Am Donnerstag, 14. März, beriet der Landtag über die Große Anfrage der Linksfraktion „Schwere kriminelle Bedrohungslagen“ (Drucksache 6/12700). Das war quasi der Kontrapunkt zum Vorstoß der Staatsregierung, Bagatellstrafen in Sachsen künftig noch schneller und härter zu bestrafen. Das ist wirklich nur noch Placebo-Ordnungspolitik, wie die Anfrage der Linken ergab. Denn gegen die wirklich organisierte Kriminalität ist Sachsens Politik zahnlos.

Die sächsische Polizei wurde zwar eifrig mit Panzerfahrzeugen, Schusswesten und BodyCams aufgerüstet – für die Verfolgung wirklich schwerwiegender Straftaten aber fehlen ihr die Ausrüstung und das Personal. Man demonstriert Macht gegen den kleinen Bürger und die kleinen Ganoven, die wirklich schweren Kriminellen aber werden kaum behelligt, egal, ob sie in der Wirtschaft oder im Rauschgifthandel unterwegs sind.

„Die Kernfrage lautet – etwa vor dem Hintergrund der Debatten zum Sachsensumpf, zum NSU oder zum Fall Al Bakr – wie die Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden auf schwere kriminelle Bedrohungen vorbereitet sind. Die Organisierte Kriminalität in Sachsen bewegt sich auf hohem Niveau. Sie ist ein in großen Teilen internationales Phänomen, auch wenn die Tatverdächtigen überwiegend Deutsche sind“, kommentiert Enrico Stange, der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, die Ergebnisse der Großen Anfrage.

„Eine große Rolle spielen Rockergruppen. Tatverdächtige deutscher Staatsangehörigkeit fielen hauptsächlich bei Rauschgifthandel, Eigentumskriminalität und Gewaltkriminalität auf, ausländische Tatverdächtige hauptsächlich im Bereich Eigentumskriminalität. Das Feld Korruption ist weitestgehend ein deutsches Phänomen.“

Und Anstrengungen der Regierung, die Schlagkraft der wichtigsten Ermittlungsabteilungen der Polizei zu erhöhen, sind nicht sichtbar. Im Gegenteil, stellt Enrico Stange fest: „Wir bezweifeln, dass die Polizei und das Landeskriminalamt gut genug aufgestellt sind, um Organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Die Zahl der Bediensteten in der INES-Ermittlungsgruppe sank von 25 auf 17, das zuständige Fachdezernat hatte 2014 noch 44 Sachbearbeiter. 2006 waren es noch 54. Große Lücken gibt es bei der organisierten Internetkriminalität, wo seit 2013 nur ein einziger Tatverdächtiger entdeckt wurde. Bei Korruptionsermittlungen sind die Zahlen eingebrochen. Felder wie Mafia, ‘Ndrangheta oder Clankriminalität scheinen nicht oder nur sehr bedingt auf dem Schirm zu sein. Auch beim Menschenhandel gibt es ein großes Dunkelfeld.“

Aber Dunkelfelder entstehen nicht, weil Kriminelle so gern im Dunkeln tappen, sondern weil der Staat bei der polizeilichen Ermittlung spart. Da jagt man lieber Ladendiebe als Menschenhändler, Geldwäscher und Drogenhandelssyndikate.

So sieht es auch Klaus Bartl, rechtspolitischer Sprecher der Linksfraktion: „Während die Staatsregierung zur Jagd auf Klein- und Bagatellkriminalität bläst und in Kauf nimmt, dass größere Arbeitspotentiale der Strafverfolgungsbehörden bei der buchstäblichen Jagd nach dem Hühnerdieb gebunden werden, setzen wir die Prämissen anders. Vernünftige Kriminalpolitik verlangt danach, Ressourcen zuerst dort einzusetzen, wo die schwerwiegendsten Taten begangen werden, die größten Schäden entstehen, Opfer am Schwersten betroffen sind. Das fordert auch unser Entschließungsantrag.“

Und der stellt nicht nur fest, welch einen Schaden der jahrelange Personalabbau bei Sachsens Polizei angerichtet hat. Er fordert die Staatsregierung auch auf, die polizeiliche Ausstattung wieder den Herausforderungen anzupassen und endlich auch wieder die nötigen Kapazitäten zur Bekämpfung der Schwerkriminalität zu schaffen.

„Nun liegt die ehrliche Antwort vor, dass die personelle, technische und logistische Ausrüstung der Polizei und Justiz keineswegs für den Kampf gegen Organisierte Kriminalität ausreicht“, resümiert auch Bartl mit einiger Betroffenheit. „So wurden Ermittlungen über die Beteiligung von Mafia-Strukturen an Geldwäsche bzw. von Aktivitäten im Finanzsektor dieser kriminellen Vereinigungen bislang nicht geführt. Im Bereich Menschenhandel gibt es eine verschwindend geringe Zahl an Verurteilungen. Es gelingt offensichtlich kaum, die eigentlichen Rädelsführer, Drahtzieher, ,Paten‘ zur Verantwortung zu ziehen.“

Das braucht nämlich besonders ausgestattete Ermittlungsabteilungen und besonders gut geschulte Polizisten. Wo sie fehlen, werden Bundesländer zum Tummelplatz organisierter Krimineller. Und das trifft nicht nur auf Berlin oder NRW zu. Das betrifft auch den kleinen heimeligen Freistaat Sachsen.

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