Manchen Politikern ist gar nichts mehr peinlich. Noch auf der politischen Bühne bereiten sie ihre besser bezahlte Karriere in der Wirtschaft vor, machen unverhohlen Lobbypolitik und stellen sich auch noch dumm, wenn ihnen dieses zweischneidige Verhalten zum Vorwurf gemacht wird. Die Grünen hatten deshalb im März einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den fliegenden Wechsel politischer Amtsinhaber in die Wirtschaft erschweren soll.
Zur öffentlichen Anhörung zu diesem Gesetzentwurf zur Einführung einer Karenzzeit für Mitglieder der Staatsregierung am Mittwoch, 8. Mai, im Sächsischen Landtag, erklärt Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher: „Mit dem Gesetz wollen wir den ‚Drehtür-Effekt‘ – also den Seitenwechsel von Mitgliedern der Staatsregierung in Unternehmen und Interessengruppen – zukünftig verhindern, soweit die angestrebte neue Beschäftigung in Bereichen ausgeübt werden soll, in denen das ehemalige Mitglied der Staatsregierung während der Amtszeit tätig war oder wenn der Wechsel das Vertrauen in die Integrität der Staatsregierung beeinträchtigen kann. Die Karenzzeit kann im Einzelfall bis zu drei Jahren dauern.“
Aber irgendwie ist die Fragwürdigkeit eines solchen schnellen Wechsels für einige Parteien überhaupt kein Problem. Sie benannten nicht einmal Sachverständige, um noch andere, eigene Facetten am Gesetz zu erhellen. Tatsächlich stand nur der von den Grünen benannte Sachverständige Rede und Antwort.
„Der leider einzige Sachverständige, Dr. Wolfgang Jäckle, von Transparency International Deutschland e. V., begrüßte den Gesetzentwurf ausdrücklich und bezeichnete ihn als einen Beitrag zur Verbesserung der politischen Kultur im Freistaat Sachsen. Insbesondere die ‚Abkühlungsphase‘ von bis zu drei Jahren wäre eine deutliche Verbesserung auch gegenüber bereits bestehender Regelungen im Bund und in anderen Ländern“, stellt Valentin Lippmann fest. „Kritisiert wurde die fehlende Sanktionsmöglichkeit, auch wenn ich hier auf die Integrität der ehemaligen Mitglieder der Staatsregierung vertrauen möchte.“
Aber wie will man ehemalige Politiker sanktionieren, die ihre Verbindungen und ihr Insiderwissen nach dem Amtsende einfach mitnehmen in Unternehmen, die zuvor von ihrer politischen Arbeit profitiert haben? Die dann selbst zu Lobbyisten werden und das Gefühl im Land verstärken, dass der gewöhnliche Wähler auf derartige Handreichungen keinen Einfluss hat? Oder gar vorher schon eine Politik bekommen hat, die mit dem Interesse der Allgemeinheit nichts zu tun hat?
Denn gerade die Aussicht, nach der Amtszeit in der Wirtschaft noch eine lukrative Karriere zu machen, beeinflusst auch schon das politische Handeln. Oft schon unbewusst, wie die Grünen dazu analysieren: „Problematisch wird dies erst dann, wenn sogenanntes Fachwissen selektiv aufgearbeitet wird und sich Entscheidungsträgerinnen und -träger der gezielten Einflussnahme nicht bewusst sind oder diese gerade mit Blick auf mögliche Vorteile zulassen. Ein solcher Vorteil könnte die Aussicht auf einen lukrativen Job nach dem Ende der politischen Karriere sein. In Zeiten, in denen sich die bisherigen Grundannahmen des politischen Systems, etwa die des Bestandes großer Volksparteien, ändern, müssen sich Regierungsmitglieder mehr denn je darüber Gedanken machen, wie es für sie nach einer – möglicherweise sehr kurzen – Amtszeit beruflich weitergeht. Diese Unsicherheit kann durchaus Anreiz geben, politische Entscheidungen zugunsten möglicher späterer Arbeitgeber zu treffen.“
Reichen 36 Monate Pause, um dem Wechsel in große Konzerne das Geschmäckle zu nehmen?
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