Mit dem Vorschlag, geflüchtete Menschen in „Ankerzentren“ genannten Massenunterkünften unterzubringen, wollte Bundesinnenminister Horst Seehofer im vergangenen Jahr im rechten Wählermilieu punkten. Mittlerweile gibt es mehrere Einrichtungen, vor allem in Bayern, aber auch eine in Dresden. Laut DPA-Bericht könnten in Leipzig und Chemnitz bald weitere „Ankerzentren“ entstehen. Der Sächsische Flüchtlingsrat kritisiert die Pläne.
In Leipzig soll möglicherweise ein „Ankerzentrum“ für Asylbewerber entstehen. Das berichtet die Nachrichtenagentur DPA am Montag, den 15. April. Sie beruft sich auf einen Staatssekretär im Bundesinnenministerium, welches aktuell entsprechende Gespräche mit Sachsen führe. Ein weiteres „Ankerzentrum“ sei möglicherweise für Chemnitz geplant. In Sachsen gibt es eine solche Einrichtung bislang nur in Dresden.
Die Abkürzung „AnkER“ steht für Ankunft, Entscheidung und Rückführung. Nicht nur Asylbewerber sind in diesen Einrichtungen untergebracht, sondern unter anderem auch Büros für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Bundesagentur für Arbeit und die Ausländerbehörde.
Neben Menschenrechts- und Hilfsorganisationen kritisierte die Gewerkschaft der Polizei diese Einrichtungen. Die Asylbewerber würden in den „Lagern“ isoliert und gegen ihren Willen untergebracht. Dadurch könnten laut Polizeigewerkschaft gewalttätige Konflikte entstehen.
„Ankerzentrum“ in Dresden seit 2018
Das „Ankerzentrum“ in Dresden ist im vergangenen September in Betrieb gegangen. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) zog im Dezember ein positives Zwischenfazit: Die Asylanträge würden schneller bearbeitet, weil die zuständigen Behörden räumlich zusammenarbeiten. Für 2019 ist eine Evaluation geplant. Falls diese positiv ausfällt, sollen in Sachsen weitere „Ankerzentren“ entstehen.
Mark Gärtner vom Sächsischen Flüchtlingsrat sagte auf Anfrage der L-IZ: „Bereits von der Debatte um die ‚Ankerzentren‘ im vergangenen Jahr hielten wir nichts. Die Debatte, die nun offenbar erneut angestoßen wird, steht für die Internierung Schutzsuchender in Lagern.“
Kritik an „Rückkehrberatung“
In Dresden habe sich für die Geflüchteten wenig geändert. Schwerwiegend sei jedoch die „Rückkehrberatung“, die bereits im Asylverfahren durchgeführt werde. „Das widerspricht dem Grundsatz von fairen Verwaltungsverfahren wie der Genfer Flüchtlingskonvention.“ Problematisch sei zudem, dass der Landtag im vergangenen Dezember beschlossen hat, dass Asylbewerber mit angeblich „schlechter Bleibeperspektive“ bis zu 24 Monate interniert werden dürften.
Wann und wo genau in Leipzig ein solches „Ankerzentrum“ entstehen könnte, blieb offen. Derzeit gibt es in Leipzig in der Max-Liebermann-Straße eine Erstaufnahmeeinrichtung des Freistaates für bis zu 700 Personen.
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