Wenn man über die Gefahr von Schusswaffen redet, muss man auch über das Ausmaß von Schusswaffenbesitz reden. Und über die Frage: Kommen Schusswaffen auch in die Hände gefährlicher Menschen? Und Sachsens Innenminister Roland Wöller kann die letzte Frage nur bejahen. Zuletzt erst wieder im April. Da hatte der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Enrico Stange, wieder danach gefragt.
Ein Jahr zuvor hatte Wöllers Auskunft gelautet: „Dem Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen liegen Erkenntnisse vor, dass derzeit 77 Personen, die der rechtsextremistischen Szene zugeordnet werden, im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis sind.“
Was durchaus schon eine bedenkliche Antwort war, weil es gerade die sächsischen Rechtsextremisten waren, die ab 2015 in ihren Netzwerken dazu aufgefordert hatten, sich zu bewaffnen. Und sie meinen das ernst. Ein Jahr später spricht Wöller schon von 87 Personen der rechtsextremistischen Szene, die eine waffenrechtliche Erlaubnis besitzen. Eine Auskunft, die noch ergänzt werden muss durch eine Anfrage von Kerstin Köditz, Sprecherin für Antifaschistische Politik der Linksfraktion.
Die hatte sich im Januar nicht nur nach den waffenrechtlichen Erlaubnissen im Besitz von sächsischen Rechtsextremen erkundigt (79), sondern auch nach solchen im Besitz von sogenannten „Reichsbürgern und Selbstverwaltern“, die seit zwei Jahren endlich verstärkt im Fokus des Verfassungsschutzes stehen und ganz und gar nicht harmlos sind, wie mehrere Schusswaffenvorfälle mit „Reichsbürgern“ in der Vergangenheit zeigten. Immerhin 36 dieser „Reichsbürger und Selbstverwalter“ verfügten im Januar über eine waffenrechtliche Erlaubnis.
Aber man prüfe noch, teilte Wöller mit: 69 Personen aus dem rechtsextremen Milieu beziehungsweise aus dem Bezugsfeld „Reichsbürger/Selbstverwalter“ seien auf ihre waffenrechtliche Zuverlässigkeit überprüft worden. „In 35 Fällen führten die Überprüfungen zum Widerruf bzw. zur Rücknahme der waffenrechtlichen Erlaubnisse, welche die Abgabe der erlaubnispflichtigen Waffen zur Folge hatte. Bei zwei weiteren Personen wurden Anträge auf waffenrechtliche Erlaubnisse aus den Vorjahren abgelehnt“, so Wöller.
Wobei Enrico Stange auch deshalb regelmäßig nachfragt, weil sich augenscheinlich viele Sachsen tatsächlich mit Schusswaffen aufrüsten, nicht nur mit den Waffen, die vom Kleinen Waffenschein erfasst werden.
Und wie zu erwarten war, ergab auch seine Anfrage aus dem April, dass die Zahl der registrierten Schusswaffenbesitzer und ebenso die Zahl der registrierten Schusswaffen übers Jahr weiter gestiegen ist. Waren im Frühjahr 2010 noch 29.016 Sachsen im Besitz von Schusswaffen, so stieg diese Zahl übers Jahr auf 29.791. Übrigens auch in Leipzig, wo die Zahl der Schusswaffenbesitzer von 1.837 auf 1.924 stieg.
Die Zahl der Schusswaffen und Waffenteile im Privatbesitz stieg von 160.591 auf 172.037. Das kann man schon ein gewisses Schusswaffenarsenal nennen. Jeder Schusswaffenbesitzer hat also fast sechs Waffen bzw. Waffenteile im Besitz.
Nur zum Vergleich, denn das interessierte Enrico Stange 2018 auch einmal, weil die Schusswaffen bei der Polizei nicht in dieser Aufstellung enthalten sind. Damals gab ihm der Innenminister zu den Schusswaffen bei der Polizei Auskunft: Es waren 22.487.
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