Am Mittwoch, 27. März, tagte der Haushalts- und Finanzausschuss des Sächsischen Landtags zu einem sehr delikaten Thema: zu den Unternehmensbeteiligungen des Freistaats. Über die die Öffentlichkeit in der Regel nicht viel weiß und wenig erfährt. Nur wenn der Rechnungshof mal nachschaut, gibt es mal ein paar zusätzliche Informationen. Und dabei muss jede Kommune in Sachsen, wirklich jede, regelmäßig ausführlich über ihre Unternehmensbeteiligungen berichten. Nur die Regierung nicht. Ein Unding.
Es waren die Fraktionen von Grünen und Linken, die zum wiederholten Male die Unternehmensbeteiligungen des Freistaats thematisierten. Sie haben einen Antrag vorgelegt, der eine Weiterentwicklung des Beteiligungsberichts des Freistaats forderte.
„In sächsischen Unternehmensbeteiligungen steckt viel Geld. Allein das Finanzvermögen der Beteiligungen beläuft sich auf über 7,0 Milliarden Euro“, nennt Franziska Schubert, finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, den imposanten Umfang der staatlichen Unternehmensbeteiligungen.
„Es ist unsere Aufgabe als gewählte Abgeordnete, genau hinzuschauen, was mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und -zahler passiert. Dazu geeignet ist ein Beteiligungsbericht. Jede Kommune muss so einen Beteiligungsbericht jährlich vorlegen. Sachsen selbst war da viele Jahre kein gutes Vorbild. Der Freistaat hatte nämlich von 2010 bis Dezember 2017 keinen Beteiligungsbericht. Dank des Drucks aus der Opposition legt die Staatsregierung nun seit zwei Jahren wieder einen Bericht über ihre unternehmerischen Aktivitäten vor. Aber: er besitzt noch lange nicht die Aussagekraft, die nötig ist.“
Wobei die Jahre 2010 und 2017 die Veröffentlichungsjahre bezeichnen, tatsächlich handelte es sich um die jeweiligen Berichte für 2009 und 2016. 2018 gab es dann auch wieder einen für 2017. Aber die Aussagekraft der Berichte lässt zu wünschen übrig, wie auch Verena Meiwald, Sprecherin für Haushalts- und Finanzpolitik der Linksfraktion, feststellt: „In der Debatte hat sich gezeigt, dass die Koalition weder verstanden hat, worum es geht, noch konsistent in der eigenen Argumentation ist. Getrieben von der Angst, die Beteiligungen des Freistaates an privaten Unternehmen transparent zu thematisieren, wurde der gemeinsame Antrag von Linken und Grünen abgelehnt, zukünftig die Beteiligungsberichte als ordentliche Drucksache an den Landtag und damit den zuständigen Ausschuss zu übersenden.“
Aber ganz ohne Hoffnungsschimmer ging die Anhörung nicht vorüber. Denn anders als manche Vorgängerregierung sieht die jetzige zumindest ein, dass man auch Vertrauen stärkt, wenn man die Abgeordneten besser informiert. Denn das eklatanteste Beispiel für Fehlinformation oder (je nach Sichtweise) vorenthaltenen wichtigen Fakten war ja die Sächsische Landesbank, deren Straucheln 2007 die sächsischen Steuerzahler rund 2 Milliarden Euro gekostet hat. Die Schönwäscherei in den Finanzberichten zur formidablen Lage der Bank glaubten damals schon die finanzpolitischen Sprecher der Opposition nicht. Aber die Regierung fuhr weiter ihren Schönwetterkurs und war dann gezwungen, im Affengalopp die Bank zu verkaufen.
„In der Debatte im Ausschuss zeigte sich der Finanzminister erfreulich offen, was die Weiterentwicklung des Beteiligungsberichts angeht“, schätzt Franziska Schubert, finanzpolitische Sprecherin der Grüne-Fraktion ein.
