Sachsen und seine Schutzgebiete – das ist eigentlich ein Alptraum. Denn eigentlich sind sie nicht geschützt. Wer nach den verantwortlichen Ämtern im sächsischen Umweltministerium sucht, wird sie nicht finden. Selbst die vier größten Schutzgebiete hat der Agrarminister einem staatlichen Wirtschaftsunternehmen unterstellt: dem Staatsbetrieb Sachsenforst. Aber der hat keine Erhaltungspläne für die sensiblen Schutzgebiete. Deswegen stellten Linke und Grüne schon 2017 einen Antrag, das zu ändern.

Damals stellten sie gemeinsam den Antrag zur Verbesserung der Schutzgebietsverwaltung für die Gebiete Nationalparkregion Sächsische Schweiz, das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sowie die Naturschutzgebiete Königsbrücker Heide und Gohrischheide und Elbniederterrasse Zeithain. Seitdem schmort der Gesetzesantrag, unter anderem auch, weil die regierende CDU die Gebietsverwaltung durch den Forstbetrieb bevorzugt und auch nicht sieht, dass das von Nachteil wäre, auch dann nicht, wenn der Betrieb die Wälder trotzdem vor allem als Nutzwälder behandelt.

Die aufgezählten Schutzgebiete haben dasselbe Problem wie das Leipziger Auensystem, das sogar noch verschiedenen Behörden unterstellt ist. Auch hier wird ein Teil vom Sachsenforst bewirtschaftet. Und in den Schutzzielen des Staatsbetriebs wird deutlich, dass auch hier die Bewirtschaftung der Holzbestände im Vordergrund steht. Ein Konzept, die im Managementplan vorgesehene Revitalisierung des Auensystems voranzutreiben, hat weder Sachsenforst noch eine der beiden im Auensystem zuständigen Umweltschutzbehörden.

In Leipzig denkt man zumindest drüber nach. Aber ein Problem, das dabei existiert, ist: Die Rettung eines einzelnen Naturschutzgebietes nutzt überhaupt nichts, wenn die Verbindungselemente zu anderen Schutzgebieten fehlen und Flüsse wie die Weiße Elster nicht endlich ein komplexes Revitalisierungsprogramm (Auenprogramm) von der Mündung bis rauf nach Thüringen bekommen. Das braucht eine zentrale Organisation im Umweltministerium. Aber genau das findet unter dem aktuellen Agrarminister nicht statt.

Dass der Staatsbetrieb Sachsenforst solche komplexen Schutzprogramme nicht auflegen kann, liegt auf der Hand. Das muss in einer übergeordneten und handlungsfähigen Verwaltungseinheit passieren. Genau darauf zielte der Antrag von Grünen und Linken.

„Naturschutzgebiete haben andere Funktionen für die Gesellschaft zu erbringen. Sie sind deshalb aus dem Staatsbetrieb Sachsenforst herauszulösen und der obersten Naturschutzbehörde fachlich, personell und finanziell zu unterstellen. Personal aus dem Sachsenforst soll und muss dabei selbstverständlich mitgehen, soweit die Gebiete Wald enthalten“, erklärt Kathrin Kagelmann, Sprecherin der Linksfraktion für Agrarpolitik und ländliche Räume.

Nur muss es diese oberste Organisationseinheit eben geben, wo auch alle Maßnahmen gebündelt werden, die dabei helfen, die Bedingungen in den Naturschutzgebieten zu verbessern, Naturschutzgebiete zu erweitern, gebietsübergreifende Verbesserungen auf den Weg zu bringen – eben wie das einst von der SPD angestoßene Auenprogramm, das es in dieser Legislatur nicht einmal mehr zu einer Vision schafft, geschweige denn zu einem belastbaren Handlungsprogramm.

Darunter leidet auch das Leipziger Auensystem.

„Sachsens Sonderweg, die vier sächsischen Großschutzgebiete (Nationalparkregion Sächsische Schweiz, Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sowie die Naturschutzgebiete Königsbrücker Heide und Gohrischheide und Elbniederterrasse Zeithain) einem wirtschaftenden Unternehmen zu unterstellen, ist kontraproduktiv und muss korrigiert werden. Es entspricht nationalen und internationalen Standards, dass die Verwaltung solcher Gebiete im Bereich des Naturschutzes liegt“, betont Wolfram Günther, Fraktionsvorsitzender und umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag.

„Der Zweck von Großschutzgebieten ist die nahezu ungestörte Entwicklung von natürlichen Prozessen, der Fokus des Staatsbetriebes Sachsenforst ist dagegen die wirtschaftliche Nutzung von Wäldern. Sachsenforst kann demnach nicht der richtige Ansprechpartner für die Gebiete sein, die hauptsächlich für den Naturschutz reserviert sind.“

Und der Vorstoß hat natürlich nachvollziehbare Gründe: Nach 9 bzw. 15 Jahren können die antragstellenden Parteien keine Anzeichen dafür entdecken, dass der Naturschutz in den von Sachsenforst verwalteten Gebieten große Fortschritte gemacht hat. Das Konzept „Schutz durch Nutzung“ ist nicht aufgegangen, stellen sie fest.

Insbesondere auch durch die Personalbudgetierung ist Sachsenforst dazu gezwungen, Gewinne zu erwirtschaften. All das geht aber zulasten des Naturschutzes. Deswegen haben sich die Oppositionsfraktionen dafür entschieden, die Verwaltung der Großschutzgebiete besser als eigenständige Abteilung im Ministerium unter Vorrang des Naturschutzes neu zu ordnen.

Im Änderungsantrag, der auf die lange Behandlungszeit im Landtag Rücksicht nimmt, heißt es: „Die vorgeschlagenen Änderungen berücksichtigen die Hinweise der Landtagsverwaltung und die in der Anhörung geäußerten Anregungen der Sachverständigen. Die nunmehr durch den Änderungsantrag erfolgende Zuordnung des Amtes für Großschutzgebiete als eigenständige Sonderbehörde beim Umweltministerium entspricht dem gegenwärtigen Stand in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen.“

Und im nächsten Schritt sollte auch die Verwaltung aller anderen Naturschutzgebiete überdacht und untersucht werden. Denn es ist augenfällig, dass eben auch im Schutzgebiet Leipziger Auensystem die Forstwirtschaft allein dominiert, die Naturschutzverbände regelrecht kaltgestellt sind und ein Programm, das Auensystem wieder nachhaltig an sein natürliches Fließsystem anzuschließen, nicht existiert.

Ein Programm, das übrigens deutlich über das Projekt Lebendige Luppe hinausgehen muss. Denn als Hauptproblem zur Öffnung der Aue wird die miserable Wasserqualität von Pleiße und Weißer Elster angeführt. Auch das ein Versäumnis des aktuellen Agrarministers, der auch die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie lieber aussitzt. Aber die Weiße Elster wird nur sauberer, wenn auch an ihrem Oberlauf die Auen wieder geöffnet und gesundet werden. Das ist ein Projekt für eine oberste Landesbehörde, die es aber in dieser Form in Sachsen einfach nicht gibt.

Sachsens Flüsse sind noch immer in einem miserablen Zustand

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