitik, nach einer durchaus lebhaften Debatte.

Der Bund gibt Sachsen 50 Millionen Euro für den Bau und die Sanierung von Sozialwohnungen in diesem Jahr. Rein rechnerisch ist das viel zu wenig, um den Bedarf an gefördertem Wohnraum zu decken. Dresden und Leipzig bekommen jeweils 20 Millionen Euro davon. In Leipzig reicht die Summe gerade einmal, um zwischen 300 und 400 geförderte Wohnungen zu bauen oder zu sanieren. Gebraucht würden aber bis zu 1.300 pro Jahr. Deswegen plädieren Fachleute ja für eine deutlich höhere Fördersumme von 200 Millionen für ganz Sachsen pro Jahr.

Aber an der alten Denkweise in der sächsischen Regierung hat sich bislang nichts geändert, was die entsprechende Medieninformation vom März 2020 wieder bestätigte. Man reicht die 50 Millionen Euro vom Bund zwar weiter für den Sozialwohnungsbau. Aber man stockt sie nicht mit Eigenmitteln auf, sondern gibt die eigenen Mittel lieber in die Förderung von Wohneigentum. Und wie heftig der Unterschied ist, machen schon die Zahlen deutlich.

„Priorität bei der aktuellen Wohnraumförderung hat in Sachsen jedoch die Stärkung von Wohneigentum – vor allem für junge Familien – und seniorengerechter, bezahlbarer Mietwohnraum“, erklärte Thomas Schmidt im März. „Für diese Ziele können wir in diesem Jahr mehr als 100 Millionen Euro aus Landesmitteln ausgeben. Besonders wichtig ist mir, dass davon 75 Prozent in den ländlichen Raum fließen.“

Eigenheimförderung ist also der sächsischen Regierung wichtiger als die Unterstützung all jener Normalverdiener, die in den Großstädten keine bezahlbaren Wohnungen mehr finden. Und die 6,50 Euro Kaltmiete je Quadratmeter, die diese geförderten Wohnungen dann trotzdem kosten, haben auch nicht wirklich viel mit „Sozialwohnung“ zu tun. Tatsächlich auf Sozialleistungen angewiesene Mieter können sich so eine Miete auch nicht leisten.

Die Linksfraktion hat einige Vorschläge gemacht, wo die sächsische Wohnraumförderung nachjustiert werden müsste:

– Die Zuschüsse für sozialen Wohnungsbau sollen vor allem nicht profitorientierten Wohnungsanbietern zugutekommen, sprich kommunalen Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und kooperativen Wohnprojekten, damit nicht länger privatwirtschaftliche Gewinne staatlich subventioniert werden.

– Auch der Erwerb von Baugrundstücken und Grundstücken mit Bestandsgebäuden soll förderfähig sein. Dies ist die essentielle Voraussetzung um Sozialwohnungen zu schaffen. Mit einer solchen Regelung könnten gemeinwohlorientierte Anbieter gestärkt werden.

– Die Sozialbindungen der Mieten sollen von derzeit 15 auf 25 Jahre erhöht werden und eine dauerhafte Bindung geprüft werden. So wird dem Szenario vorgebeugt, dass nach Auslaufen der Bindungszeit die betreffenden Wohnungen wieder der Mieterhöhungsspirale zum Opfer fallen.

– Die Zuschusshöhe soll derart ausgestaltet werden, dass die geförderten Sozialwohnungen auch von Sozialleistungsempfänger/-innen mit Anspruch auf Kosten der Unterkunft bezogen werden können. Dies ist in der Stadt Leipzig nicht der Fall.

„Wir erwarten, dass die Staatsregierung zumindest Teile unserer Vorschläge, die auch von Sachverständigen in der Anhörung begrüßt wurden, in die neue Förderrichtlinie aufnimmt und diese im neuen Doppelhaushalt auch entsprechend finanziell ausstattet“, erklärt Juliane Nagel dazu.

„Außer großer Worte muss die Kenia-Koalition wohnungspolitisch endlich etwas liefern. In den Ballungsräumen Dresden und Leipzig haben wir einen handfesten Bedarf an Sozialwohnungen (LH Dresden: 10.000 und Stadt Leipzig: 7.500 bis zum Jahr 2025). Unabdingbar sind daneben selbstverständlich Förderinstrumente für den ländlichen Raum, wo Mieten tendenziell niedrig und der Leerstand hoch ist.“

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