Demokratie ist etwas, um das man sich kümmern muss. Das kann man nicht einfach irgendwelchen Parteigranden überlassen, denen Taktik und Sesselchen wichtiger sind als die Arbeit für ein wirklich lebenswertes Land. Und nicht nur außerhalb Sachsens fürchtet so mancher, dass die CDU nach der Landtagswahl im September mit der strammrechten AfD regieren könnte. Eine Leipziger Initiative fordert nun in einem Offenen Brief an die CDU-Landesverbände im Osten, ein Regierungsbündnis mit der AfD von vornherein auszuschließen.
Denn auch in Thüringen und Brandenburg sehen Wahlumfragen die AfD als möglichen Wahlsieger. Die großen Zeitungen rätseln, warum das so ist. Die F.A.Z. veröffentlichte eine Allensbachumfrage zum „ostdeutschen Identitätsgefühl“. Die „Zeit“ fasst das Ergebnis der Umfrage so zusammen: „Dieses ostdeutsche Identitätsgefühl wird durch die weit verbreitete Überzeugung verfestigt, dass es große Unterschiede in den Lebensverhältnissen zwischen dem Osten und dem Westen Deutschlands gibt, heißt es in der Studie. In Ostdeutschland verstärke sich das Empfinden, abgehängt zu sein. 27 Prozent stimmten der Aussage zu, ,dass es vielen anderen in Deutschland immer besser geht, aber mir nicht‘. In Westdeutschland stimmten nur 18 Prozent dieser Aussage zu.“
Was man durchaus auch als Versäumnis der Politik der bislang regierenden Parteien interpretieren kann. Es scheint zumindest so, dass viele Wähler jetzt die Gelegenheit sehen, den etablierten Parteien eins auszuwischen. Aber die Sache hat einen Haken, denn die AfD-Wähler findet man in allen Schichten. Sie spricht eben nicht alle „Wendeverlierer“ an, sondern eher ein Gefühl von Überforderung auch bei Gutverdienern, Staatsdienern und Wohlhabenden.
Wer davon ausgeht, in der AfD-Wählerschaft nun ausgerechnet die ostdeutschen Wendeverlierer auf der Suche nach ihrer Identität zu finden, der könnte sich gewaltig täuschen und am Ende eine Partei finden, die mit überholten Rezepten aus der nationalistischen Mottenkiste versucht Probleme anzugehen, die dafür viel zu groß und zu komplex sind. Angefangen beim Klimawandel, den die AfD konsequent leugnet, frei nach dem Motto: Wenn ich das einfach ignoriere, ist es einfach nicht da.
Entsprechend leer sind dann die Angebote der Partei in ihrem „Regierungsprogramm“. Nicht nur für Sachsen, wo sich in der Regierungszeit der CDU die Probleme angehäuft haben, wäre das fatal.
Aber wie steht die CDU in Sachsen eigentlich zur AfD?
Ministerpräsident Michael Kretschmer hat einer Koalition mit der AfD schon eine Absage erteilt. Die Initiative „Zukunft Sachsen“, die sich mit ihrem Engagement gegen die Wahl eines AfD-OBM in Görlitz schon Meriten verdient hat, hat im Juli alle Direktkandidaten der sächsischen CDU befragt, wie sie zu einer Koalition mit der AfD stehen. Dabei hatten bis Montagabend, 15. Juli 2019, 47 CDU-Direktkandidat/-innen eine solche Koalition ausgeschlossen, darunter Holger Gasse, Robert Clemen, Karsten Albrecht, Michael Weickert und Wolf-Dietrich Rost, die allesamt in Leipzig antreten.
Die anderen 13 Personen haben laut „Zukunft Sachsen“ noch nicht geantwortet, darunter die beiden Leipziger Kandidaten Andreas Nowak und Roland Pohle sowie der ehemalige Leipziger Polizeipräsident Bernd Merbitz, der in Nordsachsen antritt.
13 Abgeordnete haben gesamt nicht geantwortet. Man liegt wahrscheinlich nicht falsch mit der Annahme, dass darunter einige von jenen sind, die immer wieder über mögliche Koalitionen mit der AfD fabulieren.
Britta Taddiken, Pfarrerin der Thomaskirche Leipzig und Mitinitiatorin von Aufruf 2019 und Regisseurin Janna Kagerer vom theater eumeniden Leipzig haben deshalb jetzt auf der Plattform Campact einen Offenen Brief an die CDU-Landesverbände Sachsen, Thüringen und Brandenburg veröffentlicht. In diesem Brief werden die Verbände dieser Bundesländer aufgefordert, im Vorfeld der Landtagswahlen eine offizielle schriftliche Erklärung zu veröffentlichen, aus der klar hervorgeht, ob ein Regierungsbündnis mit der AfD kategorisch ausgeschlossen wird oder nicht.
Bis Mitte August kann dieser Aufruf (Link unterm Text) mit unterzeichnet werden. Die Übergabe der Unterschriften soll dann am Sonntag, 18. August, um 11:30 Uhr im Gemeindesaal Dittrichring 12 im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung stattfinden. Vertreter/innen der CDU-Landesverbände wurden dazu eingeladen und erhalten im Anschluss an die Übergabe die Gelegenheit, eine eventuell bis dahin bereits formulierte Erklärung Ihres Landesverbandes zu verlesen und mit den anwesenden Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen.
Zum Aufruf an die CDU-Verbände bei Campact
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