Nachdem OBM Burkhard Jung am Freitag, 5. Juli, offiziell die Entscheidungen des Aufsichtsrates der Leipziger Stadtwerke bekannt gab, im September den Fernwärmeliefervertrag mit der LEAG zu kündigen und bis dahin eine eigene Wärmeversorgung aufzubauen, meldete sich auch der Energieexperte der Grünen-Fraktion im Landtag, Gerd Lippold, zu Wort. Er ermahnt die Staatsregierung, Leipzig keine Knüppel zwischen die Beine zu werfen.
„Ich begrüße die Entscheidung, sich so schnell wie möglich vom Braunkohlekraftwerk Lippendorf unabhängig zu machen“, erklärte Lippold. „Das ist eine wichtige Maßnahme der Daseinsvorsorge, bei der Leipzig keinen Tag verlieren darf, nachdem zuletzt bereits der Block S des Kraftwerks Lippendorf aus wirtschaftlichen Gründen einstweilig stillgelegt werden musste.“
Der Block S des Kraftwerks Lippendorf (EnBW) wurde aus wirtschaftlichen Gründen einstweilig vom Netz genommen. Das wurde auch durch die gestiegenen CO2-Preise begründet. Der zweite, baugleiche Block R (LEAG) hatte zwar bislang konzernintern (sowohl der Braunkohlelieferant MIBRAG als auch die LEAG haben eine fast identische Eigentümerstruktur) etwas geringere Brennstoffkosten. Doch die hohen Tagebau-Fixkosten fallen jetzt auf die halbe Kohlemenge. Das stellt auch den wirtschaftlichen Betrieb der Kombination aus Tagebau und dem zweiten Block des Kraftwerks infrage.
„Der Ausstieg aus der Lippendorfer Fernwärme ist eine Riesenchance für Leipzig. Jetzt können dezentrale Strukturen in kommunaler Hand weiter ausgebaut werden. Damit kann Leipzig seine Energieversorgung von den rein renditegetriebenen Finanzinvestoren hinter LEAG/EPH komplett unabhängig machen. Leipzig kann und muss eigene, nachhaltige Lösungen für Klärschlamm und Wärmeversorgung aufbauen“, betont Lippold.
Wichtig zu erwähnen an der Stelle ist noch: Auch die MIBRAG, die den Tagebau Vereinigtes Schleenhain betreibt, ist eine Tochter der tschechischen EPH. Die Fixkosten des Tagebaubetriebs bleiben, auch wenn ein Kraftwerksblock schon vom Netz gegangen ist. Die Frage steht durchaus, ob sich der Betrieb des Tagebaus überhaupt noch rechnet, erst recht, wenn auch noch die zu erwartende CO2-Steuer kommt, die gerade die Braunkohleverstromung deutlich verteuern wird. Damit wird die Umweltschädlichkeit der Braunkohle endlich Bestandteil des Energiepreises, was sogar zwingend erforderlich ist, wenn Deutschland seine Klimaziele wirklich erreichen will.
Aber wie geht die kohleaffine Landesregierung damit um, dass Leipzig jetzt wirklich die Unabhängigkeit von der Kohle forciert?
„Ich fordere die sächsische Staatsregierung auf, die Leipziger Pläne in Zusammenarbeit mit der zuständigen Landesdirektion durch Ermöglichung eines zügigen Genehmigungsverfahrens zu unterstützen. Es muss im Interesse des Freistaates liegen, die heutigen Kohleregionen bei der Entwicklung zukunftsfähiger Infrastruktur nach besten Kräften zu unterstützen“, sagt Lippold.
Und an Leipzigs OBM und die Stadtwerke-Geschäftsführung appelliert er: „Weder im Zuge der Verhandlungen zu Übergangslösungen, noch im Zuge des Genehmigungsverfahrens darf sich die Stadt Leipzig unter Druck setzen lassen, sich auf dem Weg zu einer echten kommunalen Energiewende weiter langfristig an unsichere Firmenkonstruktionen tschechischer Finanzoligarchen zu binden. Wer sich heute nicht einmal in der Lage sieht, die nötigen finanziellen Sicherheiten für die gesetzlich vorgeschriebene Wiedernutzbarmachung der Braunkohletagebaue in voller Höhe auf den Tisch zu legen, stellt bereits heute ein Milliardenrisiko für öffentliche Kassen dar. Weitere Abhängigkeiten kommunaler Geschäftsmodelle von derart riskanten Braunkohleinvestoren darf es nicht geben.“
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