Wer die Landtagsanfragen der AfD liest, findet meist dieselben Themen. Man möchte alles Mögliche zu (kriminellen) Ausländern wissen und auch gern zu polizeilich bekannten Linksextremisten. Aber seit November taucht auch eine kleine Sorge auf. Denn da begann das Bundesamt für Verfassungsschutz, eine mögliche Beobachtung der AfD zu prüfen. Und die sächsischen AfD-Abgeordneten hätten nur zu gern gewusst, ob sie schon ein Fall für die Beobachtung sind.

Im Januar gab es die nächste Anfrage dazu vom AfD-Landtagsabgeordneten Carsten Hütter. Und um das eigene Interesse nicht gar zu deutlich werden zu lassen, fragte er lieber so im Allgemeinen: „Wurden bzw. werden innerhalb der 6. Legislaturperiode des Sächsischen Landtages Mitglieder des Landtages (bezogen auf alle Parteien) durch das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen nachrichtendienstlich beobachtet, nachrichtendienstlich aufgeklärt bzw. über Mitglieder des Sächsischen Landtages personenbezogene Daten erhoben? Falls ja, wie viele Mitglieder des Sächsischen Landtages sind betroffen und seit wann und in welchem Umfang erfolgen die vorgenannten nachrichtendienstlichen Maßnahmen?“

Innenminister Dr. Roland Wöller (CDU) hat ihm nun geantwortet und ihn auch ein bisschen beruhigt. Denn bevor ein Abgeordneter des Landtages ganz offiziell unter Beobachtung kommt, muss der Landtagspräsident seine Zustimmung geben: „Zudem dürfen nachrichtendienstliche Mittel, die sich gezielt gegen einen Abgeordneten insbesondere des Sächsischen Landtages richten, gemäß § 5 Abs. 12 Gesetz über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen (SächVSG) nur angewandt werden, wenn sie zuvor vom Präsidenten des Sächsischen Landtages genehmigt worden sind.“

Ob Hütter beruhigt ist?

Denn vorher verwies Wöller noch auf die vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 2013 definierten Voraussetzungen zur Beobachtung gewählter Abgeordneter: „Demzufolge ist eine Beobachtung von Abgeordneten nur zulässig, wenn ein Abgeordneter das Mandat zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht, die freiheitliche demokratische Grundordnung aktiv und aggressiv bekämpft oder eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung ergibt, dass nach Abwägung aller berührten Interessen und Umstände das Interesse am Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gegenüber dem Eingriff in das freie Mandat überwiegt.“

Es sieht also ganz so aus, als könnte die sächsische AfD da doch ein kleines Problem haben. Eben weil doch einige Abgeordnete immer wieder in Kuschelnähe zu Leuten gesichtet werden, die die freiheitlich demokratische Grundordnung infrage stellen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz prüft ja noch, inwieweit die AfD oder Teile derselben unter Beobachtung gestellt werden. Aber Minister Wöller weist auch ganz sanft darauf hin, dass einige Kandidaten eben doch immer wieder mal in Beobachtungszusammenhängen der Verfassungsschützer auftauchen.

„Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen ist gegen Mitglieder des Sächsischen Landtages der 6. Legislaturperiode nicht gezielt nachrichtendienstlich im Sinne des § 2 Abs. 1 SächsVSG tätig geworden“, erklärt er. „Soweit Abgeordnete z. B. zu Bestrebungen im Sinne des § 2 Abs. 1 SächsVSG Verbindungen haben bzw. unterhalten, werden die insoweit erhobenen Daten der Abgeordneten unverzüglich gelöscht und nicht weiterverarbeitet.“

Das kann sich – Hütter hatte ja ganz allgemein gefragt – auch auf andere Abgeordnete beziehen. Aber es kann eben auch die durchaus bedenklichen Schulterschlüsse einiger AfD-Abgeordneter betreffen. Denn Hütter hat ja ganz bestimmt auch nicht ohne Grund nach den Personen im Umkreis der Landtagsabgeordneten gefragt: „Erfolgte bzw. erfolgt eine nachrichtendienstliche Beobachtung, Aufklärung oder Datensammlung im Sinne der Frage 1. in Bezug auf Bürger, die im Verwandten- und/oder Arbeitsverhältnis mit Mitgliedern des Sächsischen Landtages bzw. deren Mitarbeitern stehen? Falls ja, wie viele Bürger sind betroffen und seit wann und in welchem Umfang erfolgen die vorgenannten nachrichtendienstlichen Maßnahmen?“

Das hätte er bestimmt gern gewusst.

Aber genau das erfährt er vom sächsischen Innenminister nicht.

Der antwortete darauf nämlich: „Das LfV Sachsen ist gegen den genannten Personenkreis nicht gezielt nachrichtendienstlich im Sinne des § 2 Abs. 1 SächsVSG tätig geworden. Das gilt jedoch nicht, soweit der genannte Personenkreis zu Bestrebungen im Sinne des § 2 Abs. 1 SächsVSG Verbindungen hat oder unterhält. Bezüge zu Abgeordneten werden unverzüglich gelöscht und nicht weiterverarbeitet.“

Damit sind dann die Personen, die im Umkreis der Abgeordneten agieren und es mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht so genau nehmen, eben nicht aus dem Schneider. Und der Minister verrät auch nicht, wen das betrifft oder wie viele Personen. Es ist augenscheinlich doch nicht so klug, mit Leuten zu arbeiten, die mit der Demokratie und unserer Grundordnung ihre latenten Probleme haben.

Kerstin Köditz findet etliche sächsische AfD-Größen prominent im Verfassungsschutz-Gutachten vertreten

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