Das war deutlich: Die Europäische Kommission hat gegenüber Deutschland am 25. Juli das Zweitverfahren wegen Verstößen gegen die Nitratrichtlinie eröffnet. Auch die Düngeverordnung von 2017 reicht nach ihrer Auffassung nicht zur Umsetzung des EuGH-Urteils aus. Wie sollte sie auch? Deutsche Landwirtschaftsminister stecken noch tief im alten Massentierhaltungs-Denken. Auch in Sachsen. Und aus der Massentierhaltung stammt nun mal die Gülle, die auch in Sachsen das Grundwasser verseucht.
Gerade Nord- und Westsachen leiden unter dieser Massenausbringung von Gülle auf den Feldern. 2017 machten sowohl der Verein zum Schutze des Rheins und seiner Nebenflüsse (VSR) als auch der WWF auf die Nitratbrühe in sächsischen Grundwasserkörpern aufmerksam. Landtagsfraktionen wie Grüne und Linke machten auch schon 2015 und 2013 darauf aufmerksam. Aber der amtierende Landwirtschaftsminister sah überhaupt keinen Grund, in irgendeiner Weise tätig zu werden.
Womit er sich kaum von seinen konservativen Amtskollegen in anderen Bundesländern unterschied. Im gemächlichen Wechselspiel zwischen Bundeslandwirtschaftsministerium und Landesumweltministerien wurde das Problem seit Jahren vertagt, verharmlost, mit einer Düngemittelverordnung kaschiert, die nach einem Fortschritt aussah, obwohl sie den Verursachern der Grundwasserbelastung nicht mal ansatzweise zu Leibe rückte.
Ergebnis: Massive Nitratwertüberschreitungen gerade in den landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten. In Sachsen leuchtet gerade der Direktionsbezirk Leipzig besonders rot auf der Karte des VSR. Im benachbarten Sachsen-Anhalt sieht es nicht besser aus.
Mit Urteil vom 21. Juni 2018 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass Deutschland die Nitrat-Richtlinie verletzt hat. Der Verstoß liege darin, dass die Bundesrepublik im September 2014 keine weiteren „zusätzlichen Maßnahmen oder verstärkte Aktionen“ zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus der Landwirtschaft ergriffen habe, obwohl deutlich gewesen sei, dass die bis dahin ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichten, berichtet der „Umweltruf“.
Die am 2. Juni 2017 in Kraft getretene novellierte Düngeverordnung war nicht Gegenstand des Verfahrens, sondern die alte Düngeverordnung von 2006. Aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes sieht die Europäische Kommission allerdings auch Anpassungsbedarf an der Düngeverordnung aus 2017. Mit dem Mahnschreiben leitet die Kommission das Zweitverfahren ein, da Deutschland nach Auffassung der Kommission noch nicht die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung des genannten Urteils getroffen hat.
Die Bundesregierung versucht es jetzt mit einer Stromstoffbilanz, die die Landwirtschaftsbetriebe dazu bringen soll, ihre Gülleausbringung um 20 Prozent zu senken. Aber wenn die Landwirtschaftsbetriebe nicht verpflichtet werden, alle ausgebrachten Düngermengen nachzuweisen, bleibt das wieder ein zahnloser Tiger. Es wird wieder nur punktuell an Symptomen herumgedoktert, obwohl längst klar ist, dass einerseits die industriell und mit hohen Düngergaben bewirtschaftete Fläche insgesamt sinken muss, die ökologische Landwirtschaft aber deutlich größere Teile des Landes bewirtschaften muss. Und – das wird gerade in Deutschland immer wieder ausgeblendet – die Massentierhaltung muss massiv zurückgebaut werden. Denn Gülle, die gar nicht erst produziert wird, muss auch nicht auf die Felder gebracht werden.
Dass Sachsen längst sämtliche Trinkwasser- und Naturschutzgebiete zu Sperrzonen für Gülleausbringung hätte erklären können, gehört auch zu diesem Thema. Wer Leipzig genauer betrachtet sieht, dass auch das Leipziger Auensystem unter massiv erhöhten Nitratwerten im Grundwasser leidet. Aber nicht einmal der zuständige Bürgermeister sah sich animiert, das Thema auch nur mit spitzen Fingern anzufassen.
Umweltschutz spielt in der Leipziger Politik noch immer keine Rolle. Leipzigs Verwaltung malt sich nur gern grün an mit schönen Schau-Maßnahmen in der Öffentlichkeit. Wenn es ernst wird, wissen die befragten Ämter immer von nichts, bauen lieber neue Bootskanäle, als selbst so ein Thema wie die Belastung der Grundwasser im Leipziger Stadtgebiet endlich auf die Arbeitsliste zu setzen.
Kleine Lichtblicke: Die zunehmende Fläche ökologischer Landbewirtschaftung im Tauchaer Raum und das 2018 gestartete Kooperationsprojekt mit dem Wurzener Land WERTvoll.
Neue Nitratkarte des VSR bestätigt auch die lasche Wasserschutzpolitik in Sachsen
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