Die sächsischen Grünen treffen sich am Samstag, den 12. Oktober, ab 11 Uhr in Leipzig zu ihrer 52. Landesdelegiertenkonferenz. Die Tagesordnung ist übersichtlich: Neben einem Rückblick auf die Landtagswahl geht es hauptsächlich um die Sondierungsgespräche mit CDU und SPD. Die Delegierten wollen die Gespräche auswerten und darüber abstimmen, ob die Grünen in Koalitionsverhandlungen mit den beiden Parteien gehen sollen. Die L-IZ berichtet im Liveticker von der Veranstaltung.
+++ Update von 16:55 Uhr +++
Der Landesparteitag der Grünen hat mit großer Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD gestimmt. Es gab nur wenige Gegenstimmen und Enthaltungen.
+++ Update von 16:15 Uhr +++
In der finalen Aussprache wird die Diskussion tatsächlich etwas härter. Die Leipziger Bundestagsabgeordnete Monika Lazar kritisierte, dass im Sondierungspapier zu wenig über das Thema Sport zu lesen sei. Sie forderte, mehr Vereine im ländlichen Raum zu unterstützen und sich mit eSports zu beschäftigen.
Der aus Dresden kommende Nils Rübelmann nahm die Klimapolitik ins Visier. Dass sich die CDU zu den Pariser Klimazielen bekenne, sei kein Erfolg, sondern eine Selbstverständlichkeit. Problematisch ist aus seiner Sicht, dass der Kohleausstieg erst 2038 erfolgen soll. „Wir erkennen die Kohlekommission und deren sogenannten Kompromiss nicht an“, sagte Rübelmann und begründete das mit der Zusammensetzung des Gremiums. „Wir wollen mehr.“
Lippmann zur bevorstehenden Verhandlung bei Polizei und Kennzeichnungspflicht
Valentin Lippmann zum Knackpunkt in den anstehenden Koalitionsverhandlungen: Polizeigesetz und Kennzeichnungspflicht. Video: L-IZ.de
Ein Delegierter aus Mittelsachsen bat die Anwesenden, gegen Koalitionsverhandlungen zu stimmen. Ein solches Bündnis würde die AfD stärken. Welche Alternative zu einer Kenia-Koalition die AfD nicht stärken würde, sagte er mangels übriger Redezeit allerdings nicht. Ähnlich äußerte sich ein zweiter Redner, der darauf hinwies, dass die AfD kürzlich bei der Wahl zum Landtagsvizepräsidenten auch Stimmen aus anderen Parteien erhalten hatte – wohl aus der CDU.
Die Mehrheit der Redner/-innen äußerte ebenfalls Zweifel an einem wirklich guten Koalitionsvertrag, sagte aber auch, dass man dem möglichen Verhandlungsteam vertraue, noch bessere Ergebnisse zu erzielen. Dass es heute eine Überraschung geben könnte und die Delegierten in einigen Minuten gegen Koalitionsverhandlungen stimmen werden, ist unwahrscheinlich.
Valentin Lippmann (Innenpolitik) zu Maßnahmenforderungen der Grünen gegen Rechtsextremismus
Video: L-IZ.de
+++ Update von 15:00 Uhr +++
In den meisten Redebeiträgen zu den einzelnen Themenbereichen dominieren bislang Zufriedenheit mit grünen Positionen im Sondierungspapier und kritische Anmerkungen zu Blockaden von SPD und vor allem CDU. An deren Adressen richten sich teils deutliche Worte. Klare Ablehnung von Koalitionsverhandlungen war bisher nicht zu vernehmen.
Das könnte sich aber in einer Stunde ändern. Dann gibt es die offene Aussprache über den Antrag des Landesvorstandes, in Koalitionsverhandlungen einzusteigen.