„Wir haben vorgeschlagen, den Bericht an der Sächsischen Haushaltsordnung (Paragraf 65) zu orientieren. Da ist klar geregelt, unter welchen Umständen sich der Freistaat unternehmerisch beteiligen kann. Im Kern steht immer die Frage, was das Landesinteresse des Freistaats ist – und welche Entwicklungsperspektiven gesehen werden. Das kommt im Beteiligungsbericht noch nicht klar heraus – wäre aber notwendig, um finanzielle Risiken erkennen zu können. Die Abgeordneten der Koalition konnten keine fachliche Begründung für ihre Ablehnung liefern – hier ging es ausschließlich ums Prinzip. Das ist verantwortungslos.“
Dass sich das eigentliche Denken hinter den Beteiligungen nicht geändert hat, zeigt das Beispiel der Gesellschaft für Verkehrswesen und ingenieurtechnische Dienstleistungen mbH (LISt), ein klassisches Beispiel dafür, wie eigentlich staatliche Leistungen in eine externe Gesellschaft ausgelagert werden.
Der Rechnungshof hat der LISt GmbH im aktuellen Jahresbericht ein ganzes Kapitel gewidmet. Die LISt GmbH ist ein privates Unternehmen, an dem sich der Freistaat zu 100 Prozent beteiligt und damit alleiniger Gesellschafter ist. Die LISt GmbH erhält vor allem Aufträge vom Freistaat und die Vergütung erfolgt aus dem Staatshaushalt. Seit 2015 verzeichnet die LISt GmbH steigende Umsätze, die nahezu ausschließlich durch den Freistaat als Auftraggeber verursacht und bezahlt wurden. Mit dem erhöhten Aufgabenvolumen hat die LISt GmbH kontinuierlich die Zahl der Beschäftigten erhöht – in den letzten 10 Jahren verdoppelt von 89 auf 180. Ein weiterer Anstieg ist geplant.
Im Jahresbericht Rechnungshof findet sich folgender Satz: „Der Freistaat bediene sich der LISt, um Belastungsspitzen aufzufangen und die Gesellschaft in Stoßzeiten als Puffer (z. B. bei Hochwasser, Planung und Bau von Radwegen, Erhaltung von Ingenieurbauwerken) einzusetzen. Die Handlungsfähigkeit der Verwaltung, übertragene Aufgaben wahrzunehmen, Planungsvorlauf für Projekte des Landesverkehrswegeplanes und des Bundesverkehrswegeplanes zu schaffen und übertragene Mittelvolumina umzusetzen, sei ohne die LISt stark eingeschränkt.“
Im Beteiligungsbericht findet sich keine Erklärung zu Entwicklungsperspektiven, Landesinteresse oder ähnlichem.
Andere Bundesländer, die auch unternehmerisch tätig sind, berichten regelmäßig über ihre Aktivitäten, ohne explizite Aufforderung, zum Beispiel Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Bayern.
Denn dadurch, dass der Freistaat seine Aufgaben auslagert, hören sie ja nicht auf, staatliches Agieren zu sein. Der Landtag hat ein Recht, über diese Unternehmungen und ihre Risiken informiert zu werden. Erst recht, wenn sich dann regelmäßig herausstellt, dass der Staat wieder Gelder zuschießen muss wie bei der Staatlichen Porzellanmanufaktur, den Elbehäfen oder den Flughäfen.
„Was in anderen Bundesländern geübte Praxis ist und was die Gemeindeordnung jeder Kommune vorschreibt, nämlich, was mit sächsischem Steuergeld in Wirtschaftsunternehmen, an denen – in diesem Fall – der Freistaat Sachsen beteiligt ist, passiert, sollte vor allem transparent und nachvollziehbar sein“, betont Verena Meiwald. „Wenn die Koalition der Meinung ist, dass sie weiterhin im Stile von Teile und Herrsche mit Bürgerinteressen und Oppositionsrechten umgeht, müssen eben wir weiterhin über solche Anträge für Transparenz sorgen.“
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Nicht nur hier zeigt sich immer wieder, wie sonst auch gerne mal beim Stadtrat, OBM, EU-Parlament usw., dass der “Bürger” nur als Belastung statt als Verpflichtung angesehen wird und eigentlich nur stört/nervt. Lieber vollendete Tatsachen schaffen, als sich mit Bürgerbeteiligung oder gar -Information herumzuschlagen. Hier wäre es wünschenswert, wenn es eine deutlichere gesetzliche Vorgabe zu Veröffentlichungen von Informationen auf Bundesland- oder Bundesebene geben würde, vielleicht z.B. angelehnt an die Freedom of Information-Gesetze in den USA.