Für FreikäuferLEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 73, seit 29. November im HandelFür die Parteien in Sachsen ist und war der „ländliche Raum“ eines der wichtigsten Themen – spätestens seit dem Erfolg der AfD bei der Landtagswahl am 1. September, der vor allem den Wähler/-innen außerhalb der Großstädte zu verdanken ist. Diese seien abgehängt und frustriert, weil es enorme Probleme mit Gesundheitsversorgung, ÖPNV und sonstiger Infrastruktur gäbe – so die häufig zu vernehmende Begründung für die Wahlentscheidung dieser Menschen.
Der sächsische Landtag hat sich am 15. November auf Antrag der AfD-Fraktion in einer Sondersitzung mit dem Thema befasst. Eigentlich finden aktuell keine Sitzungen statt, weil die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, Grünen und SPD noch immer laufen. Nach der konstituierenden Sitzung am 1. Oktober und einer Sondersitzung anlässlich eines AfD-Antrags zu einem Untersuchungsausschuss zur Listenkürzung am 30. Oktober war dies nun dennoch bereits die dritte Sitzung in dieser Wahlperiode.
Die AfD wollte eine Enquete-Kommission mit dem Titel „Den ländlichen Raum im Freistaat Sachsen lebenswerter gestalten“ einsetzen. Ziel sei es, „regionalspezifische Handlungsempfehlungen“ zu erarbeiten, um „die infrastrukturelle, soziale und wirtschaftliche Situation sowie das Lebensumfeld der Menschen im ländlichen Raum“ nachhaltig zu verbessern. Die AfD wollte dabei unter anderem die Folgen der demographischen Entwicklung, den ÖPNV, Tourismus sowie Präsenz von Kindergärten, Schulen, Polizei und anderen staatlichen Einrichtungen in den Blick nehmen. Auch Themen wie Breitbandversorgung und Finanzausstattung spielten in dem Antrag eine Rolle.
André Barth, der finanzpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, kritisierte in der Landtagsdebatte, dass der ländliche Raum zu lange vergessen und nur „große Leuchtturmstädte wie Dresden und Leipzig“ gefördert worden seien. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Hartmann wies Barth anschließend darauf hin, dass der Landtag bereits vor zwei Jahren über das Thema geredet habe – im Antrag der AfD befänden sich keine neuen Argumente. Woraufhin Barth entgegnete, dass ein entsprechender AfD-Antrag vor zwei Jahren mit der Begründung abgelehnt worden sei, dass in der damals laufenden Legislaturperiode nicht mehr genügend Zeit für eine Enquete-Kommission verbliebe.
Hartmanns Stellvertreter Stephan Meyer bekräftige dennoch, dass die CDU gegen den Antrag stimmen werde. Einen einseitigen Fokus auf Stadt oder Land lehne man ab. Die CDU hatte im vergangenen Jahr selbst ein Strategiepapier für „starke Städte“ und ein „lebenswertes Land“ erarbeitet. „Wir werden in der neuen Koalition den Ausgleich zwischen Stadt und Land vornehmen“, erklärte Meyer.
Auch die Abgeordneten von Linkspartei, Grünen und SPD äußerten sich negativ zum AfD-Antrag. Linkspolitikerin Antje Feiks, zuständig für den ländlichen Raum, warf der AfD vor, die Landbevölkerung stigmatisieren und die „ländliche Idylle verklären“ zu wollen. Eine Enquete-Kommission sei „Zeitverschwendung“, da bekannt sei, was zu tun ist. Franziska Schubert, die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, äußerte in der Debatte, dass es der AfD nicht um Inhalte gehe, sondern um „Show, Sharepics und Empörung“.
Die AfD solle das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen abwarten. Zudem erklärte Schubert, dass es „den“ ländlichen Raum gar nicht gebe und die AfD somit „Gleichmacherei“ betreibe. Themen wie Strukturwandel, Frauen und Grenzregionen spielen im Antrag der AfD nach ihrer Aussage keine Rolle.
Der SPD-Abgeordnete Henning Homann argumentierte ähnlich wie seine Vorredner/-innen. „Die Menschen haben keine Lust, pauschal als Problemregion stigmatisiert zu werden“, sagte er. Die AfD versuche, „Leute gegeneinander auszuspielen“ und den Staat zu schwächen. Um eine Enquete-Kommission einzusetzen, müssen 40 Abgeordnete zustimmen. Da bis auf 37 AfD-Politiker/-innen alle anwesenden Mitglieder des Landtags mit „Nein“ stimmten, war der Antrag nicht erfolgreich.
Im Anfang Oktober veröffentlichten Sondierungsergebnis von CDU, Grünen und SPD tauchte der „ländliche Raum“ bei verschiedenen Themenbereichen auf, etwa zur Daseinsvorsorge, beim Tourismus oder in der Landwirtschaft. Ob die Koalitionsverhandlungen – so wie ursprünglich geplant – bis Ende November abgeschlossen sein werden, war bei Redaktionsschluss unklar.
Nunmehr sind die Ergebnisse bekannt und hier unter dem Hashtag “Koaltionsvertrag” zu finden.
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