Gerd Lippold zum ersten Erfolg aus der Sondierung „Pödelwitz bleibt!“. Video: L-IZ.de
+++ Update von 14:15 Uhr +++
„Ich werde keine allzu euphorische Rede halten“, hieß es zu Beginn der Ausführungen des Landtagsabgeordneten Valentin Lippmann. „Mit CDU und SPD über Innenpolitik zu verhandeln, ist ernüchternd.“ So gebe es beispielsweise beim Polizeigesetz keine Bewegung; stattdessen würde vor allem die CDU immer wieder mehr Befugnisse für die Behörde fordern. Als Erfolg verbuchte er eine Öffnung der Polizeiausbildung für Externe wie Menschenrechtsexperten.
Bei der Kennzeichnungspflicht kündigte Lippmann an, keinen „schmutzigen Kompromiss“ einzugehen, um diese möglicherweise doch noch durchzusetzen. Jürgen Kasek lobte Lippmann für das Sondierungsergebnis. Eine Kennzeichnungspflicht sei nicht zu erwarten gewesen. Dass es ein Konzept im Kampf gegen Rechtsextremismus geben soll und nicht allgemein von „Extremismus“ die Rede sei, wertete Kasek als großen Erfolg.
Lippmann ergänze anschließend, dass es den Grünen vor allem um mehr Kontrolle des Verfassungsschutzes gehe – die Forderung nach einer Abschaffung sei nicht durchsetzbar – und mehr Unterstützung der Kommunen im Kampf gegen Rechtsradikale.
+++ Update von 13:15 Uhr +++
Die Auswertung der Sondierungsgespräche hat begonnen. Landtagswahl-Spitzenkandidat Wolfram Günther erklärte seine Freude darüber, dass die CDU der bisherigen Oppositionspartei „zum ersten Mal zuhören“ müsse. „Wir haben deutlich gemerkt, dass das für sie eine Überwindung war.“
Wolfram Günther zur Sondierung mit CDU und SPD. Video: L-IZ.de
Zudem gebe es unterschiedliche „Diskurswelten“. Die Grünen würden nicht den starken Staat fordern, sondern mehr Partizipation der Bürger/-innen. „Da guckt man in leere Augen“, so Günther. Bis zu einer Regierung sei es noch ein weiter Weg, auch weil die CDU von rechts unter Druck stehe.
Jeweils ein Redner beziehungsweise eine Rednerin fasste dann einzelne Themenbereiche der Sondierungen zusammen. Zunächst ging es um Infrastruktur, Energie und Umwelt.
Katja Meier zu den Sondierungen aus Grüner Sicht. Video: L-IZ.de
Spitzenkandidatin Katja Meier forderte, dass sich Wirtschafts- und Mobilitätspolitik an den Pariser Klimazielen orientieren müssten. Ein mögliches Problem sei, dass CDU und SPD über den Ausbau der A4 „schwadronieren“. Gerd Lippold betonte, dass Kohlekompromiss und Kohleausstieg ein schwieriges Thema seien.
Für manche in CDU und SPD sei letzterer noch immer schwer vorstellbar. Zu den ersten drei Themenbereichen folgt nun eine Aussprache.
Die neue Grünen-Fraktion im Landtag Sachsen. Video L-IZ.de
+++ Update von 12:30 Uhr +++
Aktuell läuft die Auswertung der Landtagswahl. Spitzenkandidatin Katja Meier lobte den Wahlkampf ihrer Partei und verwies auf viele sachliche Diskussionen mit Bürger/-innen. Das starke Ergebnis der „Verfassungsfeinde der AfD“ steche allerdings negativ heraus. Meier sagte, dass es gerade in Sachsen wichtig gewesen sei, nicht nur ökologische Themen in den Vordergrund zu stellen, sondern auch solche, die sich mit Themen wie Demokratie und Rassismus befassen.
Landessprecher Norman Volger präsentierte den Delegierten einige Zahlen zu Zweitstimmen und Wählerwanderung. Genau wie Jobke in der Begrüßungsrede forderte er mehr Aufmerksamkeit für Gegenden außerhalb der Großstädte. Dort hätten die Grünen deutlich schlechter abgeschnitten.
