In einem hat Jörg Vieweg, der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, unrecht: Ökologisches Verhalten ist kein Luxusproblem. Das Gegenteil ist der Fall: Klimaschädliches Verhalten ist ein Luxusproblem. Deswegen ist es nämlich so schwer, die deutsche Politik dahin zu bewegen, endlich eine vernünftige Klimapolitik zu machen. Sie hat den Widerstand der Reichen und Satten gegen sich. Aber die Jugendlichen sind schon weiter, stellt Vieweg auch fest.
Am Dienstag, 2. Juli, gab es im Sächsischen Landtag die aktuelle Debatte zum Thema „Klimakonferenz der sächsischen Schülerinnen und Schüler“. Da wurde das deutlich. Denn die von der Staatsregierung zusammen mit dem Landesschülerrat in Leipzig organisierte Klimakonferenz ging ja bekanntlich ein bisschen anders aus, als von der Staatskanzlei erwartet. Es waren eine Menge Jugendliche dabei, die all die Themen der „Fridays for Future“ an diesem Tag in die Debatte brachten und dafür sorgten, dass es eben doch nicht wieder zu einer Bestätigungskonferenz für die sächsische Klima-Nichtpolitik wurde.
„Bei der Klimakonferenz in Leipzig haben die Schülerinnen und Schüler auf einem sehr hohen Niveau debattiert und diskutiert. Und sie haben zahlreiche klare Forderungen an uns Politiker gestellt. Darunter die Forderung nach der Mobilitätswende – sie wollen mehr ÖPNV und nicht weniger, mehr und bessere, schnellere Verbindungen in Sachsen“, kann Vieweg feststellen.
„In dieser Legislatur haben wir in diesem Bereich einiges erreicht: Das Azubi- und das Schülerfreizeit-Ticket kommen am 1. August, das Bildungsticket in etwa einem Jahr. Aber als SPD, und das haben wir immer klar gesagt, wollen wir mehr. Wir wollen die von den CDU-Landräten dominierten Verkehrsverbünde abschaffen und eine echte Landesverkehrsgesellschaft gründen.“
Was ja ein gutes Beispiel dafür ist, wie sinnvolle Umweltpolitik in politischem Hickhack zerredet wird. Statt das Ziel gemeinsam zu definieren und dann Wege zu definieren, wie man hinkommt, veranstaltet man politische Schlammschlachten und spielt miteinander Dudu.
Logisch, dass die Schülerinnen und Schüler von diesem kindischen Theater die Nase voll haben.
„Die jungen Leute fordern mehr Bewusstsein für Umweltschutz, sie wissen genau, welche Macht die Verbraucher/-innen haben, welchen Einfluss das eigene Handeln und Konsumieren haben“, sagt Vieweg. „Die junge Generation interessiert sich für ihre Zukunft. Und sie weiß: Das hat mit unserer Art zu leben und mit der Art unseres Wirtschaftens zu tun. Deshalb stellen die Jugendlichen die Frage nach unserer sozialen Marktwirtschaft. Diese wollen sie reformieren und fordern Veränderungen ein, damit unser Wirtschaftssystem keine a-soziale Marktwirtschaft wird.“
Kurz durchatmen: Sie wird es nicht erst
Unsere Marktwirtschaft ist jetzt schon eine a-soziale. Deutschland lebt ganz offiziell seit dem 3. Mai wieder ökologisch auf Pump, es verbraucht drei Mal so viel Ressourcen und verursacht entsprechende Emissionen, wie diesem kleinen Land eigentlich zustünden, wenn es nur so viel verbraucht, wie die Erde jährlich bereitstellt.
Und dazu kommt der Wahnsinn einer völlig a-sozialen Globalisierung, die sämtliche Umweltbelastungen externalisiert und in die armen Länder der Welt exportiert, dafür dort zu Dumpinglöhnen hergestellte Produkte billig importiert. Was übrigens einen Teil der so falsch gefeierten deutschen „Exportüberschüsse“ ausmacht.
Und das führt dann leider oft zu falschen Vorstellungen auch in der Politik.
„Ich merke aber auch: Leider ist ökologisches Verhalten oft noch ein Luxusproblem. Wer sich klimaverantwortlich verhalten möchte, zahlt zu oft noch drauf – das müssen wir dringend verändern. Die jungen Leute fordern eine ambitionierte Energiepolitik, sie fordern mehr sich erneuernde Energien“, so Vieweg. „Die jungen Menschen haben keine Angst, sie haben Lust auf Veränderung und blicken mit Mut und Zuversicht auf diese Herausforderungen. Sie haben es geschafft, eine oft rückwärtsgewandte Debatte nach vorne zu drehen.“
Denn das Argument mit dem teuren klimaverantwortlichen Handeln stimmt nicht ganz. Denn tatsächlich wird nicht klimaverantwortliches Handeln (durch höhere Preise) bestraft, sondern klimaschädliches Verhalten belohnt: Mit Verzicht auf Kerosin- und CO2-Steuern, mit falschen Investitonsverteilungen, die den ÖPNV seit Jahrzehnten benachteiligt haben, durch politische Feigheit den großen Klimasündern unter den Konzernen gegenüber.
Beispiel gewünscht? Hier ist eins.
Erstaunlich, aber für Jörg Vieweg ist das ein Grund, den jungen Menschen künftig mehr Mitentscheidung zuzugestehen.
„Diese Haltung macht mir Mut und Hoffnung. Deshalb sollten wir die jungen Leute mehr mitentscheiden lassen“, sagt er. „Deshalb sollten wir in Sachsen das Wahlalter auf 14 Jahre herabsetzen. Denn die jungen Leute müssen sonst Veränderungen in ihrem Leben aushalten, für die sie nicht nur nicht verantwortlich sind, sondern für deren Bekämpfung sie politisch nicht mal eine Stimme haben. Das halte ich angesichts der Herausforderung für einen untragbaren Zustand, den wir als SPD gern schnellstmöglich verändern würden. Die jungen Leute wollen Verantwortung für die Zukunft übernehmen und sie können es auch.“
Wird in Sachsen das Wahlalter Null bald zur Selbstverständlichkeit?
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