+++ Update von 12:15 Uhr +++
Mit einer Enthaltung und ohne Gegenstimme hat der Parteitag einen Dringlichkeitsantrag zum Anschlag in Halle beschlossen.
„Jahrelang haben führende sächsische Regierungs-Politiker rechte Gewalt in Sachsen verharmlost“, heißt es darin. Sicherheitsbehörden wie Polizei und Verfassungsschutz hätten neonazistische Strukturen ignoriert. „Verschwörungstheorien, verbale Angriffe, Hass und Hetze fielen in Sachsen über Jahrzehnte auf fruchtbaren Boden und konnten politische Grenzen verschieben.“
Der Leipziger Stadtrat Jürgen Kasek bezeichnete es als „unfassbar, dass wir schon wieder einen Eilantrag zu diesem Thema einbringen müssen“. Er forderte eine klare Haltung insbesondere vom potentiellen Koalitionspartner CDU. „Es ist normal geworden, was niemals hätte normal werden dürfen“, sagte Kasek.
+++ Update von 11:30 Uhr +++
Der Parteitag der Grünen beginnt mit einer Schweigeminute für die Opfer des rechtsradikalen Anschlags in Halle. Anschließend begrüßt Matthias Jobke, der Vorsitzende der Grünen in Leipzig, die Delegierten.
Er blickte auf die Landtagswahl zurück: „Der Wahlkampf war anstrengend, aber erfolgreich.“ Besonders in den großen Städten sind und waren die Grünen erfolgreich, sowohl was Stimmen als auch Direktmandate betrifft. „Wir dürfen aber die Landkreise nicht vergessen“, betonte Jobke.
Zudem blicke Jobke auf den heutigen Parteitag: „Er wird ganz im Zeichen der Sondierung stehen.“ Jobke sagte auch, dass eine Zusammenarbeit mit CDU und SPD für viele wohl nicht die Wunschkoalition sei.
+++ Update von 10:45 Uhr +++
Bereits am vergangenen Wochenende hatten sich Landesvorstand und Landesparteirat jeweils einstimmig für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen ausgesprochen. „Die Sondierungen mit CDU und SPD haben gezeigt, dass es gemeinsame Ziele gibt, um in den nächsten fünf Jahren ein weltoffeneres, ökologischeres und gerechteres Sachsen zu gestalten“, sagte Landessprecher Norman Volger.
CDU, SPD und Grüne haben sich in den vergangenen Wochen mit jeweils zehn Vertreter/-innen drei Mal zu Sondierungsgesprächen getroffen und anschließend ein 13 Seiten umfassendes Ergebnispapier (PDF) veröffentlicht. Die Landesvorstände der bisherigen Koalitionspartner CDU und SPD hatten sich schon am gestrigen 11. Oktober 2019 jeweils ohne Gegenstimmen für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen ausgesprochen.
Ob es diese tatsächlich geben wird, entscheiden nun also die Grünen unter dem Druck der erklärten Zustimmung der beiden bisherigen Koalitionäre CDU und SPD zu weiteren Verhandlungen.
Morgen wird die #LDK @gruene_sachsen über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit @cdusachsen und @SPDSachsen entscheiden. Ich habe schon Befürchtungen gehört, es könnte eine 100%ige Zustimmung heraus kommen. Keine Angst, ich bin auch Delegierter.
— Michael Schmelich (@copista) October 11, 2019
Bereits im Vorfeld der heutigen Versammlung hatte es erste Stimmen gegeben, die ankündigten, seitens der Grünen eine schärfere Gangart als noch in der Sondierung erreichen zu wollen. Und gegebenenfalls nicht zuzustimmen, dies deutete Michael Schmelich, Stadtrat in Dresden, auf Twitter an.
Die L-IZ.de ist vor Ort und berichtet live von den Debatten.
Das Eckpunktepapier der Sondierungen (PDF) zum Download
Einige Punkte, an denen die Koalitionsverhandlungen in Sachsen sehr schnell scheitern können
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